Grenzgänger
Frage nicht beantwortet!«
»Das war auch nie meine Absicht. Dein Wissen würde dir nichts nützen.« Die Stimme wurde schwächer. »Du bist ohnehin schon tot. Und bald gehörst du ganz mir. So wie die anderen auch.«
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
Kapitel 21
Es schien ewig zu dauern, bis der Abend kam. Kay hatte sich mit Ariens totem Körper in die Tiefgarage des Büros zurückgezogen. Es gab vieles, was er tun musste. Im Augenblick war etwas Anderes aber wichtiger.
Er bewegte sich zur Seite und der Ledersitz unter ihm knarrte. Er hatte sich den Wagen des Vermieters ausgeliehen und saß nun in diesem Stahlkäfig, mehrere Meter unter der Erde. Zwei Faktoren die dafür sorgten, dass er beständig schreien oder fliehen wollte. Aber sobald sein Blick zu der toten Frau auf dem Nebensitz glitt, riss er sich wieder zusammen. Es war wichtig, dass er Arien hier versteckte. Sie trug Seelie-Sidhe Blut in sich. Blut, das ihren Körper zu einer schmackhaften Beute machte.
Kay schloss die Augen. Eisen und Stahl hielten jede Art von Fey zurück, gleichzeitig dämmten sie aber auch seine eigenen Kräfte ein. Es reichte kaum aus, um Ariens Verwesungsprozess aufzuhalten. Die Situation machte es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Um sicher zu sein, ob er endlich gehen konnte, musste er das Auto verlassen. Aber das wagte er nicht.
Der Fey sah aus dem Fenster. Die Tiefgarage unterschied sich in ihrem Aufbau nicht von anderen. Kaltes Beton und sorgsam auf den Boden aufgemalte Parkboxen. Das Gefühl von Kälte und Nässe war allgegenwärtig und das Licht der Neonröhren tauchte alles in kaltes Weiß.
Kay fixierte eine Ecke zu seiner Linken. Das Licht der Neonröhren erreichte diese Stelle nicht ganz und hinterließ so einen dunklen Fleck. Der Fey sah genauer hin. Bewegte sich dort etwas?
Er kniff die Augen zusammen. Unseelie-Sidhe, auch eine Art der Fey, entwickelten zuweilen seltsame Interessen an Menschenfleisch; erst recht, wenn es mit gewissen Eigenschaften ausgestattet war. Magie und Fleisch – ein gefundenes Fressen.
Die Tiefgarage war vielleicht doch nicht der beste Ort gewesen, um Arien bis zum Abend zu verstecken. Zwar schützte sie die Karosserie des Autos, aber Dunkelheit war das Reich der Vettern der Seelie-Sidhe. Unseelie lauerten in der Nacht, in den Schatten, in den Alpträumen.
Kay schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Stütze des Sitzes. Manchmal beneidete er die Menschen darum, dass sie beten konnten. Es war ein sehr seltener Gedanke, und Neid ein Gefühl, das Kay von Fernden vor Jahrhunderten aufgegeben hatte. Jetzt regte er sich erstmals wieder in ihm.
Er lächelte über diesen dummen Gedanken. Er war ein Seelie. Er betete niemals und rief auch niemanden um Hilfe an. Der Preis, den er dafür würde zurückzahlen müssen, war die erwiesene Hilfe niemals wert.
Kays Kopf ruckte herum, als sich wieder etwas im Schatten bewegte. Ein Tentakel schlängelte sich für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Schatten und verschwand wieder darin.
Es reichte! Er stieß die Tür auf und lief um das Auto herum, um Ariens Tür öffnen zu können. Noch während Kay versuchte, die tote Frau herauszuheben, kroch der Unseelie aus seinem Versteck. Er ahnte, dass Kay seine Beute außer Reichweite bringen wollte und brüllte.
Das Geschöpf bewegte sich erstaunlich schnell für seine massige Gestalt. Der Kopf war viel zu groß für den dürren Körper und die kurzen Beine, trotzdem wusste er, wie er sie bestmöglich einsetzte. Kay sah sich plötzlich mit einem riesigen Maul voller spröder Zähne und drei zerlaufen wirkenden Augen konfrontiert.
Er riss Arien an den Schultern aus dem Auto und der schlaffe Körper fiel mit einem Geräusch von rohem Fleisch auf den Boden.
Der Unseelie schwankte mit seinem großen Kopf und einer seiner tentakelähnlichen Arme schlängelte sich auf Ariens Körper zu. Kay warf einen Fluch, aber er war unter der Erde, abgeschnitten von jedem Funken Sonnenlicht.
Der Unseelie grunzte zufrieden und ignorierte Kay vollkommen. Seine Gier leuchtete deutlich aus den drei Augen; er sah nur noch seine Mahlzeit. Es schleifte, als er Arien näher zu sich zog, und das Maul öffnete.
Kay warf sich wieder in den Wagen und griff den Autoschlüssel auf dem Fahrersitz. So schnell wie möglich zog er ihn ab und lief zum Kofferraum, um ihn zu öffnen. Ein Chaos aus verschiedenen Sachen erwartete ihn und fieberhaft wühlte er durch das Durcheinander aus leeren Ölkanistern,
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