Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
in der Stadt herumläuft.«
Jemand hatte die Banner und Wimpel aufgetrieben, die Javes’ Truppe vor scheinbar so langer Zeit mit in die Berge geschleppt hatte. Als unser Trupp durch die Straßen der Stadt ritt, entfaltete der Wind die Fahnen, bis sie im Wind knatterten. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft stand keine Menschenmenge am Straßenrand, als die Raubkatze vorüberkam, aber ich bemerkte besorgte Gesichter, die aus Hauseingängen und hinter Fensterläden hervorspähten. Ich nehme an, dass der Anblick einer Totenbahre, die von zehn großen Soldaten in einer Prozession getragen und von einer Fahne verhüllt wurde, die Leute etwas nervös machte. Dass der Geist des Toten in der Prozession mitmarschierte, entspannte sie vermutlich ebenfalls nicht sonderlich.
Aus dem Augenwinkel nahm ich ein Flackern wahr und drehte mich um. Basel trabte neben mir, in seiner Hirsch-Gestalt, ohne dass seine Hufe auch nur einen Laut auf dem Pflaster verursacht hätten. Andererseits, wenn ich es recht bedachte, machte keiner von uns Lärm. Ich blickte hinunter. Zwischen den Steinen quollen Berggras und Wiesenblumen hervor. Lady Gaia trauerte wahrhaftig.
Wir hatten die Hälfte der Strecke zum königlichen Palast zurückgelegt, als Hufgeklapper vor uns ertönte und eine Abteilung der Leibgarde des Königs vor uns auftauchte, angeführt von Lordkommandeur Thadro. Das laute Trappeln ihrer Pferdehufe verstummte sofort zu einem dumpfen Trommeln, als sie sich unseren ersten Reitern näherten. Wir nahmen sofort Haltung an, während Lord Esclaurs Augenbrauen versuchten, seinen Haaransatz zu küssen. »Seiner Majestät scheint wahrhaftig daran gelegen zu sein, dass wir ankommen.«
»Hauptmann Prinz Suiden.« Die graublauen Augen des Lordkommandeurs funkelten. »Ich will nicht unterstellen, Hoheit, Ihr könntet Euch nicht ohne Hilfe durch die Stadt bewegen, aber der König hat mich gebeten, mich zu Eurer Eskorte zu gesellen.«
»Jawohl Sir«, begann Suiden, wurde jedoch von donnerndem Hufschlag unterbrochen, der sich rasch näherte. Diesmal tauchte eine Abteilung von der Königlichen Garnison aus einer Seitenstraße auf. Sie zügelten ihre Pferde, als sie uns sahen, und ich zwinkerte, als ich den Major aus der Messe der Königlichen Garnison unter ihnen erkannte. Wahrlich, die Welt war klein. Der Major hielt an, offenbar verblüfft, sich dem Lordkommandeur gegenüberzusehen. »Sir! Kommandeur Loel hat mich geschickt, damit ich Leutnant Hase in die Königliche Garnison bringe.« Zwei recht muskulöse Reiter trennten sich von seiner Truppe und ritten auf mich zu.
»Wirklich? Wie interessant.« Lordkommandeur Thadro wendete sein Pferd. »Und mir wurde von Seiner Majestät König Jusson befohlen, den gesamten Trupp zu ihm zu eskortieren. Einschließlich seines Cousins, Lord Hase.« Er beugte sich vor. »Möchten Sie sich vielleicht dem Befehl Seiner Majestät widersetzen, Major?«
Der Major starrte Lordkommandeur Thadro mit finsterer Miene an und warf mir einen frustrierten Blick zu. »Nein, Sir«, erwiderte er. »Dann kehren Sie zu Ihrer Garnison zurück, Major«, sagte Thadro. »Sofort. Das ist ein Befehl von mir!«
Der Major wendete sein Pferd, preschte mitten durch seine Truppe, die ebenfalls wendete und davongaloppierte.
König Jusson schien recht deutlich klargemacht zu haben, dass Thadro und seine Leute uns auch durch die Hölle oder eine Sturmflut zum Palast bringen sollten, denn sie zögerten zwar einen Moment, als sie Basels Geist sahen, aber nur vereinzelt bemerkte ich Gesten, mit denen das Böse abgewendet werden sollte.
»Er ist harmlos, Sir«, erklärte Hauptmann Javes und verzog den Mund zu einem Grinsen, während er gleichzeitig seufzte. »Jedenfalls war er harmlos, als er noch lebte. Allerdings war er ein umwerfender Koch.«
»Ach?« Der Humor in Thadros Miene verschwand, als er einen Blick über die Schulter auf die von einer Fahne verhüllte Bahre warf und dann Javes ansah. »Was ist passiert …?« Er unterbrach sich und kniff die Augen zusammen. »Was zum Teufel …?« Er musterte Suiden scharf, und ihm klappte der Kiefer herunter. »Was zur Hölle …?« Er starrte auf Laurel herab, der neben ihm ging. »Habt Ihr das gemacht?«
»Nein«, antwortete Laurel. »Ich nicht.«
Ich erinnerte mich an den metallischen Geschmack in meinem Mund und hockte stumm auf meinem Pferd. Hoffentlich fragte mich keiner!
»Dann ist das gerade erst passiert?« Thadro warf einen weiteren Blick auf Suiden und Javes und bemerkte diesmal
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