Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
als graubärtigen Tattergreis, bis man mir endlich erlaubte, allein abends wegzugehen.
»Keine Angst, Zweibaums’sohn«, meinte Wyln sichtlich amüsiert. »Ich werde dafür sorgen, dass Ihr genug Zeit zum Spielen habt.«
Der Fyrst lachte leise über Suidens fassungslose Miene. Dann jedoch wurde Seine Gnaden wieder ernst, als er, jedenfalls für seine Verhältnisse, mächtig die Stirn runzelte und zu dem Fenster blickte, das Dragoness Moraina mit Beschlag belegt hatte. »Wo wir gerade von Dingen sprechen, die getan und nicht getan wurden. Ehrenwerte Moraina, habt Ihr tatsächlich einen Vertrag mit dem menschlichen Königreich unterzeichnet?«
Ein Seufzer des Entsetzens wisperte über den Burghof.
»Nein«, antwortete Dragoness Moraina.
»Natürlich nicht!«, rief einer der Eorls des Fyrst erleichtert. Der Barde Seiner Gnaden jedoch starrte die Dragoness mit großen Augen an, zog seine Laute von der Schulter und schlug sie leise an. Er schien zu spüren, dass ihn gleich eine Muse küssen würde.
»Ich habe einen Schreiber beauftragt.«
Auf dem Hof kehrte schlagartig Ruhe ein, die nur von dem leisen Spiel des Barden aufgelockert wurde. Selbst der Wind ging in Deckung.
»Warum, Ehrenwerte Moraina?«, wollte der Fyrst wissen.
»Was einst verloren war, kommt zurück, Euer Gnaden«, erwiderte Moraina. »Was einst Feenland war, wird jetzt erneut Feenland, unter einem Elfenkönig. Und zwar unter einem, der mit uns sehr eng verbunden ist. Wie vorausgesehen wurde …«
»Wollt Ihr damit sagen, Ehrenwerte Moraina«, fragte Laurel sehr behutsam, »dass Ihr auf eine Weissagung gestoßen seid, die besagt, dass dieses Land wieder zu unserem Land würde? Und dafür habt Ihr Eure Überzeugung gegen die Verwendung der Schrift aufgegeben?«
»Nein, keine Weissagung«, erklärte Moraina. »Keine obskuren Plappereien, die jeder Dummkopf, Fanatiker und Verrückte manipulieren könnte. Ich habe eine Weitsicht gewirkt, und dies veranlasste mich, einen Schreiber zu verpflichten.« Sie legte mit einem leisen Rauschen ihre Schwingen an. »Es war nötig, den eifernden Glauben des menschlichen Königreichs zu kontrollieren, dass das, was einst unser war, jetzt ihres sein sollte, bis diese Voraussicht sich bestätigte. Ich hielt einen Vertrag für das geeignetste Mittel.« Sie seufzte. »Mir wäre niemals in den Sinn gekommen, dass wir es waren, die aufgehalten werden mussten.«
»Aber warum?«, fragte Wyln. »Warum wolltet Ihr den Menschen nicht erlauben, uns anzugreifen? Angesichts dessen, was beim letzten Mal geschah, als sie es versuchten, hätten wir das Land viel früher zurückbekommen.«
»Ja. Vielleicht«, erwiderte Moraina. »Andererseits vielleicht auch nicht. Jetzt jedenfalls haben wir es, und zwar ohne einen einzigen ergrimmten Schlag. Dafür jedoch mit starken Banden, die uns vereinen.«
»Ein Drache, der für den Frieden spricht«, murmelte Javes. »Außergewöhnlich.«
»Man nennt es Weisheit«, konterte Moraina.
»Ein Dunkelelf, der nur einem Geschlecht verbunden ist, und das, sofern ich es richtig verstanden habe, durch ein verhasstes Haus«, sagte Suiden, der sich allmählich von dem Schock erholte, dass er mein Leben an die Elfen verschachert hatte. »Ein König, der das ganze Land regiert, niemandem verantwortlich ist, ungeachtet der Erklärung des Fyrst. Werden die nördlichen Clans dieses Band akzeptieren, Sra Moraina? Oder die ganzen Grenzlande?«
Morainas saphirblaue Augen richteten sich auf den Drachenprinzen. »Wer hat von dem König von Iversterre gesprochen?«
Es wurde erneut ruhig.
»Also gut!«, rief ein anderer Eorl. »Von wem sprecht Ihr dann?«
Moraina schwang ihren mächtigen Schädel in meine Richtung.
Der gesamte Burghof lachte schallend. Immerhin hatten sie soeben noch meinen nackten Hintern gesehen. Lin jedoch, die in einem anderen Fenster lehnte, nickte bestätigend. Der Barde bemerkte es, und seine Finger flogen förmlich über die Saiten seiner Laute.
»Wie soll er diese gewaltige Aufgabe der Einigung denn bewerkstelligen?«, rief der erste Eorl.
»Verpflichtet Laurel Faena durch einen Mahl-Pakt«, erwiderte Moraina, deren strahlende Augen auf mich gerichtet blieben. »Ein dreifacher Treueschwur an König Jusson. Cyhn von Zauberer Wyln. Von Loran zum Angehörigen des Geschlechtes des Fyrst erklärt. Leutnant in der Königlichen Armee Seiner Majestät unter dem Befehl von Hauptmann Prinz Suiden. Ibn Chause und eso Flavan. Auserwählter der Mondgeister. Neffe von Vizeadmiral Havram
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