Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
schattige Laubengänge sehen konnten. Unter den Hufen der Pferde knirschte es; die Straße war mit Muscheln bestreut, die in der Morgensonne glänzten. Der Boden stieg eine Weile leicht an, und als er wieder eben wurde, bogen wir nach rechts ab, auf eine kleinere Straße, die um ein Gehölz mit blühenden Bäumen herumführte. Wir ließen sie hinter uns und sahen, dass wir einen Palastflügel erreicht hatten. Als wir abstiegen, tauchten livrierte Diener auf, die unsere Pferde in Empfang nahmen. Nach einer kurzen, hitzigen Diskussion, wer den Todesstab und die Drachenhaut tragen musste, stiegen wir die Treppe hinauf, die in das Gebäude führte. Ich ging als Letzter, schwer bepackt.
Wir wurden in einen prachtvollen Salon geführt, dessen Säulen mit Efeustuck verziert waren und in dem Käfige standen, in denen Vögel zirpten und zwitscherten. Das Deckenfresko zeigte herumtollende Nymphen – ich hörte ein Keuchen hinter mir, als Jeff registrierte, dass dort oben nackte Busen und Beine zu sehen waren. Auf dem Mosaikboden dagegen spielten Meerjungfrauen im Wasser, was einen weiteren Stoßseufzer auslöste, als Jeff bemerkte, worauf wir gingen. Die großen nach Norden gelegenen Fenster erfüllten den Raum mit einem weichen Licht. Ich sah, dass am Ende des Salons jemand an einem Tisch stand. Die Person verbeugte sich, als Laurel Faena näher kam, und als sie sich aufrichtete, blickte ich in das Gesicht einer Füchsin.
»Die Kanzlerin für Auswärtige Angelegenheiten, Berle«, verkündete der Diener. Dann schien er sich in Luft aufzulösen, als er den Raum verließ.
»Heil Euch, Botschafter Laurel«, sagte die Kanzlerin. Der Blick ihrer rotbraunen Augen zuckte über mich hinweg, blieb eine Weile an dem Hauptmann hängen und glitt dann wieder zu dem Faena zurück.
»Ehrenwerte Kanzlerin«, sagte Laurel, während er sich aus seiner Verbeugung aufrichtete. Er drehte sich um und winkte mich zu sich. »Ihr gestattet?« Als die Kanzlerin nickte, wies Laurel mich an, meine Bürde auf den Tisch zu legen. Sofort danach trat ich wieder zurück zu Jeff, der eine Stelle gefunden zu haben schien, auf die er unbesorgt seine Füße setzen konnte. Suiden trat ebenfalls zu uns.
Kanzlerin Berle betrachtete den Stab, den Schild und die Tunika. »Meine Güte, Botschafter! Was ist das?«
»Der Grund, weshalb ich mit Eurem König sprechen muss, Kanzlerin«, erwiderte Laurel. »Das sind die Reste von zwei Bewohnern der Grenzlande.«
»Verstehe.« Kanzlerin Berle starrte bestürzt und gleichzeitig fasziniert auf die Gegenstände, dann lächelte sie ironisch. »Ich wollte Sie eigentlich bitten, sich zu uns zu setzen, doch das scheint mir jetzt ein wenig unangemessen.«
Auf ein Zeichen des Hauptmanns hin packten Jeff und ich jeder einen Stuhl und zogen ihn vom Tisch weg. Die Kanzlerin lächelte wieder spöttisch. »Dem Himmel sei gedankt für diesen Erfindungsreichtum. Wollen wir?«
Trotz Suidens Vorurteil gegen Glücksspiele hatte ich einige Spiele mitgemacht, bei denen es um sehr hohe Einsätze ging und das Geschick, zu bluffen und die anderen Spieler zu lesen, ebenso gefragt war wie Geschicklichkeit und Glück. Kanzlerin Berle und Laurel Faena saßen sich gegenüber, als hätte einer seinen Familienstammsitz eingesetzt und der andere wäre entschlossen, ihn zu gewinnen. Die Kanzlerin setzte als Erste.
»Ich möchte mich entschuldigen, Botschafter Laurel. Ihr seid einen weiten Weg gekommen und habt wahrlich einen besseren Empfang verdient.«
»Danke, Ehrenwerte Kanzlerin.« Laurel erkannte den Einsatz der Kanzlerin und erhöhte ihn. »Ich muss zugeben, dass es ein wenig beunruhigend war.«
Kanzlerin Berle nickte. »Bedauerlicherweise befand ich mich nicht in der Stadt und habe erst bei meiner Rückkehr letzte Nacht von Eurer Ankunft erfahren.« Sie warf eine Karte ab. »Und im Gegensatz zum ersten Anschein bestimmt nicht die Kämmerei unsere Außenpolitik.«
So viel zu Losan eso Dru.
»Aber ich gehe davon aus, dass Ihr Euch zu Eurer Zufriedenheit eingerichtet habt?«
»Ja, Ehrenwerte Kanzlerin. Durch die Bemühungen der Hauptleute Suiden und Javes dürfte die Botschaft schon sehr bald vollständig möbliert sein.«
»Gut.« Kanzlerin Berle versteifte sich auf ihrem Stuhl. Es wurde Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. »Also, Botschafter, wie ich schon sagte, Ihr seid einen weiten Weg gekommen. Darf ich fragen warum?«
Laurel Faena stand auf und trat an den Tisch. Er sah mich an und hob seinen Stab. Auf ein Nicken des
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