Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
ertrinkt Leutnant Hase förmlich in Post. Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen, uns durch dieses Meer zu navigieren.« Suiden wollte gerade zu seinem Stuhl gehen, als es an die Tür klopfte. Er seufzte, ließ die Ordonnanz eintreten und deutete auf seinen Schreibtisch. »Legen Sie sie einfach dort ab.« Ich sah zu, wie der Berg wuchs. Suiden setzte sich auf einen der Besucherstühle, stützte den Kopf in die Hand und massierte seine Stirn.
Lord Esclaur reagierte, indem er seinen leichten Baumwollmantel auszog, die Ärmel seines Leinenhemdes hochrollte und sich ins Gewühl stürzte. Ein Klapptisch wurde für ihn aufgebaut, Tee und Sandwiches wurden geordert, und Jeff und ich wurden dazu abkommandiert, dem Adligen die ungeöffneten Einladungen zu übergeben, die abgelehnten zu vernichten und die anderen in Stapeln vor ihm aufzubauen. Die ganze Zeit über gab Esclaur dabei Kommentare von sich. »Was denn, das in dieser Hitze? Ich denke eher nicht. Nein. Ja. Ja. Oh nein, dort werden Sie auf keinen Fall hingehen. Meine Güte, ist sie denn schon für ihren Debütantinnenball bereit?« Er nahm einen Umschlag hoch, auf dem das Wappen der Flavan eingraviert war, und schnaubte vornehm. »Ich nehme an, die müssen Sie annehmen. Familie.«
Nach zwei Stunden hatten wir alle Einladungen durchgesehen, hatten auf alle schriftlich geantwortet, auf die ich nach Lord Esclaurs Einschätzung positiv reagieren musste, und hatten die Termine in Kalender eingetragen, die er aus dem Hut gezaubert hatte. Einen für sich selbst und einen für mich. Er deutete auf mehrere etwas kleinere Stapel. »Dies, Lord Hase, sind Einladungen für Botschafter Laurel. Ich habe sie getrennt nach: ›Klugerweise anzunehmen‹, ›Spielt keine Rolle‹ und ›Lauf, Laurel, lauf‹.« Dann deutete er auf andere Stapel. »Diese Einladungen, Prinz Suiden, sind für Sie und Hauptmann Javes. Ich habe mir ebenfalls die Freiheit genommen, sie zu sortieren.« Er rollte die Hemdsärmel herunter. »Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Ehrenwerte Sirs, um Sie zu all diesen Veranstaltungen zu begleiten.« Er schlüpfte in seinen Mantel und zupfte seine Manschetten zurecht. »Glücklicherweise bin ich zu den meisten dieser Festivitäten ebenfalls eingeladen, und ich bin sicher, dass ein Wort in das richtige Ohr den Rest ebenfalls regelt.«
Ich folgte Esclaur zur Tür, wo er sich umdrehte und mich angrinste, als er meine Miene bemerkte. Im selben Moment schob sich ein blauäugiger weißer Wolf aus den Oberen Reichen vor den Geck. »Oh, grämen Sie sich nicht, Lord Hase. Vergessen Sie nicht, das Leben steckt voller Veränderungen. Ja, wirklich. Und die Alternative ist einfach nicht akzeptabel.« Der Adlige verbeugte sich, drehte sich zur Tür herum und wäre fast gegen Laurel Faena geprallt, dem Lord Gherat auf den Tatzen folgte.
»Ah, einer der kleinen Schoßhunde des Hofs«, sagte Gherat lächelnd. »Wer hat Sie denn von der Leine gelassen, Esclaur?«
»Oh, ich habe ab und zu Ausgang, Gherat«, erwiderte Esclaur. »Vor allem bei Vollmond. Sie wissen schon, damit ich den Mond anheulen und Schatten jagen kann.«
Laurel und ich wechselten einen Blick und sahen dann wieder die beiden an.
Gherat zuckte mit den Schultern. »Seien Sie nur vorsichtig. Manchmal verbergen die Schatten auch reale Dinge. Sie möchten sich doch sicher nicht die Nase brechen, wenn Sie auf eines stoßen.«
Genau das hat uns noch gefehlt, dachte ich. Noch mehr kryptischer Blödsinn. Gherat sah mich an, und seine Augen weiteten sich ein bisschen.
»Wir sollten nicht über den Mond scherzen, Ehrenwerte Lords«, grollte Laurel. »Er markiert ein für die Grenzlande höchst unerfreuliches Andenken.« Er nickte Lord Gherat zu. »Aber ich hoffe, dem Hohen Rat Gutes berichten zu können. Ich danke Euch, dass Ihr mir Eure Zeit für die Audienz beim König geopfert habt.«
Offenbar war Lord Esclaur nicht der Einzige, der heute Morgen Jussons Humor zum Opfer gefallen war. Gherat erwiderte das Nicken des Faena, allerdings mit einem leicht verächtlichen Gesichtsausdruck. »Gern geschehen, Botschafter.«
»Ich gehe wohl besser«, meinte Esclaur. »Aber ich kehre heute Abend zurück, Lord Hase, um Sie zu der Abendgesellschaft zu begleiten. Heil Euch allen, Messirs.« Er verbeugte sich vor allen, und es gelang ihm irgendwie, Lord Gherat dabei auszuschließen, bevor er ging.
Was bedeutete, dass wir die ungeteilte Aufmerksamkeit von Lord Gherat hatten. Er setzte eine eifrige Miene auf. »Sie sehen ein wenig
Weitere Kostenlose Bücher