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Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)

Titel: Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Freeman
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wirbelte herum und sah Rodolfos abgetrennten Kopf, der auf dem Boden lag und dessen tote Augen mich fixierten. Der Torso erhob sich, in der Hand einen Eisspieß. Ich sah mich hastig nach einer Deckung um, aber weder Jeff noch ich hatten einen Schild. Der von Jeff hing am Sattel, und Jusson hatte seinen mitgenommen. Wir waren vollkommen ungedeckt. Ich beschwor rasch Feuer und schleuderte es auf den Leichnam, aber im selben Moment wollte Jeff mich hinter sich ziehen, sodass der Feuerball harmlos hinter der Leiche zerplatzte.
    »Hase!«
    Jusson und Wyln wollten zu mir laufen, wurden jedoch von denen aufgehalten, die wie erstarrt vor Schreck hinter ihnen standen. Der König schubste die Leute weg und schleuderte dabei einen Königstreuen gegen Wyln, der auf den glatten Stufen ausrutschte und sich um sein Gleichgewicht bemühte. Laurel brüllte, und ich hörte durch das Geschrei der Leute das Kratzen seiner Krallen, als er sich aufrichtete und auf mich zurannte.
    Rodolfos Torso richtete sich auf, immer noch den Wurfspieß aus Eis in der Hand. Ich bildete hastig einen Schild aus Feuer und schleuderte einen zweiten Feuerball. Doch der Leichnam trat zur Seite, und mein Geschoss verfehlte ihn. Er hob den Wurfspieß, während sein Kopf, der immer noch am Boden lag, mich angrinste. Seine Augen glänzten wie gefrorene Pfützen.
    In dem Moment flog das Portal der Kirche mit einem splitternden Krachen auf, in die falsche Richtung, und allein durch die Wucht stolperten die meisten Leute des Suchtrupps die Treppe hinunter und stürzten. Jusson konnte sich an einer Säule festhalten, und auch Wyln schaffte es irgendwie, auf den Beinen zu bleiben. Als sie sich umdrehten, sahen sie, wie Doyen Dyfrig aus der Kirche trat, seinen Amtsstab in der Hand. Der Wind umwehte ihn wie ein wütender Sturm und ließ sein weißes Haar um seinen Kopf flattern, während sein Blick sich auf Rodolfos Reste richtete.
    »Bei allem, was heilig ist!«
    Dyfrig hob den Stab und rammte ihn mit voller Wucht auf die Steine des Vorbaus. Der Wind fegte in einem heulenden Wirbelsturm zum Himmel empor. Es krachte und knisterte, und ein Donnern erschütterte den Boden unter meinen Füßen. Gleichzeitig zuckte ein Blitz vom Himmel und schlug in den kopflosen Leichnam ein. Einen Moment sah ich alles in Schwarz und Weiß, als ich die Augen vor dem blendenden Licht schloss; als ich sie wieder öffnete, lag Meister Rodolfos Leichnam erneut am Boden. Rauch stieg von Kopf und Torso auf.
    Der Wind sank zu einem leisen Seufzen herab, als Dyfrig den Amtsstab mit beiden Händen umfasste und zusammensank. Sein Gesicht glänzte weiß im Licht der Straßenlaternen. Dies konnte das Ergebnis des Kampfes gegen den Auferweckten sein oder auch das nächtliche Grau, das ihm alle Farbe nahm.
    Oder aber die Tatsache, dass Dyfrig soeben seine volle Magiermacht erlangt hatte, gut sechzig Jahre später als üblich, gewiss, aber mit allen Anzeichen, Wundern und Traumata. So wie ich es erlebt hatte, als ich vor einigen Monaten das Gleiche durchmachte, ausgelöst durch die schreckliche Tatsache, dass Magus Kareste mich nach fünf Jahren in meinem Versteck gefunden hatte. Auch damals hatte es gedonnert, und Blitze waren vom Himmel gezuckt.
    Jusson eilte die Stufen herunter, ging zu dem qualmenden Leichnam und stieß ihn erneut mit dem Schwert an. Erneut regte sich der Tote nicht. Diesmal jedoch hob der König den Kopf, und seine Augen glühten golden.
    »Verbrennt das hier. Sofort!«

28
     
    Wir fanden Keeve und Tyle im Turm. Pfützen von Eiswasser zeigten uns, dass sie die Leiter zu der hölzernen Plattform unmittelbar unter den Glocken hinaufgejagt worden waren. Ihre Leichen waren ebenfalls nass von geschmolzenem Eis, und auf ihren Gesichtern zeichnete sich der gleiche entsetzte Ausdruck ab, den wir auch auf Mencks Fratze gesehen hatten.
    Jusson hatte seine Meinung geändert und entschieden, dass der beste Platz für mich in seiner Nähe wäre. Aber er ließ trotzdem nicht zu, dass ich half, die beiden Schreiber vom Turm hinabzutragen. Stattdessen wurde ein Seil geholt, an das die beiden gebunden und mit dem sie sanft zu Boden gelassen wurden, wo Ratsmitglieder sie ebenso behutsam auf hölzerne Bänke legten. Die auf dem Platz wartenden Einwohner seufzten leise, als die Toten hinausgetragen wurden, und oben im Turm pfiff der Wind durch die offenen Fensterbogen. Die gewaltigen, bronzenen Glocken vibrierten, und ihr Tönen mischte sich unter das Wehklagen der Menschen.
    Wir durchsuchten den Rest

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