Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
wir herausgefunden, wer Rodolfos Leichnam in das Totenhaus gelegt hat«, fuhr Thadro fort. »Vielleicht sogar, wer den Schauspieler ermordet hat.«
Das Jucken zwischen meinen Schulterblättern verstärkte sich, lief mein Rückgrat herunter, und ich stahl mich von Wyln weg, drängte mich durch die Menge.
»Helto«, heulte Gawell. »Er hat Rodolfo ermordet. Um den Dämon zu füttern.« Sein verzweifelter Blick fiel auf Ednoth, der auf die Gasse zukroch. »Aber es war Ednoths Idee, Rodolfo in der Kirche aufzuerwecken.«
Als sich die Aufmerksamkeit so plötzlich auf ihn richtete, sprang Ednoth auf und rannte los … und wurde von Wachsoldaten und Reitern der Garnison augenblicklich zu Boden geworfen. »Das stimmt nicht!«, schrie der Vorsitzende der Kaufmannsgilde, wobei er sich heftig wehrte. »Gawell hat Rodolfo auferweckt, so wie er auch Menck auferweckt hat …!«
»Nein, hab ich nicht!«, rief Gawell, während er dem toten Oberschließer auswich. »Bei Menck hat es nicht funktioniert, jedenfalls am Anfang nicht …« Er unterbrach sich, als ihm klar wurde, was er gerade gesagt hatte. »Ich meine …«
»Die Schutzzauber, die wir um das Haus der Toten gewirkt hatten, haben gehalten«, erklärte Laurel. »Deshalb musste der Dämon Euch helfen, sie zu brechen, damit Ihr den Leichnam des unseligen Schließers holen konntet. Der Preis des Dämons war ein weiteres Leben, was Euch ein anderes Opfer schenkte, mit dem Ihr spielen konntet und das Ihr auf den Ältesten Dyfrig gehetzt habt.«
»Also haben Sie doch versucht, mich umzubringen!«, knurrte Dyfrig. »So wie Sie Keeve und Tyle umgebracht haben!«
Gawell schüttelte heftig den Kopf. »Nein! Rodolfo sollte niemandem etwas tun. Er sollte nur die Kirche verwüsten, damit wir es Hase und den Magischen in die Schuhe schieben konnten. Der Dämon hatte es versprochen.«
»Er hat gelogen«, erklärte Laurel.
»Ich wurde hereingelegt!«, rief Gawell.
»Mörder! Verwandtenmörder!«, rief Dyfrig dröhnend. »Sie sind mit der Hölle im Bunde!«
»Ich bereue!«, schrie Gawell. »Retten Sie mich!«
»Ganz gleich, wie widerwärtig er auch sein mag«, seufzte Jusson. »Vielleicht wäre ein bisschen Feuer jetzt ganz passend, Lord Wyln?«
Wyln schüttelte den Kopf. »Ich bin immer noch blockiert, Ivers Sohn.« Er hob seine Hand, auf deren Fläche die blassblaue Flamme züngelte. Dann drehte er sich um, vermutlich, um mich zu fragen, und entdeckte, dass ich nicht mehr neben ihm stand. Er musterte die Menge, ebenso wie Jeff, Arlis und die Soldaten der Bergpatrouille es taten.
»Verdammt und verfault!«, stieß Jusson hervor. »Hat irgendjemand ein Seil zur Hand? Vielleicht können wir das verfluchte Ding einfangen, damit Seine Eminenz sich seiner annimmt.«
Ich hatte derweil den Rand des freien Platzes erreicht, stützte mich auf meinen Stab, ging in die Hocke und musterte den seidenen Beutel. Feine Zauber umhüllten ihn und sicherten das, was darin war. Schließlich hob ich zögernd den Beutel auf. Er fühlte sich warm in meiner Hand an und schien von innen heraus zu summen. Aber ich spürte es mehr, als dass ich es hörte. Das Jucken hatte sich mittlerweile über meinen ganzen Körper ausgebreitet. Ich löste die Schnüre und warf einen Blick in den Beutel. Darin befand sich ein Messer.
»Der Schließer macht kehrt!«, rief Thadro.
Es war ein sehr vertrautes Messer, so klein, dass es in einen Stiefelschaft passte. Es war mein Messer.
»Stürzt er sich auf Ednoth?«, fragte Jusson. »Haltet Abstand, alle!«
»Nein!«, schrie Ednoth. »Ich bereue auch!«
Es war das Stiefelmesser, das ich in Elanwryfindyll verloren hatte. Und jetzt fand es sich hier, in der Börse des Bürgermeisters, weit vom Hof des Fyrst entfernt. Ich drehte den Beutel um und ließ das Messer in meine Handfläche gleiten. Das Summen wurde lauter, und meine Rune, die so lange still gewesen war, zuckte.
»Es will nicht zu Ednoth!«, rief Chadde.
Aber als ich es verloren hatte, war es ein ganz schlichtes Messer gewesen. Jetzt waren Symbole auf beiden Seiten in die Klinge geätzt. Neugierig landeten die Schmetterlinge, die mich umflattert hatten, auf meiner Hand mit dem Messer, flogen jedoch beinahe panisch sofort wieder hoch. Jemand schnappte nach Luft, und ich blickte auf. Wyln stand neben mir, hinter ihm Jeff, Arlis und die Reiter der Bergpatrouille.
»Wusstet Ihr das auch, Faena?«, fauchte Wyln Laurel an.
Der ebenfalls in unserer Nähe stand und jetzt den Kopf drehte, um zu sehen, was ich in
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