Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
hätte die Friedenshüterin ihnen auch einfach den Schlüssel für das Gefängnis geben und sich darauf verlassen können, dass sie hineingingen und die Zellengitter hinter sich abschlossen.
Gawell und Ednoth jedoch behielt sie in ihrer Nähe. Die beiden wurden immer noch von einer zusammengewürfelten Truppe bewacht und jetzt die Treppe hinaufgeführt. Die Amtskette des Bürgermeisters hüpfte auf seinem Bauch.
Cais’ wundervoll unbeteiligtes Gesicht war ein willkommener Anblick, als er uns die Tür öffnete und mit einer Verbeugung hineinließ. Jusson führte uns zu seinem Arbeitszimmer. Auf Thadros Anweisung hin wurden Gawell und Ednoth von ihren hingebungsvollen Wachen in einem anderen Raum untergebracht, angeführt von Hauptmann Javes und Chadde. Wir anderen jedoch drängten uns ins Arbeitszimmer, einschließlich Rosea, Beollan und Ranulf. Letzterer war unter seinem geborgten Umhang immer noch nackt. Einen Augenblick später tauchte Cais an der Spitze von königlichen Lakaien auf, die Servierwagen mit Tee und Speisen schoben, gefolgt vom Diener des Lords, der Kleidung für seinen Herrn brachte.
Jusson trat hinter seinen Schreibtisch und ließ sich seufzend auf seinen Stuhl sinken, während Thadro sich zu seinem gewohnten Platz hinter dem König begab. Die Nachmittagssonne schien schräg durch die Fenster und betonte die Schatten unter den Augen der Anwesenden. »Wie geht es Gwynedd?«, erkundigte sich Jusson bei Cais.
»Sie ist zu sich gekommen, Euer Majestät«, erwiderte Cais. »Kurz nachdem der Wind angefangen hatte zu heulen und die Feuer bis in die Schornsteine loderten. Aber sie hat den Verstand eines kleinen Kindes.«
»Verstehe.« Jussons Blick richtete sich auf Rosea, die zwischen ihrem Onkel und ihrem mittlerweile wieder bekleideten Bruder saß. Beollan und Ranulf erwiderten den Blick des Königs, halb ängstlich, halb trotzig. Rosea dagegen sah auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte.
»Chadde hat mir gesagt, sie hätte Wachsoldaten zur Alten Wache geschickt, um den Rest der Schauspielertruppe einzusammeln, Euer Majestät«, erklärte Thadro. »Falls sie nicht bereits geflüchtet sind.«
Jusson nickte, lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und faltete die Hände über seinem muskelbepackten Bauch, eine vertraute Haltung. »So, Cousin. Erzähl mir von Slevoic.«
Ich hatte resigniert zugesehen, wie Laurel Blätter aus seinem scheinbar endlosen Vorrat an widerlichem Tee in den Teetopf gab, aber als der König mich ansprach, begann ich mit der Schilderung der Ereignisse in dem Ratszimmer. Als ich das Banner an der Wand beschrieb, unterbrach Suiden mich finster.
»Wir werden Slevoic und den Rest dieser Hexer nicht so leicht in die Hände bekommen, Euer Majestät«, erklärte er. »Er ist in Ryadnii, einer Provinzhauptstadt des turalischen Imperiums.«
»Der Amir hat etwas damit zu tun?« Jusson kniff nachdenklich die Augen zusammen.
»Nicht unbedingt«, widersprach Suiden. »Ryadnii war ein eigenständiges Land, bevor es dem Imperium einverleibt wurde, und der jetzige Satrap ist ein Abkömmling des Herrschergeschlechts, von dem es regiert wurde, als es noch unabhängig war. Der Amir könnte sehr wohl keine Ahnung von dem haben, was dort vorgeht. Da Ryadniis Lehnsstaaten ihre Angelegenheiten ebenfalls fast autonom regeln, könnte es sogar sein, dass sogar der Satrap selbst nichts davon weiß.«
»Es ist das zweite Mal, dass Turals Schatten auf Ränke fällt, die gegen uns geschmiedet wurden«, warf Thadro ein. »Es fällt mir sehr schwer zu glauben, dass der Amir davon nichts gewusst haben soll.«
»Es ist wirklich sehr verwirrend«, meinte Jusson, immer noch nachdenklich. »Der Frage nach einer Verwicklung des Imperiums in diese Angelegenheit wird sich der neue turalische Botschafter stellen müssen, falls einer ernannt wird.«
»Glaubt Ihr, er wird sie beantworten, Euer Majestät?«, fragte ich.
»Nicht gegebene Antworten können ebenso erhellend sein wie gegebene«, erwiderte Jusson. »Es wird jedenfalls sehr interessant sein zu sehen, wie der Botschafter reagiert.«
»Aber Slevoic«, mischte sich Kommandeur Ebner ins Gespräch. »Wenn er tatsächlich in Ryadnii gegen Euch Pläne schmiedet, so weit entfernt, wie konnte er dann mit Gawell und Ednoth kommunizieren?«
»Das ist eine andere interessante Frage«, meinte Jusson. »Vielleicht können Unsere königlichen Inquisitoren etwas aus Gawell und Ednoth herausbekommen …«
»Es gibt einen Spiegel in Gawells Haus, Euer
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