Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
über meine Aspekte zu entreißen. Mit dem Gedanken zu spielen, sie aufzugeben, wie fehlgeleitet eine solche Überlegung auch sein mochte, war eine Sache. Sie sich stehlen zu lassen dagegen eine ganz andere. Außerdem gehörten sie mir. Ich heulte vor Wut auf und wehrte mich mit meiner Gabe und auch körperlich. Mein plötzlich gar nicht mehr sanftes Pferd bäumte sich mit einem schrillen Wiehern auf, als ich mit aller Kraft an meinen Aspekten festhielt. In diesem Moment erloschen alle Kugeln auf einmal, und die Dunkelheit des Waldes legte sich bleiern über uns.
Keuchend tastete ich nach den Aspekten, aber obwohl ich spürte, dass sie sich unmittelbar außerhalb meiner Reichweite befanden, konnte ich sie nicht packen. Gleichzeitig fühlte ich, wie der andere Gabenwirker sich ebenfalls um sie bemühte, während die Angreifer ringsum ungeschickt nach mir suchten. Sie waren in der Dunkelheit ebenso blind wie ich. Ich hörte, wie einer fiel und knurrte, als er stolperte und auf dem Boden landete. Ich kontrollierte mein scheuendes Pferd mit den Knien und schlug blindlings mit meinem Schwert zu. Es knallte dumpf, als Metall auf Holz traf, und ich riss instinktiv das Schwert zurück. Aber nicht ich hatte mit meiner Klinge einen Zweig getroffen. Ein anderer Mann war nah genug an mich herangekommen, um mit seinem Spieß nach mir zu stoßen. Ich fühlte den Luftzug auf meinem Gesicht und duckte mich tief über den Hals meines Pferdes. Dieser Angreifer musste einen Baumstamm getroffen haben, denn ich hörte einen weiteren dumpfen Schlag. Ich wendete mein Pferd und wollte erneut zuschlagen, als ich eine ganze Reihe dumpfer Schläge hörte.
»Was zum Teufel …!«, knurrte jemand. Seine Stimme klang gedämpft, als hätte er ein Tuch über dem Mund.
Erschreckt richtete ich mich auf und fühlte, wie etwas über meinen Kopf hinwegzischte. Hastig duckte ich mich, während die Angreifer um mich herum zu schreien begannen. Ihre Stimmen vermischten sich, bis sie wie ein einziger, langer Schrei klangen. Über mir tauchten die ersten Sterne am klaren Himmel auf. Hier unten, zwischen den Bäumen, war es immer noch dunkel, während die dumpfen Geräusche um mich herum darauf schließen ließen, dass die Männer tatsächlich Bäume angriffen. Dann hörte ich das unangenehmere Geräusch von Fleisch, das getroffen wurde. Ebenso unvermittelt, wie sie angefangen hatten, verstummten die Schreie. Es war wieder so still im Wald wie zuvor. Nach einigen Augenblicken des Schweigens richtete ich mich vorsichtig auf, das Schwert noch in der Hand. Ich spähte ins Dunkel, konnte jedoch nichts erkennen. Behutsam tastete ich nach den Aspekten und unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung, als ich ihre Gegenwart fühlte. Sie waren also nicht mehr blockiert. Ich tastete weiter nach ihnen, wachsam, bereit, sofort zurückzuschlagen, sollte ich auch nur den Anflug eines magischen Angriffs spüren. Aber ich spürte nichts mehr von dem anderen Gabenwirker. Er war verschwunden, vorerst jedenfalls. Während ich noch überlegte, ob ich den Feueraspekt beschwören sollte, erblickte ich ein Licht in der Ferne. Ich packte mein Schwert fester und wartete, während das Licht näher kam und ich die schlanke Gestalt erkannte, die es hielt.
Es war Bertram, und er hatte eine Laterne in der Hand.
18
Jusson kam den Hügel herunter, während ich ihn gerade hinaufritt.
Ich hatte nicht viel Zeit im Wald verschwendet, sondern nach einer flüchtigen Untersuchung der Bäume und des Bodens Bertram zu mir in den Sattel gehoben und war zu der Stelle geritten, an der ich die Burg gesehen hatte. Kurz darauf hatte ich den Weg gefunden, und eine Weile später hatten wir den Wald verlassen und waren den Hügel hinaufgeritten. Während mein Pferd müde über die Lehmstraße trabte, sah ich die Laternen, die wie verrückt schaukelnd auf mich zukamen. Jusson und ich trafen uns mitten in einem Lichtkreis. Der König trug Helm und Rüstung und führte eine ganze Armee von Adligen, Soldaten, Königstreuen und Bewaffneten an. Er betrachtete Bertram und mich und ließ die Kolonne sofort anhalten. Während ich schilderte, was passiert war, ruhte sein Blick auf Bertram. Als der König das Wort »Hinterhalt« hörte, gab er sofort den Befehl zum Aufbruch.
»Reite mit Thadro!«, raunzte er mich an.
Ich behielt Bertram auf dem Sattel vor mir, wendete mein Pferd und trabte zu dem Lordkommandeur, der von Suiden und Wyln flankiert wurde, während die Kolonne zum Wald hinabritt. Wir fanden
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