Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
ebenfalls unvorstellbar vor, dass Jeff mich einfach so hatte stehen lassen. Dass er mit leiser Stimme bissige Kommentare von sich gab, das schon, aber mich im Stich zu lassen … Dass er mir Löcher in den Hinterkopf starrte, das ebenfalls. Aber dass er seinen Posten verließ? Niemals. Und noch unglaublicher war, dass ich ihn hatte gehen lassen, und Arlis auch. Unwillkürlich kam mir der Gedanke, dass Ryson vielleicht seine schafbeißende Blödheit dadurch verloren hatte, dass er sie an mich weitergegeben hatte. Ich verlagerte das Gewicht von Bertrams Körper in meinen Armen und rieb die Hand an meinem Bein. Mein Rücken war verspannt, und mein Magen brannte bei dem Gedanken, dass ich mir eine Strafe für meinen besten Freund ausdenken musste.
Viel zu schnell erreichten wir die Spitze des Hügels und die Burg. Das Hufgetrappel unserer Pferde auf den Pflastersteinen des Hofs hallte von den Wänden wider. Pferdeknechte nahmen uns unsere Pferde ab, und Jusson schwang sich aus dem Sattel. Er wartete, bis ich Bertram heruntergelassen hatte, bevor ich selbst abstieg und meinen Stab aus den Sattelschleifen zog. Dann drehte Jusson sich um und stieg die Treppe zur Burg hinauf. Ich folgte dicht hinter ihm und schob Bertram vor mir her, meine Hand auf seiner Schulter. Thadro und Suiden hatten zwar während des Rittes den Hügel hinauf gebührenden Abstand zu Jusson und mir gehalten, jetzt jedoch umringten sie mich grimmig und stumm mit einigen Königstreuen. Die Adligen folgten uns, als wir mit laut klappernden Rüstungen, Stiefeln und Waffen die Große Halle betraten.
Hier war alles für das abendliche Mahl zurechtgemacht worden. Die meisten Pritschen und Strohsäcke waren verschwunden, da man die Verwundeten offenbar in bequemere Quartiere verlegt hatte. An ihrer Stelle waren jetzt die langen Esstische fein säuberlich aufgestellt, die gerade von Bediensteten gedeckt wurden. Lady Margriet und Berenice beaufsichtigten die Vorbereitungen für das Abendessen, während Lord Idwal etwas abseits stand, umringt von einer Abteilung Königstreuer. Prinzessin Rayja war offenbar aus ihrem Quartier entkommen und stand mit Munir inmitten ihrer eigenen Wachen. Kveta lag derweil auf dem letzten Strohsack am Kamin. Die Heilerin der Burg war bei ihr. Jeff, Arlis und Ryson waren ebenfalls da, flankiert von einer anderen Gruppe Königstreuer. Alle hielten bei unserem lauten Auftritt inne und drehten sich zu uns um.
»Hase!« Jeff und Ryson waren sichtlich erleichtert, doch dann runzelte Jeff sofort die Stirn. Arlis dagegen ließ sich nichts anmerken und sah eher Jusson und Thadro an als mich. Erneut überkam mich Sorge, als ich die Soldaten musterte, die sie bewachten.
»Ihr habt ihn gefunden!«, stieß Lady Margriet hervor. Sie hielt sich zitternd am Stuhl fest, und Berenice ging rasch zu ihr. Sie schlang ihr den Arm um die Taille. Lord Idwal wollte ebenfalls zu seiner Frau und seiner Tochter gehen, aber die Wachen um ihn herum rückten enger zusammen.
Zum Teufel, dachte ich.
»Offensichtlich«, sagte Prinzessin Rajya zu Lady Margriet.
Berenice kniff gereizt die Augen zusammen, aber bevor sie etwas sagen konnte, stieß Lady Margriet sich vom Stuhl ab und eilte mit raschelnden Gewändern und immer noch gestützt von ihrer Tochter auf mich zu. »Geht es Ihnen gut, Lord Hase?«
Ich verbeugte mich knapp. »Ja, Mylady.«
»Wie außerordentlich glücklich für dieses casim , Sro Hase.« Prinzessin Rajya näherte sich mir ebenfalls.
In diesem Moment löste sich Bertram aus meinem Griff, ging zum König und half ihm, seine Rüstung abzulegen. Von Frauen umzingelt musste ich mich zusammenreißen, um nicht zurückzuweichen, sehr weit zurück.
»Es ist ein Glück für alle, einschließlich für Unseren Cousin. « Jussons Stimme klang beiläufig, doch seine Augen glühten golden. Er nahm seinen Helm ab und setzte stattdessen den goldenen Reif auf, den Bertram ihm auf einem Samtkissen präsentierte. Überrascht sah ich mich nach den königlichen Bediensteten um, die den Reif gebracht hatten, sah jedoch niemanden. »Obwohl das Glück denen, die ihn angegriffen haben, nicht hold gewesen zu sein scheint«, fuhr der König fort, und ich konzentrierte mich wieder auf ihn.
Während Jusson sprach, waren Thadro und Suiden zu einem Tisch gegangen, auf den sie den Spieß, den Dolch und die Schwerter warfen. Die Teller, die darauf standen, klapperten. Entweder Jusson oder Thadro mussten anschließend ein Zeichen gegeben haben, denn die Königstreuen, die
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