Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Zauberstab aus seinem Ärmel und richtete ihn auf den Drachenprinz. Ein Blitz zuckte durch Rauch und Dampf, und Suiden blieb wie angewurzelt mitten in der Bewegung stehen.
»Was haben Sie da getan?«, wollte Jusson wissen.
»Schwarze Hexerei«, zischte Wyln.
»Keine Schwarze Hexerei«, widersprach Munir. »Drachenknochen. Das ist das Einzige, was einen Drachen beherrschen kann.«
Meine Nackenhaare richteten sich auf, und die Erinnerung an den mit Gravuren versehenen Knochen in Lady Margriets Destillierraum zuckte durch meinen Kopf. Und der Gedanke, dass alles außer Kontrolle geraten war. Während ich mich fragte, wo weitere solche Knochen versteckt sein könnten, versuchte ich mich an meinen Wachen vorbeizudrücken, wurde jedoch erneut aufgehalten; diesmal von den Flammen, die mich umringten.
»Ihr …« Wyln schwebte näher an den Hexer heran. »Ihr seid der Grund für all die Vorfälle und das Unheil der letzten paar Tage, da Ihr dieses verfluchte Ding hierhergebracht habt.«
»Verflucht?«, erkundigte sich Idwal.
»Körperteile von Drachen tragen einen starken Fluch in sich«, erklärte Jusson. »Einen Fluch von Spaltung, Zwist und Misstrauen. Man fragt sich, warum sich jemand damit abgeben sollte.«
»Weil es immer welche gibt, die gierig sind, Ivers Sohn«, antwortete Wyln, »und darüber hinaus auch noch dumm.«
»Ihr Gast«, beschuldigte Idwal Jusson.
»Nicht gierig«, widersprach Munir gleichzeitig. »Sondern eher intelligent genug, um die Werkzeuge, die mir zur Verfügung stehen, richtig zu benutzen.« Er hob den Zauberstab hoch und selbst durch den dichten Qualm sah ich die Runen, die darauf eingraviert waren. Der Stab war schlanker und heller als derjenige in der Vitrine im Destillationsraum und erinnerte mich sehr stark an den Zauberstab, den ich durch den Spiegel in Freston gesehen hatte, als ich gegen Slevoic gekämpft hatte. »Dieser hier ist mit Schutzzaubern versehen, der Fluch des Drachen ist gehemmt und ordnungsgemäß kanalisiert«, fuhr Munir fort. »Sie müssen wohl einen anderen Grund für die Streitsucht Ihrer Leute finden …«
Munir unterbrach sich, als Suiden sich langsam bewegte und eine krallenbesetzte Klaue vorsichtig auf die Stufe vor sich stellte.
»Sieh an, sieh an«, meinte Jusson. Es war ihm irgendwie gelungen, an den Soldaten der Bergpatrouille und den Bewaffneten der Burg vorbeizuschleichen, denn er stand jetzt neben Suiden, das Schwert an der Seite und Thadro hinter sich. Beide achteten nicht auf die immer noch knienden turalischen Soldaten. »Vielleicht sind Sie doch nicht so intelligent. Es scheint, als würden Sie hier die Kontrolle verlieren, Lord Hexer.«
Genauso sah es aus. Als ich sah, dass Munir abgelenkt war, schob ich meinen Stab in meine Armbeuge und krümmte die Finger beider Hände um zwei der Flammen, die mich umringten. Ich ließ zu, dass der brennende Schmerz mich erfüllte; ihr lodernder Puls fand sein rhythmisches Echo in dem Feuersymbol auf meiner Handfläche. In diesem Moment sank der Feueraspekt, der immer noch über mir schwebte, unaufgefordert hinab und legte sich über meine Hände. Im ersten Moment verstärkte sich das brennende Gefühl, aber ich kämpfte nicht dagegen an. Kurz darauf verwandelte es sich in Wärme; die Flammen, die mich umringten, flackerten und erloschen. Ich behielt Munir im Blick, aber der Hexer war vollkommen mit Suiden beschäftigt. Er hatte die Augen zusammengekniffen und zielte mit dem Drachenknochen erneut auf den verwandelten Hauptmann. Ich spürte den Druck seiner Hexerei auf meinen Ohren, als würde ich von einem Berggipfel in die Tiefebene hinabsteigen. Suiden erstarrte erneut, und Munir lockerte seine Schultern, zog sie jedoch augenblicklich wieder zusammen, als Suiden beinahe zierlich seine andere Klaue auf die nächste Stufe setzte. Der Hexer trat einen Schritt zurück.
»Abbin.« Prinzessin Rajyas Stimme war nur ein heiseres Flüstern.
Doch Munir wirbelte erschrocken herum und warf einen Blick auf die Prinzessin, die nicht mehr stumm war. In diesem Moment bemerkte er, dass Wyln lautlos beinahe hinter ihn geschwebt war. Der Hexer knurrte, packte Ihre Hoheit und schleuderte sie auf den Feuerwandler. Prinzessin Rajya schrie erneut auf, als sie gegen den Ring aus Flammen prallte, der sie umgab. Diesmal gellte ihre heisere Stimme durch die ganze Halle. Suiden explodierte förmlich, seine Schuppen rasselten, und seine Krallen klickten auf dem polierten Holz der Stufen, als er die zweite Treppe hinaufstürmte.
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