Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Jusson stand in der Öffnung eines Zeltes, das auf einer kleinen Lichtung aufgebaut war. Lampenlicht umgab ihn, und der Geruch von Vanille, Orangen und Gewürzen hüllte ihn ein. Ich änderte sofort meine Richtung, und als ich in das Zelt trat, schlug mir Wärme entgegen.
Das Zelt war zwar nicht so groß wie das, welches Jusson benutzt hatte, nachdem wir Freston verlassen hatten, aber groß genug, um zwei Stühlen, einigen kleinen Tischen und zwei brennenden Feuerkörben Raum zu gewähren. Eine verzierte Teekanne stand auf einem der Körbe, und den Boden bedeckte eine Zeltplane, auf der dicke Teppiche aus Perdan lagen. Ich fragte mich, ob sie von Prinzessin Rajyas Schiff stammten oder ob Idwal sie irgendwo in der Burg gelagert hatte. An den Wänden hingen Gobelins, einschließlich des Wandteppichs mit der Herbstjagd aus den Gemächern des Königs. Sie hielten die Kälte und die Feuchtigkeit ab. Königstreue dagegen waren nirgendwo zu sehen, und es war auch niemand sonst anwesend, weder Thadro noch Wyln noch Cais. Von Jeff und Bertram war auch nichts zu sehen, nicht einmal von Arlis. Während ich mich zu erinnern versuchte, ob ich den König jemals alleine gesehen hatte, blieb ich auf der Schwelle stehen.
»Du lässt den Regen herein«, sagte Jusson.
Ich riss den Blick von dem leeren Zelt los und sah den König an, bevor ich auf den Boden schaute, auf die Pfütze um meine Füße. Einiges davon stammte von dem Wasser, das von meinem Zopf heruntertropfte, aber das meiste wehte der Wind von draußen herein. Ich trat ganz ins Zelt, und Jusson schloss sofort die Zeltplanen hinter mir.
»Finn hat dir trockene Kleider gebracht«, erklärte er, trat zu einer Zeltwand und hob die Plane, hinter der eine kleinere Kammer lag. Sie war ebenfalls von Lampen hell erleuchtet, und Feuerkörbe spendeten wohlige Wärme. In dem Raum befanden sich ein großer Waschtisch mit einem Krug voll heißem Wasser, außerdem meine Haarbürste, mein Kamm und mein Rasierzeug. Daneben hing ein Handtuch, und auf einem Stuhl lag meine Uniform der Königstreuen. Die Wärme zog mich an, und ich betrat den Raum. Als ich Geräusche hinter mir hörte, fuhr ich herum. Aber es war nur der König, der die Zeltklappe schloss und mich allein ließ. Ich trat an den Waschtisch und blickte in den Spiegel.
Es überraschte mich ein wenig, dass ich unverändert zu sein schien. Ich hatte keine Falten im Gesicht, meine Augen waren immer noch blau und mein Haar immer noch dunkelbraun. Außerdem hatte ich Bartstoppeln auf den Wangen, die etwa zwei Tage alt zu sein schienen. Ich fuhr mit der Hand darüber, fühlte den grauen Bart, bevor ich über meinen Hals strich. Die Narbe, die Kveta mir mit ihrem Dolch beigebracht hatte, war nicht rot, sondern dünn und weiß, als wäre sie bereits mehrere Jahre alt. Ich ließ meine Finger einen Moment darauf liegen und fühlte meinen Puls unter den Fingerspitzen, bevor ich die Hand sinken ließ. Ich lehnte meinen Stab gegen den Waschtisch, goss heißes Wasser in das Becken und begann mich zu rasieren.
Kurz darauf verließ ich in meiner trockenen Königstreuen-Uniform die kleine Kammer und fand Cais vor, der neben Jusson stand. Der kleine Haushofmeister betrachtete mich prüfend. Seine Augen blitzten rot im Lampenlicht auf, bevor er sich verbeugte.
»Guten Tag, Mylord«, sagte Cais. Er deutete auf ein großes Tablett mit zwei dampfenden Teekannen und etlichen zugedeckten Tellern mit Speisen. »Ich habe das Mittagessen gebracht. «
Wie viel Zeit auch vergangen sein mochte, ich hatte jedenfalls nichts gegessen. Mein Magen fing sofort an zu knurren, und Jusson nickte Cais lächelnd zu. »Danke, wir bedienen uns selbst.«
»Sehr wohl, Euer Majestät«, antwortete Cais und verließ nach einer weiteren Verbeugung das Zelt.
Jusson ging zu seinem gekrönten Stuhl. »Setz dich, Cousin.«
Ich blieb stehen, auch nachdem der König sich gesetzt hatte, und sah mich erneut in dem luxuriösen, gemütlichen Zelt um. Ich runzelte die Stirn.
»Ah, du fragst dich, woher Wir wussten, dass Wir dich hier treffen würden?«, erkundigte sich Jusson. Er wartete, bis ich nickte. »Wyln sagte, dass du hier sein würdest.«
Ich blinzelte verwirrt.
»Es hat etwas damit zu tun, dass er dein cyhn ist«, erklärte Jusson. »Obwohl der Faena etwas von Elfenfamilien gebrummt hat.« Er drehte sich zu dem Tablett um und hob den Deckel von einem Teller. »Setz dich und iss.«
Mein Magen knurrte erneut, und ich setzte mich. Es gab Brötchen, Gebäck und andere
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