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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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»Erzählen Sie von dem Anrufer«, sagte Henry.
    »Erzählen Sie mir von dem Kopf«, entgegnete Susan.
    »Wir haben einen Kopf gefunden«, sagte Henry. »Am Pittock Mansion. Wir mussten einen Teil des Gartens absperren, aber man kann das Haus immer noch besichtigen.« Er kratzte sich an einer Augenbraue. »Ich glaube, sie verlangen jetzt mehr.«
    Susan zerrte an ihrem feuchten Tanktop. »Der Anrufer klang nicht jung«, sagte sie, »er klang nicht alt. Er sagte, er würde zu einer Gretchen-Lowell-Fangruppe gehören.« Sie unterbrach sich. »Ich meine, er hat es natürlich nicht genau so gesagt. Er sagte, ich hätte an seine Website geschrieben, weil ich etwas über seine Gruppe verfassen wollte.« Henry hielt den Kugelschreiber über sein Notizbuch und wartete offenbar immer noch darauf, dass sie etwas sagte, das es wert war, aufgeschrieben zu werden. Sie drehte eine purpurne Haarsträhne um den Finger und überlegte, welche anderen Gruppen sie möglicherweise kontaktiert hatte – sie benutzte das Internet ständig aber außer der Gretchen-Geschichte fiel ihr nichts ein. »Ich nehme Kontakt mit Beauty-Killer-Fanseiten auf.« Dass der Mann Jimi Hendrix nicht erkannt hatte, ließ sie aus. Sie glaubte nicht, dass es Henry interessieren würde.
    Henry schrieb etwas auf. Susan spähte in sein Buch, um es zu lesen. »SW PC.« Er kringelte es ein. »Was zum Teufel bedeutet das?«, fragte sie.
    »Ich werde Ihre Festplatte brauchen«, sagte er.
    Das konnte nicht sein Ernst sein. »Nein«, sagte Susan. Und fühlte sich zu der Ergänzung gedrängt: »Außerdem habe ich keinen PC, sondern einen Mac.«
    Henry rückte seine Sonnenbrille zurecht. Es schien keine Sonne, aber Susan bezweifelte, ob es der richtige Augenblick war, ihn darauf hinzuweisen. »Wir müssen feststellen, welche Internetseiten Sie besucht haben«, sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Und herausfinden, wie viel Zeit ich damit verbringe, mich selbst zu googeln?«, sagte sie. »Kommt nicht in Frage.«
    Henry senkte den Kopf und sah sie über seine Fliegerbrille hinweg an, und Susan wusste in diesem Augenblick, warum er sie trug. »Das ist eine Mordermittlung«, sagte er. »Sie behindern die Justiz.« Er knirschte mit den Zähnen. »Und Sie machen mich stinksauer.«
    »Ich bin Journalistin«, sagte sie und richtete sich auf. »Ich übergebe meinen Computer nicht an die Polizei.« Sie hatte den Beamten bei deren Eintreffen schon erklärt, dass sie ihnen die Liste der eingegangenen Anrufe nicht zeigen werde. Sie beschütze eine Quelle. So war der Kodex. Gab man eine Quelle preis, konnte man es vergessen, dass einem noch jemand etwas erzählte. Parker hatte ihr das beigebracht. Er war sogar ins Gefängnis gegangen, um eine Quelle zu schützen. »Viel Glück beim Versuch, einen richterlichen Beschluss zu bekommen«, fügte sie an. Der Kriminaltechniker rollte ihren Ringfinger über das Stempelkissen. Unter dem Nagel war Schmutz. »Können Sie den Abdruck eines Menschenaffen von einem menschlichen unterscheiden?«, fragte sie.
    Der Mann blickte nicht auf. Er hob den Finger aus der Tinte und drückte ihn in die Mitte eines Quadrats auf der Fingerabdruckkarte. Susan bewunderte seine Konzentration. »Ja«, sagte er.
    Henry schrieb etwas auf. »Glauben Sie, Sie würden die Stimme des Anrufers wiedererkennen?«, fragte er.
    Susan versuchte, die Stimme in ihrer Erinnerung abzuspielen, aber sie bekam sie nicht zu fassen. »Vielleicht«, sagte sie. Sie sah auf ihre blutbefleckten Jeans hinunter. Wie gut, dass es schwarze Jeans waren, auf denen sah man fast nichts.
    Sie hatte nie eine Leiche gesehen, bis sie Archie Sheridan kennengelernt hatte.
    »Der Mann, den ich gefunden habe«, sagte sie – sie sah immer noch sein Gesicht vor sich, diese milchig weißen Augen »wie ist er gestorben?«
    »Ich glaube, wir können natürliche Ursachen ausschließen«, sagte Henry.
    Susan hatte einen halben Meter von der Leiche entfernt gekniet und Blut auf ihre Hose bekommen. Das Betttuch war getränkt davon gewesen. Der Mann hatte eine Menge geblutet. Als wäre er aufgeschnitten worden. Nein, dachte sie, operiert. Die Herzen an der Wand, Gretchens Signatur. Die Fanseite. Plötzlich wusste sie es. »Seine Milz ist nicht mehr da, hab ich recht?« Henrys Reaktion war fast unmerklich. Aber er zuckte zusammen.
    Jemand hatte ihm die Milz entfernt. Genau wie es Gretchen bei ihren Opfern getan hatte, wie sie es bei Archie getan hatte. Sie hatte Archie ohne Narkose aufgeschnitten und sie ihm

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