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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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sich bisher nie wiederholt. Aber es konnte kein Zufall sein. »Augen?«, fragte Archie.
    »Der Kopf ist zu stark verwest, als dass es sich feststellen ließe«, sagte Henry. »Robbins sieht ihn sich gerade an. Die Leiche im Haus hat Augen. Ist noch frisch. Der Mann wurde irgendwann in der Nacht getötet.«
    Archie warf einen Blick zum Bildschirm zurück, wo KGW-Moderatorin Charlene Wood nun am Tatort stand und einen Zuschauer interviewte. »Ist es Gretchen?«, sagte Archie.
    Henry schnaufte. »Neben der Leiche sind Herzen an die Wand gemalt«, sagte er. »Wie auf dem Parkplatz. Susan hat die Zeitung angerufen. Die Neuigkeit hat sich sofort verbreitet. Überall sind Reporter.«
    Archie schnürte es wieder die Kehle zu. »Geht es Susan gut?«, fragte er.
    »Sie nervt gewaltig«, sagte Henry. »Will die Quelle nicht verraten, von der sie den Hinweis hat.«
    Archie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Parker wäre stolz auf sie.«
    »Ja, toll, dass sie so viel Mumm als Journalistin entwickelt, aber das hilft mir bei der Verbrechensbekämpfung leider nicht weiter«, sagte Henry. »Es sieht aus, als würde die Milz des Opfers fehlen. Das ist noch nicht öffentlich«, fügte er an. »Wird es aber bald sein.«
    Die alte Frau packte einen weiteren Engel aus.
    »Ich kann dir einen Wagen schicken«, sagte Henry.
    Archie drehte sich um und sah in den Flur hinaus. Er überlegte, ob er Henry alles erzählen sollte, aber das konnte er nicht, ohne das Handy aufzugeben. Und was sollte er überhaupt sagen? Ich glaube, sie hat jemanden im Krankenhaus, der mich ausspioniert? Ich habe so ein Gefühl?
    Er würde wie ein Verrückter klingen.
    »Ich fühle mich noch nicht in der Lage dazu«, sagte Archie. Er brauchte sie nicht zu finden. Sie würde ihn finden, davon war er überzeugt.
    »Kommt deine Familie trotzdem heute Abend?«, fragte Henry.
    Debbie brachte die Kinder jeden Mittwoch vorbei. Es war etwas, worauf sich Archie normalerweise freute, aber bei all der Aufregung hatte er ganz vergessen, welcher Tag war. »Sie kommen trotzdem«, sagte er und rieb sich die Augen.
    »Sag einen schönen Gruß.« Henry zögerte und fügte dann in einem Tonfall, als würde er möglicherweise spüren, dass etwas nicht stimmte, hinzu: »Ich schaue später mal vorbei.«
    »Ist gut«, sagte Archie. Er legte das Telefon auf die Feststation zurück und warf einen Blick zum Fernseher. Dort lief bereits wieder Perry Mason.
    »Das sind Sie, nicht wahr?« Die alte Frau neigte den Kopf wieder in Richtung Schaufensterauslage.
    »Nein«, sagte Archie.
    Die Frau nickte. »Sie sind dieser Detective.«
    Sie hob einen Engel auf und hielt ihn ihm hin. Zu den Füßen des Engels war eine Messingplakette mit einer hübschen Inschrift. Zwei Worte. Behüte mich.
    Sie legte ihm den Engel in die Hand.

_ 17 _
    Auf einem Schild, das im Fahrstuhl zur psychiatrischen Station hing, stand:
     
    SOLLTEN SICH DIE FAHRSTUHLTÜREN NICHT ÖFFNEN, SEIEN SIE UNBESORGT. ES BESTEHT KEINE GEFAHR, DASS DIE LUFT AUSGEHT ODER DER AUFZUG UNKONTROLLIERT IN DIE TIEFE FÄLLT.
     
    »Das ist beruhigend«, sagte Archie zu der jungen Freiwilligen, die mit ihm im Aufzug fuhr.
    Sie riss die Augen auf.
    »Es ist für die Verrückten«, erklärte Archie. »Wir geraten leicht in Panik.«
    Es machte sie nicht ruhiger, und er beschloss, nichts mehr zu sagen. Dann bemerkte er, dass sie ein Kuvert in der Hand hielt, auf dem sein Name stand. Der Umschlag war groß, quadratisch und rosa, und er war schwer zu übersehen. Die Freiwillige fächelte sich Luft damit zu.
    »Das ist für mich«, sagte Archie.
    Sie war kein Teenager mehr. College vielleicht. Sie sah Archie nachdenklich an. »Ich muss ihn in der Station abliefern, bevor ich Mittagspause machen kann«, sagte sie.
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und sie traten beide in die winzige Lobby der psychiatrischen Abteilung hinaus. Das Mädchen zögerte.
    »Sie waren noch nie hier oben«, sagte Archie.
    »Sind hier Psychopathen?«, flüsterte sie.
    »Massenhaft«, sagte Archie. Er drückte auf den Rufknopf. »Hier ist Archie Sheridan«, sagte er.
    »Einen Moment, Mr. Sheridan«, ertönte die Stimme einer Schwester.
    Das Mädchen schaute auf den Namen auf dem Kuvert. »Dann sind Sie das wohl«, sagte es.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es noch bin«, sagte Archie. Nun erst bemerkte er ihre Nägel. Rosa mit blutroten Spitzen. Frauen mochten es, wenn man ihnen Komplimente machte. Archie wusste nicht viel über Frauen, aber das wusste er.

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