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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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kosteten. Archie lauschte durch die Tür, während die Unterhaltung draußen anschwoll. Er hörte das Wort »Polizei«.
    Er öffnete die Tür.
    Courtenays Zimmer war die vierte Tür links. Eine Schwester saß direkt davor auf dem Boden und wurde von dem Pfleger getröstet, der Courtenay im Aufenthaltsraum hatte helfen wollen. George.
    Courtenays Tür war offen.
    Archie ging den Flur entlang. Andere Türen gingen auf, und Patienten schauten heraus, aber niemand von ihnen wagte es, den Flur zu betreten. Nur Archie. George blickte auf, als sich Archie näherte, mit einer Hand tätschelte er immer noch die verstörte Schwester. Ihr Gesicht war gerötet.
    Archie kam zu Courtenays Tür und schaute hinein. Die Matratze auf dem Boden war blutgetränkt. Und auf ihr lag Courtenay. Auf den ersten Blick sah es aus, als würde sie schlafen. Sie lag auf dem Rücken, die Arme an den Seiten. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Lippen leicht geöffnet. Sie sah aus wie eine Märchenprinzessin, die auf einen Kuss wartet.
    Eine Decke lag als Häufchen am Fuß der Matratze. Archie konnte sich vorstellen, was passiert war. Die Nachtschwester kommt, um nach Courtenay zu sehen, vielleicht, um ihr noch Medikamente zu geben, glaubt, sie schläft, zieht die Decke zurück, sieht das Blut …
    Wenn man es wusste, erkannte man es an ihrem Gesicht – die blaue Schattierung ihrer Lippen, die graue Haut. Archie kauerte neben ihr nieder und berührte ihren Arm. Die Haut war kühl. Sie war schon seit ein paar Stunden tot.
    Dann fiel ihm an ihrem Gesicht etwas auf. Man merkte es erst, wenn man sehr nahe war, aber etwas an ihrem Profil stimmte nicht ganz. Archie schob mit dem Daumen vorsichtig eins ihrer Augenlider nach oben.
    Darunter war eine leere, blutende Höhle.
    Archie kauerte sich auf die Fersen und ließ den Blick über den Raum schweifen. Er hatte es schnell gefunden. Dort an der Wand direkt gegenüber von ihm war ein einzelnes Herz, das aussah, als sei es mit Courtenays Blut gezeichnet worden.
    George stand in der Tür.
    »Machen Sie die Station dicht«, sagte Archie zu ihm. »Niemand vom Personal darf gehen.«
    George rührte sich nicht. »Das ist wegen Ihnen«, sagte er.
    »Ja«, antwortete Archie. Courtenay war eingesperrt gewesen. Frank hätte nicht in ihr Zimmer gelangen können. Aber ein Pfleger.
    Archie fuhr herum.
    Das ist wegen Ihnen. Es war keine Frage. Es war eine Feststellung.
    Er hatte sich geirrt, was Frank anging.
    »Wo ist sie?«, fragte er George.
    George lächelte. »Amüsieren Sie sich jetzt?«, fragte er.
    Gretchens Worte.
    George blinzelte heftig, »… jetzt?«, wiederholte er.
    Er taumelte.
    Archie sprang auf ihn zu.
    Georges Lächeln wurde breiter, und er hob eine Hand unsicher an die Stirn. Archie erreichte ihn genau in dem Moment, in dem er nach hinten kippte, und konnte ihn am Hemd festhalten, als er zusammensackte. George kniete, den Kopf im Nacken, Archie stand vor ihm und hielt ihn am Kragen seines Kittels.
    »Wo ist sie?«, fragte Archie und schüttelte ihn. George antwortete nicht, er zeigte überhaupt keine Reaktion. Schon waren seine Augen nur noch glänzende Schlitze, sein Atem ging flach. Archie brüllte jetzt. Aber es war sinnlos. Gretchen hinterließ keine losen Fäden. Archies Schultern hoben sich in einem trockenen Schluchzen, und seine Stimme brach. »Wo ist sie?«
    Jemand fasste ihn an den Schultern und zog ihn von George fort. Archie sank an die Wand, ein kleines Stück von Courtenay entfernt. Einer ihrer Arme lag frei. Dieser Arm, an den Handgelenken immer noch weiß bandagiert, war vielleicht das Traurigste, was Archie je gesehen hatte. Die Straße entlang, nicht quer hinüber.
    Archie war ratlos. Er saß einfach nur da, während drei Schwestern George auf den Boden legten und sein Leben zu retten versuchten. Nach etwa fünf Kompressionen im Zuge der Wiederbelebungsmaßnahmen hielt eine der Schwestern inne und sah auf ihre Hand.
    »Er blutet«, sagte sie.
    Archie beugte sich vor, um besser sehen zu können. Tatsächlich hatte die Schwester Blut am Handballen, und auf Georges Brust breitete sich ein roter Fleck aus, wo die Schwester gepresst hatte. Sie zog sein Hemd hoch, aber seine Brust schien unverletzt zu sein.
    »Schauen Sie in seiner Tasche nach«, sagte Archie und lehnte sich wieder an die Wand.
    Die Schwester ließ eine Hand in die Brusttasche von Georges Kittel gleiten.
    Archie konnte nicht sehen, was sie in der Hand hielt, als sie diese wieder herauszog, aber er sah, wie sie den Mund

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