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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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aufriss und vor Entsetzen das Gesicht verzerrte.
    »O mein Gott«, flüsterte sie.
    Dieses zarte Gewebe ließ sich wahrscheinlich leicht zerquetschen.
    »Es sind ihre Augen«, sagte die Schwester.

_ 23 _
    Als Archie aufwachte, glaubte er einen Moment lang, alles sei nur ein Traum gewesen. Dann sah er Henry auf dem Plastikstuhl neben seinem Bett sitzen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber der Himmel hatte einen hübschen, zart violetten Ton.
    »Du bist hier hereingekrochen und eingeschlafen«, sagte Henry. »Du warst völlig weg.«
    Archie rieb sich das Gesicht und schaute zu Franks Bett hinüber. Er war fort. »Es muss an dem Schlafmittel liegen«, sagte er. Er erinnerte sich nicht einmal mehr daran, wie er in sein Zimmer gekommen war.
    »George Hay ist tot«, sagte Henry. »Eine Überdosis Vicodin.« Er sah Archie an. »Netter Zug, was?«
    »Er muss mehr genommen haben als ich«, sagte Archie.
    Henry sah Archie ohne eine Spur von Erheiterung an. Er hatte die Lesebrille in die Stirn geschoben und schnippte sie jetzt wieder auf die Nase, um einen Blick in sein Notizbuch zu werfen, das offen in seinem Schoß lag. »Wir haben uns die Bänder der Überwachungskamera angesehen«, sagte er. »Hay ging um 20.48 Uhr in ihr Zimmer und um 20.52 wieder hinaus.« Vier Minuten, mehr brauchte es nicht, um ein Leben auszulöschen. Henry fuhr fort: »Sie hatte um 20.30 ihr Beruhigungsmittel bekommen. Sie lag auf dem Bauch. Die Überwachungskamera in ihrem Zimmer ging um 20.46 aus. Er muss sie unbrauchbar gemacht haben, ehe er hineinging.« Henry fuchtelte mit der Hand, ohne aufzublicken. »Anscheinend fallen sie manchmal vorübergehend aus, weshalb die Schwestern nicht weiter beunruhigt waren.« Er überflog eine neue Seite in seinem Notizbuch. »Wie es aussieht, hat der erste Schnitt ihr Rückenmark durchtrennt, weshalb sie nicht geschrien hat. Er hat ihr mehrmals in den Rücken gestochen, und dann muss er sie umgedreht und die Decke über sie gezogen haben. Sie ist ziemlich schnell verblutet.«
    »Und dann blieb er einfach die ganze Zeit hier?«, fragte Archie. Courtenay war um neun tot gewesen, aber ihre Leiche wurde erst Stunden später entdeckt. Hay hätte jede Menge Zeit gehabt zu fliehen. Stattdessen war er einer der Ersten gewesen, die auf den Schrei der Schwester reagiert hatten.
    Henry nahm die Brille ab und legte sie auf das Notizbuch. »Ein kriminelles Genie war er wohl nicht gerade.«
    Archie schwang die Füße auf den Boden und stützte den Kopf in die Hände. »Wie ist Gretchen an ihn herangekommen?« Er versuchte, sich an jede Interaktion mit George zu erinnern, und fragte sich, an welchem Punkt sich Gretchen an ihn herangemacht hatte.
    »Wir gehen seine Telefonverbindungen durch, befragen Nachbarn, Freunde. Er wurde vor Kurzem geschieden. Keine Kinder. Seine Exfrau sagt, er hatte angefangen, jemanden zu treffen, aber sie wusste nicht, wen, und niemand hat sie je gesehen.«
    Wie immer.
    Wie viele Männer hatte sie dazu gebracht, für sie zu töten? Archie hatte ihre Leichen gesehen, wenn sie mit ihnen fertig war. Aber wie viele von ihren schlafenden Agenten waren noch da draußen und warteten, bereit zu tun, was sie verlangte?
    »Sie hat ihn offenbar benutzt, um dich im Auge zu behalten«, fuhr Henry fort. Er sah Archie an. »Gibt es etwas, was du mir sagen willst?«
    Archie ließ die Hände sinken und blickte auf. Das Handy. Verdammt. Was hatte er mit dem Handy gemacht? Er erinnerte sich, es bei sich gehabt zu haben, als er einschlief. Dann musste er es liegen gelassen haben, als er zu Courtenays Zimmer ging. Was hatte er damit gemacht, als er wieder zu Bett gegangen war? Er versuchte, die Panik zu verschleiern, die sich ohne Frage auf seinem Gesicht breitmachte, und sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. »Wann, glaubt seine Exfrau, hat die Beziehung angefangen?«
    »Vor zwei Monaten«, sagte Henry.
    Sie hatten gedacht, sie sei geflohen, habe das Land verlassen. Aber sie war die ganze Zeit hier gewesen. Sie waren nie sicher gewesen. »Sie hat die Stadt gar nicht verlassen«, sagte Archie.
    »Warum tötet sie Courtenay Taggart?«, fragte Henry.
    Archie sah aus dem Fenster. Hätte er Courtenay nicht dazu überredet, das Stück Furnier herzugeben, würde sie noch leben. Sie hätte sich nichts angetan, nicht damit. Sie hatte sich die Adern quer aufgeschnitten, verdammt noch mal. Sie wollte nur, dass man sie beachtete. Aber er hatte den Helden spielen müssen. Und es hatte Courtenay das Leben gekostet.

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