Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
Vom Netzwerk:
unauffällige Haltung zu bewahren und ruhig zu sprechen. »Wann hat dich Archie das gefragt?«
    »Nachdem ich sein Handy genommen habe«, sagte Frank. Er schüttelte traurig den Kopf. »Ich wollte es nicht. Ich habe es gehört.« Er hielt sich die Ohren zu. »Es hat nicht aufgehört zu läuten.« Er ließ die Hände sinken. »Ich habe es in seiner Kommode gefunden. Er war sehr böse auf mich. Ich musste es ihm zurückgeben. Und da hat er zu mir gesagt: ›Hast du überhaupt eine Schwester, Frank?«‹ Er sank noch weiter in seinem Stuhl zusammen. »Er war sehr böse auf mich«, wiederholte er.
    »Hast du über dieses Handy mit irgendwem gesprochen?«, fragte Henry.
    »Nein«, sagte Frank. »Ich wollte meine Schwester anrufen, aber mir ist ihre Nummer nicht mehr eingefallen.« Er biss sich auf die Lippen. »Ich glaube, sie ist auch böse. Sie ruft nicht mehr an.«
    »Wie heißt deine Schwester, Frank?«
    Frank wandte den Kopf ab und zog die Schultern noch höher. »Ich will nicht mehr mit dir reden«, sagte er.
    »Wann hat sie das letzte Mal angerufen?«, fragte Henry.
    Frank hielt sich die Ohren zu.
    Rosenberg stand auf. »Wir sind fertig«, sagte sie.

_ 53 _
    Es gab drei Aufzüge beim Herald, von denen immer nur zwei funktionierten. Heute war der Fahrstuhl ganz rechts kaputt, weshalb Susan vor den beiden anderen wartete.
    Kein Schlaf und fünf Stunden vor dem Computer ließen sie erschöpft aussehen, trotz eines einstündigen Nickerchens, das sie in der Cafeteria gemacht hatte. Sie hatte ihre zwei Spalten jedoch fertig gebracht. Es war das Beste, was sie je geschrieben hatte. Sie wünschte, Quentin Parker könnte es noch sehen.
    Da der Artikel abgeliefert war, wollte sie nach Hause fahren und sich hinlegen. Leo Reynolds reagierte nicht auf ihre Anrufe, was entweder bedeutete, dass seine Unterweltfreunde nicht fündig geworden waren, oder sie waren fündig geworden, und er hatte beschlossen, ihr nichts davon zu erzählen.
    Ein paar Stunden Schlaf, dann würde sie es wieder bei ihm versuchen.
    Der Aufzug brauchte ewig, und Susan legte den Kopf an die Wand daneben und schloss die Augen.
    Sie erwachte mit einem Ruck aus ihrem Dösen, als die Fahrstuhltür aufging. Sie blinzelte benommen. Dort, im Lift, stand Henry Sobol.
    Er hielt die Aufzugstür offen und winkte Susan hinein. »Wir müssen reden«, sagte er. »Welches Stockwerk?«
    Susan wechselte ihre Handtasche – mit Archies Handy darin – auf die andere Schulter. Es hatte kein einziges Mal geläutet, seit sie ihre SMS abgeschickt hatte. »Eingangshalle«, sagte sie.
    Henry drückte den Knopf.
    Als sich die Türen gerade schlossen, schlüpfte Derek Rogers noch zu ihnen in den Lift.
    »Sie sind Dick, nicht wahr?«, sagte Henry.
    »Derek«, sagte Derek.
    »Mehr als siebzehntausend Menschen werden jährlich in den USA bei Unfällen mit Aufzügen und Rolltreppen verletzt«, sagte Susan.
    Henry sah keine Spur amüsiert aus. Sein Mund war fest verschlossen, und um seine Augen waren keine Lachfalten zu sehen. Susan bemerkte im Licht des Fahrstuhls winzige Besenreiser an der Kinnlinie.
    »Wir sind heute Nachmittag mit der Befragung der Insassen auf der psychiatrischen Station fertig geworden«, sagte Henry.
    »Patienten«, verbesserte ihn Susan.
    Henry überging es. »Haben Sie Archies Zimmergenossen mal kennengelernt?«, fragte er. »Er heißt Frank. Depressiv. Ein bisschen langsam. Kriegt eine Menge Anrufe von seiner Schwester, redet ständig von ihr. Nur stellt sich heraus, dass er gar keine Schwester hat.«
    Es ergab nicht viel Sinn für Susan. Andererseits war sie so müde, dass wahrscheinlich schon eine einfache Rechenaufgabe nicht viel Sinn für sie ergeben würde. »Er hat also gelogen, was die Existenz einer Schwester angeht«, sagte sie.
    Henry drückte auf den Notfallknopf des Aufzugs. Der Aufzug blieb knirschend stehen.
    Susan sah zu der Stockwerkanzeige über der Tür hinauf. Sowohl die Zwei als auch die Drei leuchteten. Sie fühlte sich plötzlich viel wacher.
    »Das können Sie nicht machen«, sagte Derek und hob die Stimme dabei. »Das ist der einzige funktionierende Aufzug. Angenommen, es brennt.«
    Henry trat unmittelbar vor Derek. »Wenn es brennt«, stieß er zwischen den Zähnen hervor, »soll man sowieso die Treppe benutzen.«
    Derek wich an die Fahrstuhlwand zurück. »Okay, Sir«, sagte er.
    Susans Verstand klärte sich.
    Henry lehnte sich neben Derek an die Aufzugwand. »Ich sage Ihnen, was ich denke«, sagte er und gab Derek einen Klaps auf den

Weitere Kostenlose Bücher