Gretchen

Oberarm. »Ich denke, dass sich Gretchen als Franks Schwester ausgegeben hat. Ich glaube, sie hat Archie über Frank kontrolliert. Frank gibt nichts davon zu.« Er fuchtelte in der Luft herum. »Schwört auf die Bibel, dass er eine Schwester hat, die ihn sehr liebt.« Er streckte einen einzelnen Finger in die Höhe. »Aber er hat mir von einem Telefon erzählt«, sagte er. »Einem Handy. Frank hat es aus Archies Kommode genommen, und Archie wurde böse. Was sagen Sie dazu, Susan?«
    Susan tat sich mit dem Atmen schwer.
    »Wissen Sie etwas von einem Handy?«, fragte Henry.
    »Nein«, sagte Susan.
    »Ich sage Ihnen, was ich glaube«, fuhr Henry fort. »Ich glaube, Gretchen ist in der Stadt.« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht war sie nie fort. Dieser Beauty-Killer-Fanclub, diese Sekte oder was immer mag also für einen großen Teil des jüngsten Unheils in unserer Stadt verantwortlich sein. Aber ich finde keinen Hinweis darauf, dass unser mörderischer Pfleger jemals einen Internetkontaktdienst benutzt hat. Wir haben seinen Computer zu Hause durchsucht. Wir haben die Computer durchsucht, zu denen er in der Arbeit Zugang hatte. Wir haben sogar die Computer in seiner Filiale der Stadtbücherei durchsucht, was kein leichtes Unterfangen ist, wie ich Ihnen versichern kann. Nichts. Jeremy Reynolds hat unseren Pfleger nicht dahingehend manipuliert, dass er Courtenay Taggart tötete. Das war Gretchen Lowell. Ich glaube, sie hat den Pfleger dazu benutzt, ein Handy zu Archie zu schmuggeln. Und dann, glaube ich, hat sie ihn eine Patientin auf der Station töten lassen, weil sie wusste, dass Archie daraufhin von dort weggehen würde. Und wenn ich herausfinde, dass Sie von diesem Handy wussten, dann können Sie sich auf etwas gefasst machen.«
    »Ich glaube, ich habe Pearl Clinton gefunden«, sagte Derek. »Ich habe einen Anruf von einer Frau erhalten, die einen Laden am Hawthorne Boulevard betreibt. Er heißt Von der Erde zum Mond. Sie sagte, Pearl habe früher für sie gearbeitet. Ich soll sie dort treffen. Sie können es sich ansehen. Wenn Sie wollen.«
    Einen Moment lang sagte niemand etwas.
    Schließlich brach Susan das Schweigen. »Pearl könnte uns zu Archie führen«, sagte sie an Henry gewandt.
    Henry schlug mit dem Handballen an den Notfallknopf, und der Aufzug setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.

_ 54 _
    Von der Erde zum Mond lag am Hawthorne Boulevard zwischen einem Coffee Shop und einem Freihandelsladen. Susan kannte es. Es war seit einem Jahr dort, an Stelle eines Grufti-Ladens, der einen Headshop ersetzt hatte.
    Wenn du einer Subkultur angehörtest, hatte Portland einen Laden für dich.
    »Hier«, sagte Susan.
    Henry hielt im Halteverbot genau vor dem Laden. Manchmal wünschte Susan, sie wäre Polizistin. Oder hätte zumindest ein Auto mit Polizeikennzeichen.
    »Was ist das für ein Laden?«, fragte Henry.
    »Steampunk.«
    »Steampunk?«
    »Es ist eine Subkultur«, erklärte Susan. »Halb viktorianisch. Halb Science-Fiction. Die Welt, wie Jules Verne sie sich vorstellte.«
    Henry sah sie verständnislos an.
    »Haben Sie mal Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen gelesen?«
    »Ist das ein Baseballbuch?«, sagte Henry.
    »Egal«, sagte Susan. »Pearl hat ein Korsett und eine Schutzbrille getragen. Dieser Laden verkauft solche Sachen. Es klingt plausibel, dass sie hier gearbeitet hat.«
    Sie stiegen aus und gingen in das Geschäft.
    Es war wie eine Schmuckschatulle. Die Wände waren seeschlangengrün gestrichen, der Holzfußboden schwarz, der Ladentisch mit der Kasse war mit rotem Samt bedeckt, und die Lampen schienen aus Teilen von alten Messinguhren gefertigt zu sein. Messingrohre hingen an Ketten von der Decke, verziert mit Roben, Korsetts, Petticoats und Tournüren; Herrenanzüge mit Westen, Mäntel und Gamaschen; altmodische Militäruniformen. In Regalen aus dunklem Antikholz waren eigenartige Taschenuhren, altmodische Sonnenschirme, Fliegerbrillen und Strahlenpistolen ausgestellt.
    Die Frau, die hinter dem roten Samttisch stand, trug ein schwarzes, edwardianisches Kleid unter einem schwarzen Lederkorsett. Um ihren Hals hingen ein Vergrößerungsglas und ein gläsernes Amulett, in dem ein menschlicher Zahn lag, wie es schien. Sie trug einen ledernen Waffengurt mit einer Flash-Gordon-Strahlenpistole in jedem Halfter.
    »Ich bin vom Herald«, sagte Susan. »Derek Rogers schickt mich.«
    »Schön für Sie«, sagte die Frau.
    »Sie haben ihn vorhin angerufen«, sagte Susan. »Wir suchen nach Margaux