Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
Auf und Ab langsam die Luft aus. „Können wir eine Pause machen?“
Ian nickte und sie ließ sich erschöpft auf einen Stuhl nieder.
„Für die nächste Stunde kannst du etwas zu trinken für dich bereitstellen, Joanna.“
Erfreut sah sie ihn an. „Du willst mich weiter unterrichten?“
„Ja.“ Hatte er anfangs gezögert, ihrem Vorschlag mit dem Kampfunterricht zuzustimmen, um Jake nicht zu verärgern, war er nun aus eben diesem Grund dafür. Das sagte er ihr allerdings nicht.
„Danke, Ian. Auch dafür, dass du überhaupt gekommen bist, nach Jakes ruhmreichen Auftritt heute Morgen.“ Sie schüttelte den Kopf. „So angriffslustig kenne ich ihn gar nicht.“ Aber es passte zu seinem Verhalten am Mittag in der Bibliothek.
Ian setzte sich ebenfalls. „Jake weiß, dass ich von ihm abhängig bin. Das lässt seine Hemmschwelle sinken.“
Traurig über das Gehörte betrachtete Joanna ihn und ihr Blick blieb an seinem Verband hängen. „Wer hat die Wunde versorgt?“
„Colin.“
Empört stand sie auf, ging zu ihm und löste mit geschickten Händen den Verband. „Richte Colin aus, wenn er so etwas Schlampiges noch einmal macht, sorge ich dafür, dass er in der Zwischenprüfung im Fach Heilkunde durchfällt.“ Sie schnaubte, während sie Stoffbinden aus einer Holzkiste aus dem Regal holte. Sorgsam säuberte sie die Wunde und legte einen frischen Verband darüber. Zum Abschluss strich sie sanft über seinen Oberarm. „Ich glaube, ich bin schuld an dieser Verletzung“, erklärte sie zerknirscht. „Ich habe Jake gesagt, es würde länger dauern, bis deine Schmerzen verschwunden sind, und er hat dieses Wissen ausgenutzt.“ Entschuldigend hob sie die Hände.
Ian schwieg. Ihre Worte bestätigten seine Vermutung während des Kampfes. „Es war Jake, der mich verletzt hat, nicht du“, sagte er.
Statt einer Antwort trat Joanna hinter ihn und legte ihre Hände auf seinen Nacken. Die Muskulatur fühlte sich hart an. Die Bäder hatten wohl nicht viel geholfen. Sie begann, die festen Stellen zu massieren und spürte, wie er sich noch mehr verkrampfte. „Entspann dich“, sagte sie. Er murmelte etwas Unverständliches, lockerte dann aber gehorsam die Nackenpartie. Ihre Finger glitten von seinem Hals über die Schultern und zu den Oberarmen, während sie in kreisenden Bewegungen Druck ausübte. Allmählich atmete Ian tiefer und gleichmäßiger. Während Joanna ihre Massage auf seinen Rücken ausdehnte, ärgerte sie sich über sich selbst. Warum war sie nicht früher auf diese Idee gekommen? Entschlossen setzte sie ihr Werk fort. Inzwischen hatte Ian seine Augen geschlossen und schien die Behandlung zu genießen. Und ihr gefiel es nicht minder, ihn anzufassen. Augenblicklich wurde sie unsicher. Das war doch nicht verwerflich, was sie hier tat, oder? Schließlich löste sie nur das Versprechen ein, sich um ihn zu kümmern, das sie Charlotte gegeben hatte. Nun gut, wahrscheinlich erwartete ihre Freundin nicht, dass sie Ian mitten in der Nacht massierte, während sie beide alleine im Kräuterhaus saßen. Aber eine andere Gelegenheit hatte sie dazu im Moment nicht. Außerdem war es eine reine Heilmaßnahme, sonst nichts, wie sie sich selbst versicherte. Trotzdem verharrte ihr Blick wie gebannt auf seinem nackten Oberkörper. Muskulös und durchtrainiert – ein prachtvoller Anblick. Kein Vergleich zu damals, als sie ihn das erste Mal ohne Hemd gesehen hatte. Das Einzige, was sich nicht verändert hatte, waren die Narben, die über Rücken, Brust und Arme verliefen. Wer sie ihm wohl zugefügt hatte? Er hatte nie darüber gesprochen.
„Wie lange willst du diese Farce mit Lady Tamara aufrecht erhalten?“
Ians Stimme riss Joanna aus ihren Gedanken. Sie hatte Lady Tamara völlig vergessen. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie ausweichend. „Sie hat gute Ideen.“
„Sie sperrt dich ein und macht dir Vorschriften.“ Er gab sich keine Mühe, seine Abneigung zu verbergen.
Joanna ließ seine Schultern los. Es widerstrebte ihr, ihm die wahren Gründe zu erläutern. Erstens wollte sie nicht auch noch von Ian hören, dass ihr Lebensstil falsch war, zum anderen fiel es ihr wie schon vor Monaten am Waldsee schwer, mit ihm über das Thema Heiraten zu sprechen. Und zugeben, dass sie sich ihrem Bruder unterordnen musste, wollte sie erst recht nicht. „So schlimm, wie du es darstellst, ist es nicht“, sagte sie schließlich. „Außerdem freut es Jake.“
Ian stand auf und zog sein Hemd an. „Es ist spät. Ich bringe
Weitere Kostenlose Bücher