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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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alarmiert um. »Oh, nein! Das ist meins!«, rief sie beinahe hysterisch und rannte davon.
    Wieder allein legte ich meinen Kopf auf die Schreibtischplatte und versuchte, klar zu denken. Ich zitterte am ganzen Körper. Mir war, als hätte man mich in tausend Stücke gerissen und danach wieder zusammengesetzt, ohne dabei besonders große Vorsicht walten zu lassen. Alles tat mir weh. Mein Job führte mich wirklich direkt in die Hölle. Aber ich wusste nicht, was ich sonst tun konnte. Das Einzige, was mir übrig blieb, war, alle Zweifel und Unsicherheiten beiseite zu schieben und weiter zu machen. Also begann ich zu telefonieren.
    Ich rief die Danzigers an, und wir verabredeten uns für später. Schließlich hatte ich einige Fragen. Dann kam Sarah an die Reihe, die mir versicherte, mit ihrem Bruder zu reden, sobald sie ihn zu Gesicht bekommen würde, und ihm zu sagen, dass er mich anrufen sollte.
    Zwanzig Minuten später standen bereits drei Männer mit Holzbrettern vor der Tür, die vorerst die Scheiben ersetzen sollten. Anschließend war es im Büro so düster, wie ich mich fühlte. In dieser Dunkelheit holte ich die Edward-Akte hervor und betrachtete sie. Ich hätte sie am liebsten nicht mehr geöffnet. Mir tat immer noch alles weh. Unbewusst rieb ich über die Stelle, wo Wygan seine Krallen in mich geschlagen hatte. Die Haut fühlte sich wund, roh und heiß an wie bei einem Sonnenbrand. Ich wimmerte, als sich mein Magen bei der bloßen Berührung um seine eigene Achse zu winden schien.
    Ich hatte mich bisher in einem Minenfeld bewegt und konnte von Glück reden, dass ich noch alle Gliedmaßen hatte. Alice flößte mir zwar Angst ein, aber ich wusste, was sie von mir wollte und welche Methoden sie einsetzte, um an ihr Ziel zu gelangen. Und so schlimm Carlos auch gewesen war, selbst ihn konnte ich verstehen. Wygans Motive hingegen waren mir ein Rätsel. Ich konnte ihn genauso wenig deuten wie den Gesang von Walen, und das flößte mir am meisten Furcht ein. Ich wusste nicht, was er von mir wollte, aber ich hoffte zumindest, dass er mich eine Zeit lang in Ruhe lassen würde.
    Wygan hielt anscheinend nicht viel von Alice. Aber mir machte ihr Ehrgeiz Angst. Ich war mir nicht sicher, ob ich ein zweites Mal gegen sie bestehen konnte. Außerdem musste ich zugeben, dass ich Sergeyev nicht hätte herausfordern sollen. Dieser Kraftaufwand zusammen mit der merkwürdigen Attacke des Harmoniums hatten mir meine letzten Energiereserven entzogen. Ob ich sie wohl zurückgewinnen würde? Und ob ich das überhaupt wollte?
    Mir war bewusst, dass ich im Fall Edward nicht mehr allzu viel Zeit verschwenden durfte. Alice würde sich bestimmt nicht mehr lange zurückhalten. Ich musste ihre Ungeduld zu meinem Vorteil nutzen, ohne dabei selbst in die Schusslinie zu geraten. Allerdings war ich bisher davon ausgegangen, dass Edwards Motive letztendlich menschlicher Natur waren. Nun wusste ich, wie wenig das stimmen konnte. Ehrgeiz, Macht und Hass waren es, die Vampire antrieben. Das Einzige, was mir blieb, waren Hoffnung und das Handwerkszeug einer erfahrenen Detektivin. Es sah nicht gut für mich aus.
    Ich vertiefte mich in die Papiere, die ich zu diesem Fall hatte, und versuchte so, meine körperlichen Schmerzen vorerst zu ignorieren. Aus den meisten der Dokumente über TPM wurde ich jedoch nicht schlau. Ich suchte nach irgendeiner Art von Muster, nach mir bekannten Begriffen oder auch Ungereimtheiten, einfach nach allem, was auf eine Spur hinweisen könnte. TPM schien in Seattle auf fast jeder Hochzeit zu tanzen. Der Konzern besaß Firmen und Immobilien in der ganzen Gegend, einschließlich der westlichen Seite von Lake Washington, während er sich eigenartigerweise aus der östlichen Seite heraushielt.
    Ich studierte eingehend die Liste der Unternehmen, die TPM gehörten, bis ich endlich auf etwas stieß: TPM besaß Dominica Bar.
    Steve hatte mir erzählt, dass er an dem Abend, an dem er Cameron gesehen hatte, dem Eigentümer hatte helfen müssen. Allerdings hätte TPM ihn sicher nicht kommen lassen, nur um einige Möbel umzustellen. Steve hatte mich angerufen, als ich gerade über TPM Recherchen anstellte. Und Cameron war sich sicher gewesen, Steve müsse gelogen haben, wenn er behauptete, Edward nicht zu kennen.
    Warum also hatte Steve angerufen? Wollte er sein schlechtes Gewissen beruhigen oder war ihm befohlen worden, mir Cameron auszuliefern? Was auch immer der Grund gewesen sein mochte – es hatte mich jedenfalls erfolgreich von meinem

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