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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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runzelte die Stirn, ohne dabei meine Hand loszulassen. »Harper, wie ist das passiert?«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Ben stand unter Hochspannung, das spürte ich deutlich. Seine Frau drückte mir die Hand. Eigentlich wäre es mir lieber gewesen, wenn es mich irritiert hätte, aber es tat mir gut.
    Ich setzte von Neuem an, da ich mich nun etwas ruhiger fühlte. »Also,« Samstag. Ich war mit Camerons Fall beschäftigt. Sprach mit mehreren Vampiren … Einer von ihnen war … war etwas, das ich nicht beschreiben kann. Er wirkte viel düstererer, viel bedrohlicher als die anderen Vampire oder die Geister. Er stieß mich ins Grau. Er will etwas von mir und nannte das, was ich nun in mir trage, sein Geschenk. Er riss meinen Brustkorb auf und platzierte dieses Ding darin. Ich presste meine freie Hand auf die Stelle. »Es nahm mich in Besitz und verknotete sich in meiner Brust. Die grauen Gestalten krochen über mich, aßen von mir, be-berührten mich –« Ich schlug die Hände vor das Gesicht. Die Erinnerung an diese kalten, hungrigen Wesen, die alles aus mir heraussogen, ließ mich wieder fast zusammenbrechen. »Sie haben mich zerfetzt, aber ich bin immer noch hier. Und jetzt werde ich dieses Gefühl nicht mehr los!«
    Nachdem er mir gebannt gelauscht hatte, sank Ben auf seinen Stuhl zurück und ließ den Kopf hängen. »Harper. Ich … Oh, mein Gott. Ist das alles meine Schuld?«
    Mara warf ihm einen scharfen Blick zu. »Oh Ben, sei still. Natürlich ist es nicht deine Schuld.« Dann wandte sie sich mir zu. »Und jetzt noch der andere Klient. Ich habe Ben bereits von dem dunklen Artefakt erzählt.«
    Ich nickte und spürte auf einmal nicht mehr das Verlangen, vor Schmerz und Trauer aufzuschreien. »Ich bin heute Vormittag noch einmal ins Museum, um es mir ein zweites Mal anzusehen. Es ist schlimmer geworden. Es fasste mit einem Fangarm nach mir und ich fühlte mich so schlecht, dass ich das Haus verlassen musste. Inzwischen ist es von roten Linien umgeben und es tut weh, mit ihm im gleichen Raum zu sein. Mein Klient will es unbedingt haben. Er hat gedroht mir etwas anzutun, falls ich es nicht für ihn beschaffen würde, und mich mit etwas aus dem Grau beworfen, um zu zeigen, wie ernst es ihm ist. Und dieses … dieses Ding in mir drin … Es hat zurückgeschlagen. Ich brüllte ihn an. Auf einmal explodierte etwas zwischen uns und er verschwand. Wie vom Erdboden verschluckt. Aber bestimmt nicht für immer. Er kommt garantiert zurück.«
    Mara hob eine Hand und führte sie langsam an meine Brust heran. Ich zuckte zurück.
    »Ich werde dir nicht weh tun.«
    Unsicher ließ ich sie gewähren. Als ihre Fingerspitzen mich berührten, spürte ich, wie sie eine tiefe Ruhe in das Zentrum des grauen Knotens brachten. Sie beobachtete mich eine Zeit lang ausdruckslos und konzentriert. Als sie sich wieder zurücklehnte, legte sie beide Hände in den Schoß. Ich fühlte mich ohne ihre Berührung auf einmal einsam und leer.
    »Es fühlt sich … schwer, aber elastisch und geschmeidig an, wie eine Art Muskel oder vielleicht eine Membran. Wenn ich vorsichtig dagegen drücke, gibt es nach, aber ich kann nicht eindringen. Je härter ich presse, desto größer wird der Widerstand. Es wirkt nicht bösartig, auch wenn es momentan ein wenig schwach ist. Aber wer weiß, wozu es dient? Auf jeden Fall mag es nicht, wenn man es untersucht.«
    Ben starrte uns beide ungläubig an. »Es mag es nicht? Wie kannst du beurteilen, ob es etwas mag oder nicht?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Mara.
    Aber ich wusste es. »Es lebt. Ich spüre, dass es die Wesen in sich trägt, die im Grau leben.«
    Ben schüttelte sich.
    »Ich kann einfach nicht damit leben. Das ist ein Albtraum. Camerons Fall … Es wird bestimmt nur noch schlimmer werden, und ich bin mir nicht sicher, ob ich die Kraft dazu habe. Zuerst hielt ich ihn trotz allem für einen guten Jungen. Aber in Wahrheit ist er ein Monster. Es sind alles Monster. Unmenschliche Kreaturen, widerlich …«
    Ben unterbrach mich. »Nicht widerlich. Aber beim Rest würde ich nicht widersprechen. Es handelt sich um Geister, um Vampire. Sie sehen auf den ersten Blick mehr oder weniger aus wie wir, also glauben wir, dass sie uns ähneln. Und dann tun sie etwas, das wir als fürchterlich empfinden, denn in Wahrheit sind sie eben nicht wie wir. Geister sind uns allerdings ähnlicher als Vampire. Sie können sich noch an ihr altes Leben erinnern. Sie bestehen mehr oder weniger aus Erinnerungen. Und Erinnerungen

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