Greywalker
breiteten wir einen Teppich auf dem Boden aus. Während Carlos seltsame Zeichen auf den Boden kritzelte, traten die anderen einige Schritte zurück. Mara hielt meine Hand und murmelte einen Spruch, der das Grau, das uns umzingelte, in Schach hielt. Der Faden in meiner Brust surrte fieberhaft. Er wand und krümmte sich in meinem Inneren, während die Energie des Nexus durch mich hindurchzufließen schien. Ich beobachtete, wie die Finsternis an den Bögen der Sigillen nagte. Nach einer Weile gab Carlos Edward ein Zeichen. Die beiden begannen, an dem Harmonium zu zerren. Ihrem Ächzen nach zu urteilen, war es eine abscheuliche Aufgabe.
Cameron machte einen Schritt auf sie zu, um ebenfalls zu helfen. Carlos aber winkte ab.
»Besser, wenn wir das machen.« Sein Gesicht verzerrte sich zu einem starren Grinsen. »Wir sind schon lange an unsere eigene Schlechtigkeit gewöhnt.«
Sobald das Instrument einen halben Meter von der Wand entfernt stand, ließ Edward davon ab. Er sah nun so krank aus, wie ich mich fühlte. Auf seinem Gesicht und seinem Hals zeigten sich weiße Striemen, die letzte Nacht noch nicht da gewesen waren. Carlos kroch auf dem Boden herum und intonierte mit tiefer Stimme einen unverständlichen Gesang, während er sorgfältig einen Kreis aus alten Runen und Symbolen zeichnete, die ineinander griffen und sich zu einem endlosen, glühenden Ring verbanden, der ihn und das Harmonium umschloss.
Mara fing nun an, einen noch größeren Kreis zu malen, der den von Carlos sowie fast den ganzen Salon umfasste. Sie murmelte etwas vor sich hin, während sie ihn ablief und einen Funkenschweif hinterließ, der ihrem Kreidestrich folgte und die Dunkelheit um das Instrument zu einer geballten Sturmwolke zusammendrängte. Nur gegenüber der Tür ließ sie eine kleine Öffnung frei. Ich spürte, wie die Energie um das Harmonium herum immer stärker pulsierte.
»Jetzt noch der Geruch von Blut, um ihn anzulocken«, flüsterte Carlos und warf Mara und mir einen Blick zu.
Sie starrte ihn finster an.
Carlos wandte sich nun an mich und versuchte, nach meiner Hand zu greifen.
»Nein!«, fuhr Mara ihn an. Ihrem Mund entwichen dabei schimmernde, goldene Fäden. »Und meines auch nicht. Das wissen Sie doch genau.«
Edward lachte und hob träge eine Hand. »Sei doch nicht so grausam, Carlos. Es schickt sich nicht, unsere Freunde so zu behandeln, nach allem, was sie für uns tun. Ich würde dir meines geben, wenn ich welches hätte.«
»Vielleicht Ihr Freund in der Küche?«, fragte Carlos. »Ich könnte ihn rufen.«
Jetzt war es an mir, ihm einen finsteren Blick zuzuwerfen. »Das ist nicht fair.«
Carlos knurrte: »Fair oder nicht …« Cameron wollte etwas sagen, doch Carlos brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. »Nun gut. Also, Cameron, öffne die Tür, um unseren Gast herein zu lassen.«
Cameron ging um den Kreis, während Carlos ein kleines Messer aus seiner Tasche holte. Er fuhr sich mit der Schneide über das rechte Handgelenk.
Nichts geschah. Carlos schloss die Augen und bewegte seine Lippen, ohne dass ein Laut zu hören war. Seine Brust hob und senkte sich, als ob er sich sehr anstrengen müsste und tatsächlich erschienen nach einer Weile mehrere dunkle Blutstropfen, die wie schimmernde Perlen zu Boden fielen. Das Geräusch, als sie aufprallten, dröhnte wie Zimbelschläge in meinen Ohren. Carlos riss seinen Arm mit einer heftigen Bewegung nach oben, sodass sein Blut mit dem Laut von zerbrechendem Kristall auf den Spiegel und die Register des Harmoniums traf.
Stille und der üble Gestank des verdorbenen Bluts ließ uns erstarren. Ich rang um Luft, als ich rief: »Sergeyev, Grigori Sergeyev! Ich habe Ihr Gefäß gefunden. Kommen Sie und holen Sie es sich.«
Ein Wind erhob sich aus dem Boden vor der Treppe und zischte durch die Tür. Er trat durch die Öffnung in Maras äußeren Kreis ein und wirbelte auf mich zu. Mara ließ sich auf die Knie sinken und schloss mit einem Zauberspruch den Kreis. Sofort schoss eine weiße Wand aus Licht aus dem Boden. Der Wind, der nun eine verschwommene Form angenommen hatte, prallte mit voller Wucht dagegen und gab einen markerschütternden Schrei von sich. Dann verwandelte er sich in die Gestalt meines gespenstischen Klienten – gefangen zwischen den beiden magischen Kreisen.
Er schleuderte uns eine Salve russischer Schimpfwörter entgegen. Cameron stand wie angewurzelt neben der Tür, während ich ängstlich hinter Mara kauerte. Der grenzenlose Hass, de* von dem Geist
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