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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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ausging, jagte mir panische Angst ein und schürte noch den Schmerz, der meinen Körper und meine Seele peinigte.
    »Er kann dir nichts tun – keinem von uns, so lange die beiden Kreise intakt bleiben«, flüsterte Mara mir zu, als ich ihre Schultern besonders fest drückte. »Der Einzige, der ein Risiko eingeht, ist Carlos. Aber kein Geist möchte dem geballten Zorn eines Nekromanten ausgesetzt sein.« Sie wirkte dennoch ein wenig unsicher und konzentrierte sich mit blasser Miene auf ihren Zauberkreis, den sie mit zitternden Händen aufrechterhielt. Sie musste sich sichtlich anstrengen, um ihren magischen Ring nicht brechen zu lassen, denn der Geist kämpfte mit aller Macht dagegen an. Ich hoffte, dass die Energie, die in mir tobte und pulsierte, ihr helfen würde, aber sicher war ich mir nicht.
    Carlos griff nach dem Harmonium und riss ein Register heraus. Sergeyev wandte sich schlagartig von uns ab und warf sich stattdessen mit voller Wucht und einem wutentbrannten Schrei gegen Carlos’ nekromantischen Kreis. Der Elfenbeinknopf des Registers löste sich in feinen Staub auf und rieselte langsam zu Boden, wo er wie Puderzucker das Blut überstäubte. Carlos ließ den Rest fallen und griff nach dem nächsten Registerzug.
    »Njet!«, kreischte Sergeyev, gefolgt von einem für mich unverständlichen Wortschwall, der sich nach verzweifelten Bitten und Drohungen anhörte.
    »Wir sind hier, um dich zu befreien, du undankbarer Bastard«, erwiderte Carlos. »Siebenhundert Jahre Qualen und das Einzige, woran du denken kannst, ist Rache? An wem willst du dich rächen?«
    Sergeyev spuckte einen Namen aus und lief dabei frustriert an Carlos’ Innenkreis auf und ab. Seine Gestalt flimmerte kurz, und wo gerade noch Sergeyev gestanden hatte, erschienen nun all jene Leute, deren Gestalten er im Laufe der Jahrhunderte angenommen, die er bestohlen und ermordet hatte. Ich lehnte mich gegen die Wand, die inzwischen von aufblitzenden Lichtern durchzogen war.
    »Tot«, fuhr Carlos ihn an. »Schon lange tot. Ich habe von ihm gehört.« Dann riss er ein weiteres Register heraus. »Von seinen Qualen erlöse ich dich. Aus diesem Gefängnis erlöse ich dich …«
    Der Wiedergänger heulte auf und kreischte, während er mit seinen Krallen die Luft zwischen sich und Carlos zerriss und ihn feuerspeiend verwünschte. Meine Knie wurden weich und ich befürchtete, dass jeden Augenblick meine Ohren anfangen würden zu bluten. Carlos erwiderte seine Flüche mit langen, verschlungenen Worten, die sich um den Geist wanden und sich immer enger um ihn legten, während der Nekromant weitere Teile des Harmonium herausriss und zu Staub zerfallen ließ. Die Tastatur und Registerzüge rieselten ächzend zu Boden. Die Tasten stöhnten, als sie aus ihrer Verankerung gezerrt wurden und sich in bloße Erinnerungen auflösten.
    Da ertönte ein ohrenbetäubendes Donnern im Treppenhaus. Ich war nicht schnell genug, um es mit eigenen Augen zu sehen, hörte aber deutlich, wie Cameron aufschrie und zu Boden fiel.
    »Eine tolle Party«, zischte Alice uns entgegen. »Und niemand hat mich eingeladen.« Ihr Gesicht wies immer noch tiefe Schnitte auf, aber in ihren Haaren und auf ihrem Kleid war auch frisches Blut zu erkennen.
    Ihr Anblick versetzte mir einen Schock und ich legte wieder hilfesuchend eine Hand auf Maras Schulter. Quinten …?
    »Schlampe« 1 , zischte Edward und rannte durch den Raum auf sie zu.
    Sie lachte auf und stürzte sich ihm entgegen, wodurch sie die beiden magischen Kreise brach. Sie riss den Spiegel aus dem Harmonium. »Das gehört mir!«, kreischte sie. Farben und Spiralen aus Energie tobten um sie herum und durch sie hindurch. »Jetzt bin ich deine Herrin. Töte diejenigen, die dich vernichten wollen!«
    Sergeyev schrie in unheilvoller Vorfreude und raste in den inneren Kreis, um sich auf Carlos und das Harmonium zu stürzen.
    Mara schluchzte und sprang zurück. Wir kauerten uns gegen die Wand und zuckten bei jedem Geräusch zusammen.
    Edward flog auf Alice zu, die im Kreis von einer Seite zur anderen tanzte und ihren Schatz gegen die Brust drückte. Manisch lachend brüllte sie: »Edward! Dich will ich! Los, Mäuse, rennt! Rennt und versteckt euch oder ich werde euch ebenfalls verschlingen.« Sie warf mir einen kalten, triumphierenden Blick zu und lachte gehässig.
    Cameron hatte sich inzwischen wieder hochgerappelt. Sein Hals und sein Kopf hingen irgendwie schief zur Seite. Er griff nach ihr, verfehlte sie und versuchte es noch

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