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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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war ich dann wieder auf dem Weg zurück ins Zentrum von Seattle. Wenn ich mich beeilte, würde mich diese bizarre Parallelwelt diesmal vielleicht nicht einholen.
    Als ich vor dem Haus der Danzigers parkte, war ich ziemlich zufrieden mit mir; es war tatsächlich nichts weiter geschehen. Ich hatte noch zehn Minuten Zeit. Also schloss ich den Rover ab und schlenderte gemächlich über die Straße auf das hellblaue Haus zu.
    Es war eines jener Gebäude aus der Zeit um 1900, das zur einen Hälfte aus Ziegelwerk und zur anderen aus Schindeln bestand. Es hatte eine große Veranda, die von einem Geländer umsäumt war und vom oberen Stockwerk überdacht wurde. Ein richtiges Großmutter-Häuschen. In dem hübschen Garten, der etwas verwildert schien, wanden sich Weinranken um einen pittoresken Holzbogen.
    Als ich näher trat, bemerkte ich, dass das Haus golden zu glühen schien. Obwohl das der einladenden Atmosphäre keinen Abbruch hätte tun sollen, wurde mir bei diesem Anblick mulmig.

Sechs
     
     
    Als ich klopfte, öffnete sich die Tür wie von selbst. Ben Danziger stand vor mir. Er war ungefähr eins achtzig groß, besaß breite Schultern, blaue Augen und einen Bart. Seine welligen schwarzen Haare standen wirr vom Kopf ab, sodass man ihn entweder für einen verrückten Wissenschaftler oder einen verschreckten Rabbiner halten konnte.
    »Hallo! Sie sind sicher Harper Blaine«, begrüßte er mich. »Kommen Sie herein! Entschuldigen Sie bitte meine Haare, aber ich mache gerade die Wäsche und die Elektrostatik des Wäschetrockners lässt mich immer wie einen durchgeknallten Pudel aussehen.«
    Er trat beiseite und ich ging hinein.
    Im Inneren des Hauses glühte es zwar nicht so intensiv wie draußen, aber dafür schien etwas leise zu brummen -fast so, als würde eine Katze zufrieden schnurren.
    Danziger bückte sich durch eine niedrige Tür zu seiner Linken. »Darf ich Ihnen ein Glas Tee anbieten?«
    Ich folgte ihm in die Küche. Seine übersprudelnde Energie brachte mich etwas aus dem Gleichgewicht. »Ja, gerne.«
    Dieses Haus wäre tatsächlich der ideale Ort gewesen, um einen Werbespot für Omas bewährte Was-auch-immer zu drehen. Die Kupfertöpfe, die an den Wänden hingen, und der glänzende Dielenboden strahlten etwas Anheimelndes aus.
    Danziger entschuldigte sich für einen Moment und verschwand in ein anderes Zimmer, um dort einen Stoß Wäsche in einen Korb zu legen. Dann rief er: »Liebling, unser Gast ist hier!«
    Aus seiner ausgebeulten Brusttasche ertönte eine Stimme. »Fangt schon mal ohne mich an, Schatz. Das Baby will nicht so wie ich.«
    Er kam also federnden Schrittes wieder in die Küche zurück, wo er mit Geschirr klapperte und alles Mögliche auf ein Holztablett stapelte. Das Ganze trug er zu dem riesigen Tisch in der Mitte des Raumes und sah mich dann fragend an.
    »Entschuldigen Sie, nun habe ich ganz vergessen, Sie zu fragen, ob Sie vielleicht lieber einen Eistee möchten.«
    Ich war zu überrascht, um zu erklären, dass ich von Eistee ausgegangen war, als er mir ein Glas Tee angeboten hatte. »Ich nehme alles.«
    »Gut, sehr gut. Ich mag russischen Tee, wissen Sie. Mara wird später zu uns stoßen. Kommen Sie, wir gehen lieber in mein Arbeitszimmer.«
    Mit dem Tablett in den Händen stieg er eine Treppe hinauf und blieb vor einer kleinen Tür stehen. »Wären Sie so nett und würden die für mich aufmachen?«
    Ich tat ihm den Gefallen und folgte ihm dann über eine weitere Treppe in den ausgebauten Dachboden. Ein großes Dachfenster war nach Süden hin eingebaut worden, was dem Raum genügend Licht gab und ihn zu einem gemütlichen, wenn auch ziemlich niedrigen Arbeitszimmer machte. Einige Wandleuchter erhellten die zahlreichen Regale voller Bücher, die an jeder einigermaßen hohen Wand standen. In den niedrigen Ecken stapelten sich Kartons.
    Danzigers Schreibtisch bestand aus vier kleinen Aktenschränken aus Holz, auf denen eine Tür lag. Davor stand ein alter Lederdrehstuhl und ihm gegenüber ein antikes Ledersofa. Mit dem Ellbogen verschaffte er sich einen freien Platz auf dem Schreibtisch, um das Tablett dort abzustellen. Das weiche Sofa ächzte, als ich mich darauf niederließ.
    Er begann mit den zwei Kannen und hohen Gläsern in den Metallhaltern zu hantieren. »Wasser?«, fragte er.
    »Wie bitte?«
    »Möchten Sie etwas heißes Wasser in Ihren Tee? Er ist sonst sehr stark«, erklärte er.
    »Gerne – ganz, wie Sie meinen.«
    Mit gerunzelter Stirn füllte er konzentriert die Gläser bis zu

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