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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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aufgetürmten Waren und Kartons schweifen, die von Lichtkegeln erhellt wurden. Die Masten eines hölzernen Segelboots im hinteren Bereich reichten bis zur Decke hinauf. »Aber vielleicht auch nicht. Das Lager scheint mir recht voll zu sein. Sie wissen nicht zufällig, ob hier ein Harmonium herumsteht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Da müssen Sie wirklich mit Will sprechen. Es gibt hier übrigens viele coole Sachen – sogar ein ganzes Boot! Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht in die Liste der Interessenten für die Versteigerung eintragen wollen?«
    Er hatte wohl das gierige Glitzern des Auktionssüchtigen in meinen Augen bemerkt. Ich kaufte gerne hübsche alte Sachen zu günstigen Preisen – so wie meinen Wagen. Vielleicht war es eine Reaktion auf meine Mutter, die nie etwas Gebrauchtes hatte haben wollen. Ich zog solide alte Dinge vor, selbst wenn ich sie etwas herrichten musste. Der Typ hier wusste offensichtlich ganz genau, wen er vor sich hatte, als ich durch die Tür kam.
    »Doch«, lautete meine knappe Antwort.
    Er gab meinen Namen und meine Telefonnummer in eine Datenbank ein und reichte mir dann einen Katalog und ein Kärtchen mit einer Nummer.
    »Verlieren Sie Ihre Nummer nicht, sonst müssen Sie sich noch einmal registrieren«, warnte er mich.
    Ich steckte die Karte in meine Tasche. »Werde ich nicht. Übrigens noch etwas: Wie finde ich Will?«
    »Ach, sehen Sie sich einfach in Ruhe um, Sie werden ihn bestimmt nicht verfehlen. Seine Unterredung sollte, wie gesagt, nicht mehr lange dauern und dann dreht er eine letzte Runde, ehe wir abschließen. Sie können ihn gar nicht übersehen. Er ist groß und hat schneeweiße Haare. Außerdem werde ich ihm Bescheid sagen, dass Sie ihn sprechen möchten.«
    »Ich werde die Augen aufhalten.«
    Der Junge nickte und widmete sich wieder seinem Computer, während ich mich im Lagerhaus umsah.
    Mir fiel nichts auf, was einem Harmonium auch nur ähnlich sah. Zwischen den Haufen von zusammengerollten Seilen und Holzstapeln, Kisten voller Bootszubehör und allerlei Werkzeugen standen Tische, Zeichenbretter, Aktenschränke und Stühle, wobei einiges davon wirklich hübsch war. Außerdem gab es tatsächlich ein Boot. Es handelte sich um ein komplex aussehendes kleines Ding, das zwei kurze Masten und viele Holzverzierungen hatte. Zudem fand sich eine große Sammlung von Modellbooten, von denen manche Originalentwürfe der Firma Ingstrom zu sein schienen, und jede Menge Jachtmobiliar aus den zwanziger Jahren. Dazwischen standen hier und da einige antike Möbelstücke, die wahrscheinlich aus der Chefetage stammten.
    Mittendrin entdeckte ich ein kleines Kabinettschränkchen. Es war zwar kein Harmonium, doch es weckte mein Interesse. Mühsam bahnte ich mir einen Weg dorthin, während ich mich innerlich ermahnte, nicht schon wieder auf ein heruntergekommenes Möbelstück hereinzufallen.
    Das Schränkchen war alt, niedrig und schmal und in einem schrecklichen Rotton gestrichen. Es befand sich in einem auffallend schlechten Zustand und brauchte wohl kein Zuhause mehr, sondern eher eine Mitfahrgelegenheit zum nächsten Schrottplatz. Trotzdem markierte ich die Nummer in meinem Katalog, denn vielleicht verbarg sich unter der Tünche ja ein wahres Prachtstück. Das konnte man nie wissen, und ich hatte schon öfter ein geschicktes Händchen für solche Gegenstände bewiesen.
    Das Lagerhaustor ratterte laut, als es geschlossen wurde. Ich drehte mich überrascht um. Der großen Uhr an der Wand nach war es fünf vor sieben.
    Ich erspähte etwas Silberschwarzes zwischen den Stapeln und den Reihen von Aktenschränken. Ein hochgewachsener schlanker Mann näherte sich mir mit großen Schritten. Seine weißen Haare schimmerten wie ein Heiligenschein. Das musste Will sein. Aus der Entfernung schätzte ich ihn auf etwa fünfzig.
    Er entdeckte mich und kam nun direkt auf mich zu. Als er vor mir stand, war ich wie vor den Kopf gestoßen. Fünfzig war der Mann garantiert noch nicht! Ein 200-Watt-Lächeln strahlte mir entgegen. »Hallo. Michael meinte, dass Sie mich sprechen möchten?«
    Mein Herz schien für einen Moment auszusetzen und mein Magen schlug einen kleinen Purzelbaum. Ich hätte ihn am liebsten einfach nur immer weiter angestarrt. Er hatte ein markant geschnittenes Gesicht. Hinter einer randlosen Brille verbargen sich haselnussbraune Augen, und silbergraue und weiße Strähnen durchzogen seine schimmernden Haare. Sein schwarzer Rollkragenpulli und die Jeans ließen einen durchtrainierten

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