Greywalker
und die Unterschrift »Ingstrom« entziffern konnte. Vor dem Nachnamen befand sich unleserliches Gekritzel – es hätte so ziemlich alles zwischen einem e, n, u oder vielleicht auch w sein können. Sogar ein i wollte ich nicht ganz ausschließen.
Das waren natürlich alles höchst vage Hinweise. Der Frachtbrief schien von der Reederei in Oslo zu stammen. Falls Sergeyev falsch lag, dann konnte auch Ingstrom der Absender und nicht der Empfänger sein. Ich hatte eigentlich keinerlei Lust, eine Reederei in Oslo ausfindig zu machen, die vor über dreißig Jahren jemanden mit dem Namen Ingstrom eingestellt hatte.
Gedankenverloren nahm ich den Hörer ab, denn ich wollte die Hafenbehörde oder die Küstenwache anrufen, um mich über die Schiffsregister zu informieren. Aber die Leitung war tot. Auf einmal hörte ich ein Knistern und ich schüttelte den Hörer.
»Hallo?«
»Miss Blaine?«
»Am Apparat.« Quinton war wohl gerade mit der Leitung fertig geworden.
»Hier Grigori Sergeyev. Ich wollte Sie ja noch einmal anrufen.«
»Ja. Ich habe mir gerade die Dokumente angesehen, die Sie mir geschickt haben. Viel, an dem ich mich orientieren kann, gibt es da ja nicht.«
»Ich habe noch eine Kleinigkeit vergessen, die ich Ihnen mitteilen wollte. Außerdem habe ich jetzt eine Telefonnummer, unter der Sie mir Nachrichten hinterlassen können.«
»Gut. Wie lautet sie?«
Er gab sie mir durch. Es hörte sich nach einer Vorwahl aus Tacoma an.
»Haben Sie noch Fragen?«
»Ja. In den Unterlagen, die Sie mir zukommen ließen, steht der Name Ingstrom. Es ist allerdings nicht eindeutig, ob es sich um den Absender oder den Empfänger handelt. Ich halte es sogar für möglich, dass er nur ein Schiffsmakler in Oslo war. Die Informationen reichen nicht aus, um das eindeutig zu klären.«
»Das Schiff war beschädigt. Was Sie da haben, ist eine Liste der Fracht, die geborgen werden musste. Dieser Ingstrom nahm die Fracht, um so für die Reparaturen zu zahlen«, erklärte mir Sergeyev.
»Ich verstehe. Nun gut, es gibt oder gab jedenfalls in Seattle eine Schiffsbaufirma namens Ingstrom.«
»Sehr gut. Das ist doch schon eine Spur. Ich muss jetzt aufhören. Bitte hinterlassen Sie mir regelmäßig Nachrichten, wie Sie vorankommen.«
Plötzlich war die Verbindung unterbrochen.
»Quinton!«, rief ich empört. »Was machen Sie mit meinem Telefon?«
Quintons Kopf tauchte hinter dem Computermonitor auf. »Ich habe gerade alles fertig verkabelt. Es sollte jetzt eigentlich funktionieren. Versuchen Sie es einmal.«
»Jetzt mag es ja funktionieren, aber wie stand es vor dreißig Sekunden?«
»Da war es noch außer Betrieb.«
»Das ist aber merkwürdig, denn das Telefon hat einwandfrei funktioniert.«
Er zuckte mit den Schultern. »Hm, da hätte die Leitung eigentlich tot sein müssen, aber egal. Der automatische Sender ist jetzt in die Modemleitung eingebaut.«
»Kann ich jetzt also telefonieren, ohne unterbrochen zu werden?«, wollte ich wissen.
»Klar. Ich prüfe jetzt zwar noch einmal, ob die Elektronik funktioniert, aber das sollte sich nicht auf Ihre Telefonate auswirken.« Er verschwand wieder unter dem Schreibtisch, und ich nahm den Hörer ab.
Ich wählte die Nummer von der Schiffsbaufirma Ingstrom in Seattle.
Eine sehr junge, männliche Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung. »Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?«
»Ich versuche die Schiffsbaufirma Ingstrom zu erreichen. Habe ich die richtige Nummer gewählt?«
»Ja, das haben Sie. Die Firma hat leider ihr Geschäft aufgeben müssen. Ich helfe bei der Versteigerung. So weit ich weiß, sind die Geschäftsunterlagen entweder noch bei der Familie oder schon bei den Anwälten.«
»Ich versuche ein Möbelstück ausfindig zu machen. Aber was meinten Sie mit Versteigerung?«
»Sowohl Geschäft als auch Immobilie werden versteigert. Und zwar von McCain Antiques & Auctions.«
»Eine Versteigerung der Immobilie? Ist denn jemand gestorben?«
»Ja, der Eigentümer und sein Sohn sind beide bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen. Schrecklich, oder? Da baut und repariert man Boote, aber in seinem eigenen geht man unter. Mir läuft es bei dem Gedanken wirklich kalt den Rücken hinunter.«
»Ja, wie das Leben manchmal so spielt. Hören Sie, ich möchte nicht aufdringlich sein, aber ich muss mit jemandem über dieses Möbelstück sprechen.«
Er zögerte. »Es geht hier zurzeit ziemlich hektisch zu … Wenn Sie aber zur Vorbesichtigung kommen möchten, könnten Sie Will oder
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