Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
Treuhandfonds ein Recht auf diese Information. Und als Mutter … nun, das ist eine andere Frage. Du bist über einundzwanzig und so weit ich sehen kann nicht geistig minderbemittelt. Moralisch betrachtet allerdings … was genau du deiner Mutter erzählen willst, musst du selbst wissen. Aber es sollte Hand und Fuß haben, sonst wird sie dich schlimmer in die Mangel nehmen als ich.«
    »Vielen Dank, Harper! Jetzt fühle ich mich doch gleich viel besser. Und was soll ich ihr sagen? ›Hi, Mom, ich bin jetzt Vampir?‹«
    Ich schüttelte den Kopf. »Manchmal bist du wirklich ein verzogenes Kleinkind, Cameron. Sobald es ein Problem gibt, willst du kneifen! Und wenn wir schon mal dabei sind: Da gäbe es noch jemanden, mit dem du dich befassen solltest«, sagte ich und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Und zwar mit Sarah. Du hast das alles für sie getan, schon vergessen? Sie jetzt mit der Sorge allein zu lassen, dass dir etwas passiert sein könnte, ist grausam und egoistisch. Und fang jetzt bloß nicht wieder mit der Selbstmitleidsnummer an! Sie ist diejenige, die dir am meisten Glauben schenken wird. Schließlich hätte es ihr genauso ergehen können – oder noch schlimmer. Wenn du ihr die Wahrheit sagst, kannst du damit nicht nur dir selbst, sondern auch deiner Schwester helfen. Sie versteht nämlich nicht, was Edward getan hat, und das macht ihr sehr zu schaffen. Du wolltest den Helden spielen. Jetzt musst du es auch durchziehen.«
    Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber und blickte betreten zu Boden. »Du hast recht. Weißt du, wo ich Sarah finde? Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Vermutlich wohnt sie nicht mehr bei Mom, oder?«
    »Nein, sie ist in Bellevue in der Nähe des Einkaufszentrums.«
    »In Großmutters Haus?«
    »Genau. Sie hat kein Telefon, du musst sie also besuchen.«
    »Das werde ich tun. Sobald wir hier fertig sind. Versprochen.«
    »Gut. Vielleicht hat Sarah ja auch eine Idee, wie du es am besten deiner Mutter beibringst.«
    Er grinste erleichtert. »Ja, die hat sie bestimmt!«
    »Und wenn du mit deiner Mutter sprichst, bitte sie doch, mich anzurufen.«
    »Traust du mir nicht?«
    »Nicht völlig. Noch nicht. Vertrauen ist kein Geschenk, Cameron, Vertrauen muss man sich verdienen. Und das ist nicht immer leicht.«
    Er schüttelte den Kopf und sah mich abschätzend an. »Du bist tough.«
    »Das habe ich heute schon mal gehört«, antwortete ich knapp. »Und jetzt gib mir mal die Namen deiner Vampirgenossen und sag mir, wie ich mit ihnen in Kontakt treten kann. Ich widme mich dem Ganzen, sobald deine Mutter mich angerufen hat.«
    Er gab mir eine kurze Liste von Namen und Orten und gemeinsam stellten wir unsere Vertragsbedingungen zusammen. Ich heftete meine Kopie ab und wandte mich dann erneut Cameron zu.
    »Gut. Und jetzt erklär mir bitte genau, warum Edward dich rausgeworfen hat.« Der Junge wurde nervös und vermied es, mir in die Augen zu sehen. Er rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. »Falls du denkst, dass ich prüde bin und es verurteilen könnte, dass du mit einem Mann ins Bett gestiegen bist, täuschst du dich gewaltig. Schließlich ist halb Seattle schwuler als San Francisco am Christopher Street Day.«
    »Ich bin nicht schwul«, protestierte er.
    »Das ist mir völlig egal«, verriet ich ihm. »Soll ich das noch einmal wiederholen – vielleicht schön langsam zum Mitschreiben?«
    »Nein, schon verstanden.« Er holte tief Luft und platzte dann heraus: »Edward ist einfach ein arrogantes Schwein.«
    »Und das hast du ihm so direkt gesagt? Diplomatisch wie immer.«
    »Ja, das habe ich ihm gesagt.«
    »Und das war alles?«
    »Nein. Vielmehr habe ich zwar nicht gesagt, aber es lief alles auf dasselbe hinaus. Ich hatte natürlich begriffen, dass er pervers und sadistisch und absolut herrschsüchtig sein muss, noch ehe ich ihn persönlich kennengelernt habe. Sarah hatte mir genug erzählt, um mir ein Bild von ihm zu machen. Aber es dauerte eine Weile, bis ich verstand, wie psychopathisch er tatsächlich ist. Er ist davon überzeugt, dass seine Taten nie irgendwelche Konsequenzen für ihn haben werden. Diese Einstellung ist schon jenseits von Arroganz. Er ist wirklich ein Psychopath. Für ihn gelten keine Regeln.«
    Ich nickte nachdenklich. Vielleicht lag es ja im Auge des jeweiligen Betrachters, wen man als psychopathisch einstufte und wen nicht – zumindest in diesem Fall. Wenn man unsterblich war, warum sollte man sich dann darum kümmern, was die anderen

Weitere Kostenlose Bücher