Grim - Das Erbe des Lichts
lachte leise, und Remis setzte sich gespannt auf ihrem Knie auf. Grim stöhnte unmerklich. Hatte er gerade noch geglaubt, den Tiefpunkt dieser Nacht schon erreicht zu haben, musste er jetzt auch noch die Phantasien eines Kindes über sich ergehen lassen.
Carven bewegte leicht die Finger, woraufhin die Figuren sich in die Luft erhoben und sich angriffsbereit umkreisten. »Jhurmal Thronnegar zog ein flammendes Schwert und forderte den Hexer heraus, der seit langer Zeit in den Reihen der Elfen gewütet hatte wie kein zweiter Gespiele der Schatten zuvor.« Tatsächlich hob der goldene Illusionszauber zeitgleich mit den Worten Carvens sein Schwert. Der Drache setzte eine betont finstere Miene auf und entzündete seine Augen in rotem Feuer. Unter den Fingerbewegungen Carvens gingen sie aufeinander zu — und verwickelten sich gleich darauf in einen aufsehenerregenden Kampf. »Ohne Furcht kämpfte der Elfenherrscher gegen die Finsternis des Bösen, drängte die Schatten zurück und bohrte sein Schwert tief in das hasserfüllte Herz des Hexers!« Mit weit aufgerissenen Augen stieß Carven durch seinen goldenen Zauber dem Drachen das Schwert in den geisterhaften Leib, und Grim verdrehte die Augen, als Remis auf Mias Knie ergriffen die Luft einsog und anfing zu klatschen.
»Nett«, grollte Grim und bedachte erst Carven, dann den soeben niedergestreckten Drachen mit einem Blick unter hochgezogenen Brauen. Der Drache kniff wütend die Augen zusammen, ehe er das Schwert seines Gegenspielers beiseiteschlug und diesen mit einem gierigen Haps verschlang. Er funkelte Grim noch einmal böse an, dann verpuffte er mit einem dumpfen Laut.
»Ich habe viele Geschichten über Jhurmal Thronnegar und den Hexer von Balvquist gelesen«, murmelte Carven beinahe entschuldigend. »Er war ein Held wie ...« Er hielt kurz inne, und Grim hoffte inständig, dass er nicht aussprechen würde, was er die ganze Zeit seit seinem Kampf gegen Alvarhas in den Augen des Jungen gelesen hatte. Für einen Moment schwieg Carven, und Grim glaubte schon, dass der Junge seine Gedanken für sich behalten würde. Doch dann sah Carven ihn an, lächelte unsicher und fügte hinzu: »Wie du.«
Grim schnaubte unwillig. »Du weißt nichts über mich, Carven Narrenkind, und noch viel weniger über Helden. Glaubst du wirklich, dass auch nur einer von uns gerade darauf erpicht ist, den Märchen eines Kindes zuzuhören?«
Carven senkte den Blick, als hätte Grim ihm vor die Füße gespuckt, und sah auf einmal so klein und armselig aus wie ein getretener Hund. Grim spürte Mias ärgerlichen Blick, er rechnete damit, jeden Moment einen bitteren Kommentar von ihr zu hören, und sah sein eigenes schlechtes Gewissen auch in den anderen Augenpaaren gespiegelt. Er dachte an die zerlesenen Bücher, die Carven unter seinem Bett gesammelt hatte. Er hatte noch nie ein Händchen für Kinder gehabt. Aber, verflucht noch eins: Das Letzte, was er jetzt brauchte, waren die bewundernden Blicke eines Wechselbalgs. Hortensius öffnete unter wütendem Kopfschütteln den Mund, doch ehe er etwas hätte erwidern können, ergriff Remis das Wort.
»Ich für meinen Teil mag Heldengeschichten«, stellte er mit einem angriffslustigen Seitenblick auf Grim fest. »Und ich glaube, dass es den meisten so geht — auch wenn manche es nicht zugeben können. In Wahrheit sind es doch gerade diese Leute, die irgendwelche Probleme mit sich herumtragen und tatsächlich Narrenkinder sind.«
Grim stieß die Luft aus, beschloss aber, sich nicht auf eine Diskussion mit einem aufsässigen Kobold einzulassen. Remis schickte noch einen kleinen Zornesfunken in seine Richtung, dann ließ er den Blick erneut über die Hügel Taras schweifen. »Wie gesagt — ich weiß einiges über dieses Gebiet. Früher sollen hier die Hochkönige gelebt haben — und die Feen mit ihrem gewaltigen Schloss ...«
Theryon lachte leise. »In der Tat waren die Hügel Taras für sehr lange Zeit die größte Siedlung meines Volkes in dieser Welt. Nicht grundlos sprießen Eichen, seit jeher die am meisten geliebten Bäume der Feen, durch den Einfluss der einströmenden Magie so zahlreich an diesem Ort, ebenso wie die glimmenden Bhor Lhelyn. Unter unseren Füßen erstrecken sich die A'ng Dh'ùmiel — ein weitläufiges Reich mit prunkvollen Gewölben, Hallen und Sälen, die bis zur Tempelstadt Alfrhandhar im Boyne-Tal reichen. Ja — lange lebten wir auf und in den Hügeln Taras. Seht ihr den Stein dort hinten, der sich gegen die Schatten der
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