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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Sie trug ein dunkles, wehendes Kleid, ihre schwarzen Haare umflatterten sie wie ein Krähenschwarm, und ihre Augen glühten in goldenem Feuer. Grim roch den Duft ihres Blutes wie das Salz in der Luft über dem Meer. Die Fee riss den Mund auf, und ein Schrei zerfetzte die Nacht, der Grim ins Gesicht fuhr wie ein Fausthieb. Die Flammen des Schutzkreises schossen weiter empor, wölbten sich über ihren Köpfen und griffen nach der Fee, die schmerzerfüllt aufschrie, als das Feuer ihre ausgestreckte Hand erfasste. Eilig fuhr sie zurück und entfernte sich ein Stück weit von dem Schutzkreis. Sofort zogen auch die Flammen sich zurück.
    Grim kam auf die Beine. Sämtliche Feen hatten sich rings um das Feuer versammelt. Sie bildeten einen nebelhaften Kreis der Geister, doch keine schaute zu den Flammen. Sie alle betrachteten jene Fee, die den Himmel zerrissen hatte. Hoch aufgerichtet stand sie da, seitlich zu den Flammen und den Kopf ein wenig geneigt. Die verletzte Hand hielt sie vor ihren Mund, sodass riesige Augen darüber hin in Grims Richtung schauten. Noch nie hatte er solche Augen gesehen. Gerade noch hatte er geglaubt, dass sie golden waren, doch in Wirklichkeit waren sie schwarz wie ein Stück Nachthimmel mit kaum sichtbaren, haarfeinen Rissen. Er trat etwas näher an die Flammen heran, er wollte sehen, ob diese Augen anders waren als die der übrigen Feen — ob sie etwas spiegelten. Er spürte, wie Mia die Hand nach ihm ausstreckte, doch er streifte sie ab wie einen Fetzen Papier. Er hörte das Zischen der Flammen, doch er sah nichts mehr als das Gesicht der Fee. Unverwandt schaute sie ihm entgegen, und für einen Moment sah er sich selbst in ihren Augen. Doch es war kein Spiegelbild. Es war ein Gefängnis. Kaum hatte er das gedacht, wurden die Risse in den Augen der Fee größer und brachen auseinander. Goldenes Licht quoll aus ihnen hervor, glühend heiß und tödlich warf es sich Grim entgegen und erlosch zischend in den Flammen des Schutzwalls. Im selben Moment ließ die Fee die Hand sinken und gab den Blick frei auf messerscharfe schwarze Zähne. Ihr Mund hatte sich zu einem Lachen verzogen, Blut wälzte sich darin auf und ab.
    »Schnell!«
    Grim spürte den Hieb von Hortensius an seinem Arm wie durch dicke Tücher.
    »Legt euch das um.« Der Zwerg drückte jedem von ihnen ein verrostetes Amulett in die Hand, das sie sich um den Hals legten. »Setzt euch auf den Boden, schaut in die Flammen — nirgendwo anders hin, habt ihr verstanden? Für gewöhnlich kommen sie nicht so nah, sie sind heute gefährlich, wir ...«
    Statt seinen Satz zu beenden, kniete er sich nieder und begann, mit einem Ritual den Zauber des Schutzwalls zu verstärken. Angespannt zog Grim Mia zu Boden. Auch Theryon und Remis setzten sich dicht ans Feuer. Ein leises Wispern ging durch die Luft, Grim fühlte den Lockruf der Feen wie zuckende Blitze auf seiner Haut. Mehr als einmal war er versucht, den Blick zu heben und aufzuschauen. Doch er fixierte die Flammen, sah, wie sie sich als tanzende Körper ineinanderschoben, und hörte auf das leise Murmeln von Hortensius. Plötzlich fuhr der Zwerg herum und zog Grims Blick auf sich. Seine Lippen formten einen Namen, und noch ehe er ihn aussprach, spürte Grim, wie das Blut aus seinem Kopf wich.
    »Carven«, flüsterte Hortensius kaum hörbar und sah sich mit wirrem Blick in ihrem Schutzkreis um.
    Der Junge war verschwunden.
    Grim sprang auf die Füße, ebenso wie Theryon, der dicht an die äußeren Flammen herantrat und die Hügel mit seinem Blick absuchte.
    »Seht!«, sagte der Feenkrieger angespannt. »Dort ist er!«
    Grim sah die geisterhaften Gestalten der Feen, sah auch Morrígan, die sich auf einen Hügel in einiger Entfernung zurückgezogen hatte — und da, nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, war Carven und ging langsam auf sie zu. In der Hand hielt er das rostige Amulett, das Hortensius ihm gegeben hatte — er musste es abgelegt haben. Morrígans Ruf war zu mächtig gewesen.
    »Nein«, grollte Grim, doch seine Stimme klang brüchig und seltsam fremd. Wie durch Watte hörte er Hortensius' Stimme.
    »Sie wird ihn töten, er ist ein Kind, ich muss ...«
    Hortensius trat auf die Flammen zu, Grim wusste, dass er, ohne zu zögern, hindurchgehen und sich den Feen zum Fraß vorwerfen würde bei dem Versuch, den Jungen zu retten. Schnell packte er den Zwerg im Nacken und schickte einen Lähmungszauber in seinen Körper, um jede Gegenwehr zu unterbinden. Jeden, der jetzt den Schutzkreis

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