Grim - Das Erbe des Lichts
Magie: die Flamme des Prometheus, die in der Welt der Götter lodert.«
Grim starrte den Zwerg an und fühlte, wie ihm bei dessen Worten eiskalt wurde. »Die Flamme des Prometheus«, raunte er. »Ich dachte, sie wäre eine Legende.«
Verächtlich schüttelte Hortensius den Kopf. »Du solltest es besser wissen — gerade du, der du die Schwarze Flamme in dir trägst, die dir Zugang zur Götterwelt gewährt! Weißt du denn nicht, wie man diese Flamme in den Schriften der Alten Zeit nennt?« Er hielt inne und senkte die Stimme zu einem geheimnisvollen Raunen. »Sie ist ein Teil der Ersten Magie, und man nennt sie auch den Funken des Prometheus.«
Ein Windhauch strich Grim übers Gesicht, er wusste nicht, woher er gekommen war, und fuhr zurück.
»Unser Ziel ist die Welt der Götter«, fuhr Hortensius fort. »Wir brauchen die Erste Flamme. Nur mit ihr können wir das Feuer Carvens zu neuem Leben entfachen. Allerdings ist es nicht ungefährlich, in die Welt der höheren Magie zu reisen, um genau zu sein, es ist gewöhnlichen Geschöpfen schlichtweg unmöglich. Aber wir haben einen unter uns, der alles andere als gewöhnlich ist. Nicht wahr?« Der Zwerg starrte ihn an, und Grim konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Ironie in zwei winzigen Wörtern gehört zu haben.
»Du bist ein Kind des Feuers«, sagte Hortensius, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Du trägst einen Funken der Flamme in dir, die wir brauchen. Er wird dich durch die Götterwelt führen, er wird es dir ermöglichen, die Flamme des Prometheus aufzunehmen und mit ihr Carvens Feuer neu zu entfachen.«
Für einen Moment spürte Grim die glühenden Schleier der Hölle auf seinem Gesicht, und er hörte Hels Stimme in seinem Kopf.
Der Wandel beginnt mit der Sehnsucht — und die liegt in den Herzen der Wesen, in einigen schwach, in anderen stärker — und in manchen so strahlend und hell, dass sie sich eines Tages ihren Weg brechen wird: so wie bei dir. Du bist ein Kind des Feuers — des Wandels — der Veränderung, und du kannst die Flamme weitergeben, wenn sie lichterloh in dir brennt. Es gibt nicht viele Wesen, die diese Gabe haben: die Welt aus den Angeln zu heben. Du hast sie. Du trägst den Samen in dir, und wenn er aufgeht, wird der Mond in anderen Farben strahlen und die Sonne in anderem Licht. Du wirst aus den Schatten treten — und die Welt wird sich wandeln. Du wirst brennen — Kind des Feuers.
Schweigend sah Hortensius ihn an. In den Augen des Zwergs lag ein dunkles Glühen, das Grim schaudern ließ. »Du bist der Einzige, der die Flamme des Prometheus aus der Welt der Götter holen kann«, sagte Hortensius leise.
Grim erwiderte seinen Blick, doch für einen Augenblick tauchte Alvarhas vor seinem inneren Auge auf, und er erinnerte sich daran, wie der Alb sich nach ihm umgewandt hatte, kurz bevor er Aldrir den tödlichen Streich versetzte — er erinnerte sich an Alvarhas' Blick, diesen boshaften, tückischen Ausdruck in seinem gesunden Auge, der ihm jetzt das Gefühl gab, dass der Alb ihn genau an diesen Punkt hatte bringen wollen — und dass Aldrir nur deswegen gestorben war.
Unwillig fuhr er sich über die Augen. Er dachte schon genauso wirres Zeug wie gewisse Zwerge. Entschlossen drängte er die Gedanken an Alvarhas beiseite und holte tief Luft. Er, das einzige Kind des Feuers weit und breit, musste wieder einmal die Kohlen aus dem Feuer holen. Das war ja klar gewesen. Grundsätzlich hatte er nichts dagegen, auserwählt zu sein — aber war es wirklich nötig, dass er jedes Mal derjenige sein musste, der als Einziger die Drecksarbeit erledigen konnte? Und das alles nur, weil dieser Wichtigtuer von einem Zwerg die Magie der Krieger des Lichts geschwächt hatte. Grim wusste, dass er ungerecht wurde, und schaute wütend zum Nachthimmel hinauf, über den die Wolken dahinzogen wie Fetzen aus Papier. Hortensius hatte aus edlen Motiven gehandelt, und seine Entscheidung war vermutlich richtig gewesen. Aber trotzdem war Grim wieder einmal der Dumme. Irgendwo musste es jemanden geben, der dafür verantwortlich gemacht werden konnte — und wenn der ihm eines Tages über den Weg laufen sollte, würde er ihm einmal gehörig den Marsch blasen, so viel stand fest.
»Ich soll also in die Welt der Götter gehen«, grollte er und umfasste Carven mit seinem Blick. Er spürte, wie der Junge zusammenschrak, aber er wich nicht zurück, und er wandte auch nicht den Blick ab, obwohl Grim kleine schwarze Flämmchen in seine Augen schickte. »Ich soll
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