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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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einem Märchen. Ein seltsamer Zauber lag über der Szene, als der schmächtige Junge sich durch die Menge schob, und als Mia das ungläubige Staunen in den Augen der Menschen sah, fühlte sie es auch: Mochte Carven ein Kind sein, mochte er Angst haben und an sich selbst zweifeln — in diesem Augenblick war er der Held, den Alvarhas gerufen hatte: der Krieger des Lichts.
    Vor dem Hotel blieb Carven stehen und fixierte Alvarhas mit seinem Blick. »Hier bin ich!«, brüllte er aus Leibeskräften.
    Alvarhas stieß Grim zu Boden und trat näher an den Rand des Dachs. Eilig streckte er die Hand aus, umfasste Carven mit einem Sturmwind, vor dem die Menschen zurückwichen, und hob ihn zu sich aufs Dach. Remis zitterte am ganzen Leib, doch er verließ nicht seinen Platz auf der Schulter des Jungen. Carvens Stirn war schweißnass, als er zu Alvarhas aufsah.
    »Du bist es?«, fragte der Alb mit ungläubigem Lächeln. »Du willst der Krieger des Lichts sein?«
    »Nein«, sagte Carven, und Mia war überrascht, wie entschlossen seine Stimme klang. »Aber ich bin es! Und eines sage ich dir: Du wirst auf diesem Dach niemanden töten!«
    Alvarhas verzog den Mund zu einem Grinsen. »Ach nein?«, fragte er gedehnt. »Willst du mich etwa daran hindern?«
    Da spürte Mia den leisen Hauch von Magie. Er flog aus den Portalen der Christ Church Cathedral, sanft und flüsternd wie ein Frühlingsahnen, und schwemmte über das Dach des Hotels hinweg. Grim wandte den Blick, Theryon und Hortensius hoben die Köpfe, und nun, langsam und angespannt, drehte auch Alvarhas sich um. Mia folgte seinem Blick und sah, dass Aldrir auf einer Zinne des Kirchturms stand. Der Schein der Sterne lag auf seinem Körper, sanfter Nebel stieg um ihn herum auf. Er breitete die Arme aus, fast meinte Mia hören zu können, wie er Atem holte.
    »Ich nicht«, erwiderte Carven leise. »Aber er!«
    Im selben Moment riss Aldrir die Arme wie bei einer Beschwörung zum Horizont, und da brach ein Licht aus dem Phoenix Park, so golden und hell, dass Mia die Hand vor die Augen hob. Gleich darauf riss sie eine gewaltige Druckwelle von den Beinen, aber sie sah, wie sich das goldene Licht in einen Phönix verwandelte. Kraftvoll durchzogen seine Schwingenschläge die Luft, und als er sie fast erreicht hatte, sah sie ihm in die Augen. Blau waren sie wie ein Stück vom Himmel. Da glitt sein Schatten über die Alben hinweg — und sobald er ihre Körper berührte, verwandelten sie sich ebenso wie ihre Untiere in Gold. Alvarhas wich vor dem Schatten zurück. Er stieß einen Schrei aus, erhob sich in die Luft und sprang in langen Sätzen auf Aldrir zu. Der Phönix eilte ihm nach, doch Alvarhas war schneller. Er riss sein Rapier in die Luft — und stieß es in Aldrirs Herz. Mia sah die Nebel, die Alvarhas durch seine Waffe in Aldrirs Körper schickte, und fuhr zusammen, als Theryon neben ihr die Luft einsog.
    »Die Nebel der Zwischenwelt«, flüsterte der Feenkrieger kaum hörbar. »Die Nebel, die all jene vernichten, die weder tot noch lebendig sind.«
    Gleich darauf zog der Phönix über Alvarhas hinweg und dort, wo sein Schatten den Alb berührte, erstarrte dieser zu Gold. Im letzten Moment riss Alvarhas den Kopf herum und schaute zu Grim herüber. Etwas Seltsames lag in seinem Blick, ein boshafter Schatten, der Mia frösteln ließ. Dann glitt der Phönix über Alvarhas hinweg und verwandelte ihn gänzlich in Gold. Schwarz wie Pech steckte Alvarhas' totes Auge in dem goldenen Leib, als er zu Boden stürzte.
    Mia sah, wie Aldrir kurz auf der Zinne des Turms stehen blieb. Eine Wunde klaffte in seiner Brust, doch auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Dann brach er zusammen.
    Später wusste Mia nicht mehr, wie sie es geschafft hatte, sich auf Grims Rücken zu schwingen, um den Kirchturm zu erreichen. Aber sie erinnerte sich daran, wie sie neben Carven und Remis gesessen hatte, den Blick auf Aldrir gerichtet, erinnerte sich auch an Theryons leise Gesänge, an den heiseren Schrei Asmaels über ihren Köpfen und an die Augen des Kriegers des Lichts, aus denen jeder Nebel gewichen war. Blau waren seine Augen — blau wie die Augen des Phönix als ein Stück vom Himmel. Aber besonders deutlich erinnerte Mia sich an Hortensius, wie er sich lautlos neben seinem Freund fallen ließ. Der Zwerg hatte seine Hand genommen, sie sich auf die Schulter gelegt und dann wortlos diese Geste erwidert.
    »Du hast uns alle gerettet«, hörte Mia den Zwerg sagen. »Mit allem Licht, das du in dir trägst — und

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