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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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der grellen Vibration von Nahyds Stimme. Jakob landete auf allen vieren, dunkel starrte er Nahyd an, der mit grausam verzogenem Mund auf ihn zuging.
    Mia wusste, dass er Jakob töten würde — er hatte lange genug mit ihm gespielt. Atemlos kam sie auf die Beine, doch Nahyds Bannzauber hatte ihre Magie gelähmt, die nur langsam auf ihren Ruf reagierte, und sein schrecklicher Gesang ließ sie schwanken. Sie keuchte, als Nahyd Jakob im Genick packte und seine Hand auf dessen Brust legte. Lautlos glitt ein Zauber über die Lippen des Totensängers. Dann brach Licht aus Jakobs Brust und schoss in wilden Schüben über Nahyds Hand in dessen Körper. Jakob schrie gegen Nahyds Gesang an und schlug um sich wie ein tödlich getroffenes Tier. Niemals würde Mia diese Schreie vergessen, diese Laute aus tiefster Verzweiflung und Einsamkeit, das wusste sie. Mit aller Entschlossenheit stemmte sie sich gegen Nahyds Gesänge und schleuderte einen Eiszauber in seine Richtung, der mit klirrendem Geräusch an dessen Rücken zerbarst. Mit einem Schlag fuhr der Totensänger herum, sein Gesang brach ab. Jakob glitt zu Boden wie eine leblose Puppe. Mia starrte ihren Bruder an, erkannte, dass er atmete, und dieser Anblick erfüllte sie mit solcher Kraft, dass jede Kälte des schrecklichen Gesangs aus ihren Gliedern wich.
    Nahyd lachte kurz und rau, als er die Fäuste ballte und sie mit seinem Blick fixierte. Sie sah, wie er den Mund öffnete, und riss einen Schutzwall vor ihren Körper, doch im nächsten Moment war er schon bei ihr, packte sie am Kragen und presste sie gegen die Wand. Sie fühlte, wie ihre Magie gelähmt und ihr Zauber unter seinem Griff wie bröckelnder Putz zermahlen wurde, und sie sah an seinem Lächeln, dass alles Vorangegangene nicht viel mehr für ihn gewesen war als ein lächerliches, harmloses Spiel. Mit beinahe zärtlicher Geste strich er über ihre Wange. Noch nie zuvor war ihr bei einer Berührung so elend geworden wie in diesem Moment.
    »Wenn die Menschen auf den Grund ihres Ichs geführt werden«, flüsterte Nahyd mit verschlagenem Blick, »wenn man ihnen alles nimmt, ihre Träume, ihre Erinnerungen, ihre Hoffnung — dann bleibt nur noch eines: die Dunkelheit.«
    Das letzte Wort legte sich wie ein Schleier auf Mias Sinne. Eiskalte Ströme aus Magie strichen über ihren Körper, sie spürte, dass Nahyd seine Hand auf ihren Brustkorb legte, und ein stechender Schmerz durchzog ihren Körper, als würde er ihr mit Gewalt das Blut aus dem Leib reißen. Sie fühlte, wie sie rücklings in ihr eigenes Selbst fiel, bis sie mit Nahyd in einem Raum aus Finsternis stand. Sie sah das Licht, das über seine Hand flackerte, und konnte sich doch nicht von seinen Augen losreißen. Ihr eigenes Gesicht lag darin gespiegelt wie eine Maske aus Furcht, doch gleich darauf durchdrang sie tiefschwarze Kälte, und das Bild in den Augen des Totensängers zersprang. Mia hörte ihn lachen wie aus weiter Ferne, sie fühlte, wie ihr äußerer Körper unkontrolliert zuckte, und sah Gesichter in Nahyds Augen auftauchen — erst langsam und schemenhaft, dann immer deutlicher und schließlich so klar, dass sie die Farben und Düfte dessen, was sie sah, wie flammende Schatten über ihre Haut huschen fühlte.
    Sie sah die Krone eines Baumes, einer Eiche im Frühling, sie wusste, dass es die Eiche auf dem Cimetière de Montmartre war, auf dem ihr Vater begraben lag, und sie hörte das leise Wispern der jungen Blätter und fühlte ihre Stimmen wie prickelnde Luftblasen durch ihre Adern rieseln. Sie sah ihre Mutter, Tante Josi und Jakob, wie sie alle an ihrem Krankenbett saßen. Mia wusste, dass sie zehn Jahre alt war, die Masern hatte und beim Blick in den Spiegel geweint hatte — und sie lachte leise, als sie in die liebevollen Gesichter ihrer Familie schaute, die mit roten Lippenstifttupfern bemalt waren. Und sie sah Grim — ihren Engel aus Dunkelheit, roch seine steinerne und seine menschliche Haut, hörte seine tiefe, grollende Stimme und spürte die Berührung seiner Klaue an ihrer Stirn, wenn er sie im Schlaf beobachtete und ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Für einen Moment war Grim ihr ganz nah, sie fühlte fast das Laken ihres Bettes an ihrer Wange, und die Kälte in ihrem Inneren war kaum mehr als ein fernes Flüstern. Grim lächelte, er streckte die Klaue nach ihr aus, und sie wollte die Hand heben und ihn berühren. Doch kaum hatte sie das gedacht, hörte sie Nahyds Stimme in ihrem Kopf, und sie spürte, wie

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