Grim - Das Erbe des Lichts
Für einen Moment schien es Mia, als würde die Zeit für sie beide stehen bleiben. Die Kämpfenden umbrandeten sie wie ein Meer aus dunklen Leibern, die Geräusche traten in den Hintergrund, und überdeutlich hörte sie Alvarhas' Stimme.
»Du willst mich zurücktreiben in eine Welt des Nichts«, flüsterte er, und es war, als träufelte er schwarzes Gift auf ihre Lippen. »Du willst mich verbrennen sehen in den Schatten und Nebeln der Zeit, mich, der Äonen damit zubrachte, Geschöpfe wie dich zu jagen. Du, ein winziger Funken im Strom meiner Ewigkeit, forderst mich heraus — mich, der ich dich mit einem einzigen Bad in meiner Finsternis um den Verstand bringen könnte.« Er lächelte sanft. »Glaubst du wirklich, dass du mich töten kannst?«
Mia spürte das Blut in ihren Adern pulsieren, sie hörte ihren Herzschlag und wusste, dass auch Alvarhas ihn wahrnahm. »Ich habe keine Angst vor deiner Finsternis«, erwiderte sie und stellte mit Befriedigung fest, dass ihre Stimme ebenso kalt und verachtend klang wie seine. »Aber vielleicht solltest du damit beginnen, das Licht zu fürchten!«
Ein Schatten glitt über sein Gesicht, für einen Moment meinte Mia, seine Maske verrutschen zu sehen, und dahinter lag ein angespannter Ausdruck von Schmerz. Doch gleich darauf kehrte der Frost auf seine Züge zurück. »Du weißt nicht, gegen wen du kämpfen willst«, erwiderte er tonlos. »Doch mir steht nicht der Sinn danach, ein armseliges Menschenkind zu töten — nicht jetzt, da wertvollere Krieger auf diesem Schlachtfeld ihren Tod durch meine Hand erwarten. Du willst mich herausfordern — dann besiege meinen Schatten!«
Er stieß einen Pfiff aus, laut und durchdringend. Mia hörte das Brüllen seines Panthers, es riss ihr die Haare zurück und jagte kalte Schauer über ihren Rücken. Schon hörte sie die Sprünge der Kreatur, rasend schnell schoss der Panther durch die Menge auf sie zu. Alvarhas lächelte voller Grausamkeit, verbeugte sich galant — und war verschwunden. Der Panther sprang an seine Stelle, und mit einem Schlag war jede Zeitverzögerung zerrissen. Laut und schrill drang der Kampfeslärm an Mias Ohr, und nur allzu deutlich hörte sie das Grollen aus der Kehle des Panthers, als er mit tief geneigtem Kopf auf sie zukam.
Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Hand zitterte, als sie in Angriffshaltung ging und einen Flammenzauber in ihre Finger schickte. Sie spürte den Blick ihres Gegners, prüfend und abwägend, als wollte er herausfinden, ob sie heimliche Waffen in ihrem schwachen Menschenkörper versteckt hielt. Dann breitete sich etwas wie Hohn auf seinem Gesicht aus — derselbe eiskalte Spott, der auch in Alvarhas' diamantenem Auge lag. Seine Muskeln spannten sich, sein Blick fixierte sie mit lähmender Kraft, ehe er auf sie zusprang.
Mit einem Schrei stieß sie die Faust vor, eine Scheibe aus wirbelnden Flammen raste dem Panther entgegen. Doch er durchsprang sie, als würde er das Feuer nicht spüren, das sich tief in sein Fleisch fraß. Im letzten Moment zog Mia einen Schutzzauber um sich und legte all ihre Kraft in das grüne Licht, das sie umgab. Fauchend kam der Panther direkt vor ihr zum Stehen, holte aus und hieb mit gewaltiger Kraft gegen ihren Wall. Sie sah die tiefen Kerben, die sein Angriff in ihrem Schutz hinterlassen hatte, und fühlte im selben Moment die Erschütterung, die vom Zauber auf sie zulief wie eine riesige Welle aus Schmerz. Sie schrie auf, als die Welle sie erreichte, es war, als würde ihr Kopf mit voller Wucht eine ganze Reihe von Wänden durchschlagen. Ihr Herz raste in ihrer Brust, ihre Knie gaben unter ihr nach. Sie spürte den kalten Stein des Bodens unter ihren Fingern und hörte das Grollen des Panthers, als er zu seinem zweiten Hieb ausholte.
Verdammt noch mal,
schoss es Mia durch den Kopf.
Ich werde mich nicht von einer Katze besiegen lassen!
Schon hörte sie, wie die Krallen des Panthers die Luft durchschnitten. Im letzten Moment riss sie ihren Zauber ein, sprang auf die Beine und rannte los. Der Panther krachte mit voller Wucht auf das Pflaster, ein wütendes Brüllen zerfetzte die Luft hinter Mia wie Papier. Gleich darauf spürte sie, wie der Panther ihr nachsprang, warf sich einen Sturmzauber in den Rücken und katapultierte sich auf das Dach eines Tempels. So schnell sie konnte, rannte sie darüber hinweg, doch der Panther war ihr dicht auf den Fersen. Ohne sich umzudrehen, schickte sie messerscharfe Eiszapfen in seine Richtung und überzog das Dach hinter
Weitere Kostenlose Bücher