Grim - Das Erbe des Lichts
Kohlestück in seinem verformten Körper lag. Es war, als wäre er eine Karikatur seiner selbst, ein Abbild, das eine grausame Macht nach seinem Vorbild erschaffen hatte, eine Zusammensetzung aus Hass und — Nichts.
Die Erkenntnis kam so plötzlich, dass Mia der Atem stockte.
Du willst mich zurücktreiben in eine Welt des Nichts.
Sie war in der Zwischenwelt gelandet, und das da vor ihr war nicht der Panther, gegen den sie gerade noch gekämpft hatte — es war sein Herz. Jetzt nahm sie die Schleier wahr, die sie in ewigem Rauschen umtosten, und sah die Gestalten der Gargoyles, die brüllend und keuchend gegen ähnlich missgestaltete Kreaturen kämpften — die Herzen der Alben, die nicht so leicht zu bezwingen waren, wie sie geglaubt hatten.
Der Panther keuchte und riss ihren Blick zurück auf sein schreckliches Gesicht.
Ihr könnt uns die Herzen nicht nehmen,
flüsterte er in ihren Gedanken, doch Mia wusste, dass nicht er es war, der mit ihr sprach. Es war das Nichts — die Zwischenwelt. Sie hatte sich die Herzen der Alben angeeignet, und nun kämpfte sie darum, dieses bisschen Leben zu behalten. Gleich darauf zerrissen die Schleier um Mia herum, und vereinzelte Alben sprangen in die Zwischenwelt. Sie stürzten sich auf die Gargoyles und verteidigten ihre Herzen. Mia spürte, wie ihre Beine unter ihr nachgaben, als die Erkenntnis sie durchströmte: Der Elfenzauber war gebrochen.
Die Schleier legten sich um Mias Kehle, sie drangen in ihre Lunge ein, bis sie nicht mehr atmen konnte. Stimmen riefen sie aus weiter Ferne, es waren grausame, tödliche Stimmen, und doch wollte sie für einen Moment nichts weiter als ihrem Ruf folgen. Es war vorbei. Schatten tanzten um sie herum, und aus der Dunkelheit schob sich eine Gestalt — eine schöne, hochgewachsene Gestalt mit einem Lächeln aus Eis.
Alvarhas blieb dicht vor ihr stehen und legte die Hand auf ihren Brustkorb. Sie fühlte, wie er nach dem Licht rief, das sie in sich trug, doch als es seine Finger berührte, verbrannte er sich. Mia sah in seine Augen, sah das Erstaunen in seinem Blick und dann den Zorn, und sie spürte, wie sie zu sich selbst zurückkehrte.
Nein,
schoss es ihr durch den Kopf.
Niemals.
Mit einem Schrei riss sie die Augen auf, sie spürte die Flammen kaum, die aus ihrem Mund schossen und Alvarhas' Bild zerrissen, ehe sie dem bestialischen Panther das Fleisch von den Knochen fetzten. Fauchend sprang er von ihr zurück, das Gesicht nun kaum mehr als ein nackter Schädel mit Stücken aus blutiger Haut. Mia kam auf die Beine, bereit, ihm die Augen aus dem Leib zu brennen. Doch da taumelte das Untier, für einen Moment sah es aus, als würde es tanzen. Ein riesiger Speer ragte zwischen seinen Schulterblättern auf. Dann brach es zusammen, wo es stand, und verwandelte sich in rasender Geschwindigkeit in einen Berg aus Asche. Mia sah noch den Umriss von Kronk, der das Herz des Panthers mit dem Speerzauber vernichtet hatte und ihr höflich zunickte. Im nächsten Moment wurde sie gepackt und hochgerissen. Schwarze Tücher rasten über ihren Körper, sie spürte eisigen Wind auf ihrem Gesicht. Gleich darauf kam sie in der Gasse zu sich. Der Panther aus Eis lag niedergestreckt neben ihr, und sie schaute in Jakobs Gesicht, der einen starken Heilungszauber durch ihren Körper schickte. Er griff nach ihrem Arm und half ihr auf Asmaels Rücken. Wortlos schwang er sich hinter ihr auf den Hippogryphen, der sich umgehend in die Luft erhob.
Mia grub ihre Finger in Asmaels Fell, als sie über das Schlachtfeld flogen, und spürte, wie ihr Tränen übers Gesicht liefen. Zahlreiche Elfen und Ghrogonier waren gefallen, die Straßen der Tempelstadt waren verfärbt von ihrem Blut. Dunkel wie Schatten erhoben sich bereits gefallene Alben aus dem Meer der Toten und stürzten sich mit neuer Kraft auf ihre Gegner. Die Königin hatte ihre Bannkreise in schwarze und grüne Flammen gesetzt, mehrere verschlungene Symbole standen in brennenden Schnüren in der Luft und bewegten sich unter den dunklen Beschwörungsformeln, mit denen sie ihren Zauber vollendete. Verzweifelt suchte Mia Grim, Carven und Theryon im Gewühl, aber sie konnte sie nicht entdecken, und auch wenn sie sich noch so sehr gegen den Gedanken wehrte, wurde ihr eines unmissverständlich klar: Ein Sieg war ausgeschlossen. Sie spürte die Hoffnungslosigkeit übermächtig auf sich zurasen, krallte ihre Finger in Asmaels Fell und schloss die Augen. Sie wollte sich nicht mitreißen lassen, und doch meinte sie für
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