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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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würde, wenn seine Lippen die ihren berührten — er würde sie töten mit seinem Kuss. Sie wich vor ihm zurück, so weit, wie sie es vermochte, und bemerkte kaum den Schatten, der in diesem Moment hinter einer der Säulen vorglitt. Etwas Gleißendes schoss durch die Luft, Mia hörte das Geräusch von Metall, das in Fleisch eindrang, dicht gefolgt von dem Klirren einer Kette.
    Alvarhas taumelte von ihr zurück, und sie sah benommen, dass Jakob hinter ihm stand, in der einen Hand einen silbernen Dolch, in der anderen die Kette mit dem Bann der Alben. Mia stieß die Luft aus. Ihr Plan war gelungen. Alvarhas war ihnen in die Falle gegangen.
    Langsam lösten sich die Fesseln um ihren Körper, während Alvarhas sich an die Brust griff. Schwarzes Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, er war tödlich verwundet, das wusste Mia — und dieses Mal würde er keine Gelegenheit mehr bekommen, in die Welt der Menschen zurückzukehren. Sie befreite sich von den Fesseln und hatte schon die Hand ausgestreckt, um Jakob die Kette abzunehmen und den Bann zu sprechen, als Alvarhas mit einer rasend schnellen Bewegung herumfuhr und Jakob an der Kehle packte. Mia spürte einen gewaltigen Stoß vor die Brust, dicht gefolgt von einem Bannzauber. Sie flog durch die Luft und krachte so heftig gegen eine der Säulen, dass sie betäubt zu Boden fiel. Schwarze Schleier zogen an ihren Augen vorüber, als sie sah, wie Alvarhas Jakob in die Luft riss.
    »Narren!«, schrie der Alb. »Ihr wisst nicht, wen ihr herausgefordert habt!«
    Mia keuchte, als sie die Nebel sah, die zwischen Alvarhas' Lippen hervorbrachen. Er hüllte Jakob in seine Finsternis, die ihre Zähne in Jakobs Fleisch grub und jedes Leben, jedes Licht aus seinem Inneren heraussaugte. Dann kehrten die Nebel in Alvarhas zurück. Mit kalter Gleichgültigkeit ließ er Jakob fallen, Mia fuhr zusammen bei dem Geräusch des reglosen Körpers, der auf die Steine schlug. Sie starrte ihren Bruder an, der benommen den Kopf hob, doch in seinem Blick lag nichts mehr als der Nebel von Alvarhas.
    Mia versuchte sich aufzurichten, als der Alb auf sie zutrat, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. In Alvarhas' Hand hing die zerrissene Kette, sie sah es wie durch einen Schleier. Eiskalt war seine Hand, als er sie an der Kehle in die Luft riss und die Nebel aus seinem Mund glitten. Mia sah, wie Jakob auf die Beine kam. Die Nebel des Albs waren aus seinen Augen verschwunden, doch dafür las Mia etwas anderes darin — etwas, das sie vor scheinbar unendlich langer Zeit schon einmal darin gesehen hatte. Abschied war es. Jakob nahm Abschied von ihr. Sie riss die Augen auf, als er den Zauber sprach, der ihn in die Zwischenwelt bringen würde. Dort würde er Alvarhas' Herz töten — und sobald der Alb den Schmerz fühlte, könnte Mia sich befreien und ihm die Kette abnehmen.
Täte ich einen Schritt in die Zwischenwelt, würde sie mich verschlingen, weil ich bin, was sie ist: ein graues, schattenhaftes Nichts aus Leere und Verzweiflung.
Mia dachte an Aldrir und daran, wie die Nebel ihm das Leben geraubt hatten, und sie wusste: Die Zwischenwelt würde auch Jakob töten. Sie wollte schreien, doch Alvarhas' Griff drückte ihr die Luft ab, und im nächsten Moment war Jakob verschwunden.
    Mia wurde schwarz vor Augen, als die Nebel sie vollständig umschlossen hatten. Sie spürte, wie sie sich in ihr Fleisch gruben, aber sie fühlte nicht die Kälte, die von ihnen ausging. Sie sah Jakob vor sich, erhellt von gleißenden Blitzen, sah ihn vor einem zuckenden schwarzen Herzen, das nur darauf wartete, sich in eine Bestie zu verwandeln, wenn er es berühren würde, um das Leben zu verteidigen, das es in sich barg. Doch Jakob berührte es nicht. Er flüsterte etwas, einen Zauber, den Mia nicht verstand. Schatten glitten auf ihn zu, er rief die Nebel der Zwischenwelt, die sich zu einem gewaltigen Sturm zusammenfügten und dann mit einem Seufzen durch Jakobs Brust fuhren. Mia spürte den Schmerz, als wäre es ihr eigener. Jakobs Körper wurde grau und nebelhaft, er verschwamm mit den Konturen der Welt, in die er gegangen war. Doch noch hatte er seinen Zauber nicht beendet. Mia sah, wie sich die schwarzen Winde auf das Herz stürzten und es emporhoben. Im nächsten Moment zerriss Alvarhas' Schrei die Luft.
    Seine Hände lösten sich von ihrer Kehle, die Nebel um sie herum verschwanden. Sie schlug auf dem Boden auf, schwer atmend kam sie auf die Beine und starrte Alvarhas an, der zusammengekrümmt vor ihr stand und

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