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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Jungen hinstrich wie Herbstwind über faulende Blätter. Neben dem Kind saß die Königin. Grim sah ihr Gesicht nicht, da ihr das Haar in die Stirn gefallen war, doch er erkannte ihre Hände, die ruhig die rechte Hand des Kindes hielten, und er fühlte ihre Tränen, die sich funkelnd wie Kristalle auf der Bettdecke sammelten.
    »Sie haben uns krank gemacht«, hörte Grim ihre Stimme und wusste, dass es nicht die Königin des Bildes war, die da sprach. Es war die Königin, die kalt und grausam auf Theryon zuschritt, und ihre Worte zischten wie fliegende Schwerter durch die Luft, als sie fortfuhr: »Die Menschen haben unsere Welt zerstört und unser Volk geschwächt. Wir mussten ins Exil gehen und jene, die sich weigerten, die Menschenwelt zu verlassen — jene, die glaubten, sie hätten noch Zeit — wurden eines Besseren belehrt!«
    Da hob sich die Brust des Jungen, er riss die Augen auf und schaute Grim mit all der Finsternis des Himmels ins Gesicht. Grim erschrak, er fühlte, wie dieser Blick ihn durchbohrte, dieses haltlose Erstaunen, diese hilflose, hoffnungsvolle Sehnsucht, und dann der Tod, der die Kehle des Kindes zusammenschnürte und es mit sich riss wie ein Blütenblatt im Sturm.
    Die Stille, die auf den letzten Atemzug folgte, leckte mit glühender Zunge über Grims Gesicht. Die Königin saß regungslos. Sie weinte nicht mehr, doch Grim spürte die Kälte, die in diesem Augenblick in ihr wuchs, fühlte den Zorn und den Hass, der sich wie eine rasch wachsende Rose durch ihr Herz bohrte, und er erschrak kaum, als sie den Kopf hob und er ihr Gesicht sah — ein Gesicht aus Eis. Einen Moment lang sah sie ihn an, er empfand ihre Trauer, ihren Zorn, ihren Hass und füllte damit den Riss in seinem Inneren. Es war ihr Kind gewesen, das gerade in ihren Armen gestorben war, es war erstickt an der Welt, die die Menschen errichtet hatten. Dann zerbrach der Moment, Grim hörte ihn bersten und sah, wie die Splitter des Bildes um ihn niederfielen.
    Theryon stand regungslos, Grim erkannte schwarze Tränen in seinen Augen. Das Kind war Theryons Bruder gewesen und er — der Sohn der Schneekönigin. Doch Grim blieb keine Zeit, diese Erkenntnis zu verdauen, denn jetzt hob der Feenkrieger den Blick. »Du irrst dich«, sagte Theryon. »Die Welt verändert sich. Sie ist die Welt der Menschen geworden, die Feen haben keinen Platz mehr darin. Doch eines Tages ...«
    Da lachte die Schneekönigin auf, es war ein Lachen wie ein Flug durch tausend scharfe Klingen. »Du bist ein Narr, Theryon«, sagte sie kalt. »Es wird nie wieder eine geeinte Welt geben. Unser Volk flieht. Aber ich — ich werde nicht fliehen!«
    Sie umfasste Theryon mit eisigem Blick, und für einen Moment erschien es Grim, als gäbe es keinen Unterschied zwischen ihnen — als wären diese beiden vollkommen gleich. Doch dann schüttelte Theryon den Kopf, fast dachte Grim, dass diese Geste eine Antwort wäre auf seine Gedanken. »Sie wissen es nicht besser«, erwiderte der Feenkrieger leise. »Ich bitte dich: Erinnere dich an die Freundschaft, die einst zwischen ihnen und uns bestanden hat — erinnere dich daran, wie du mir von ihnen erzählt hast, von ihrem Lachen, ihren Träumen, ihren Wünschen und von dem Licht, das sie in sich tragen. Noch ist es nicht zu spät — noch kannst du deinen Weg ändern. Ich bitte dich als dein Sohn: Töte sie nicht!«
    Für einen winzigen Moment wurde das Gesicht der Königin weich. Grim sah, dass etwas durch ihre Augen ging, das sanft und gut war. Doch gleich darauf kehrte die Kälte in ihren Blick zurück. »Es ist mir gleich, ob sie nicht wissen, was sie tun«, flüsterte sie, doch jedes ihrer Worte klang wie ein Schrei an Grims Ohr. »Sie tun es — das ist alles, was zählt. Sie haben einen meiner beiden Söhne getötet — und dafür werden sie bezahlen. Diese Welt gehört uns ebenso wie ihnen. Und ich werde sie ihnen nicht kampflos überlassen. Ich werde sie vernichten — sie alle. Dann wird die Welt wieder zu blühen beginnen, der Zauber wird zurückkehren und unser Volk gesunden lassen.«
    Grim spürte, dass er den Atem anhielt. Er starrte Theryon an, der reglos dastand. »Nein«, erwiderte der Feenkrieger ruhig. »Das werde ich verhindern.«
    Ohne ein weiteres Wort riss er den rechten Arm empor, der Ärmel seines Umhangs glitt zurück. Grim riss die Augen auf, als er das Zepter der Gargoyles an Theryons Arm aufflammen sah. Doch ehe der Feenkrieger den Mund für einen Zauber öffnen konnte, sprang die Schneekönigin

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