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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Rosenblüten zieht.
Theryons Stimme klang so klar in seinen Gedanken wider, dass er den Kopf wandte und zum Feenkrieger hinübersah. Noch immer schwebte Theryon in dem goldenen Licht, den Blick nach innen gekehrt, und ließ sich von den Strahlen heilen, durch die hin und wieder der Körper von Aradis sichtbar wurde. Er hatte sich kaum bewegt, seit Grim und Remis an dem hölzernen Tisch Platz genommen hatten, und auch jetzt schaute er regungslos auf eines seiner Bücherregale. Fast schien es, als würde er etwas Bestimmtes im Auge haben.
    Grim sprang so abrupt auf, dass Remis erschrocken den Folianten fallen ließ, trat mit schnellen Schritten vor das Regal und überflog die Buchrücken, die Theryon zu betrachten schien. »Er ist nicht so weit fort von uns, wie wir dachten«, murmelte er. »Sieh hin. Sieh, wohin er schaut!«
    Remis schwirrte neben ihn, blickte von Theryon zum Regal und wurde kreidebleich unter seiner grünen Haut. Wortlos zog Grim ein Buch aus dem Regal, schlug es auf und hielt es Remis hin. Angespannt beobachtete er, wie der Kobold das Buch zu lesen begann, und als Remis schweigend den Kopf schüttelte, legte Grim das Buch auf den Tisch und nahm ein neues zur Hand. So wühlten sie sich durch alle Bücher, die in Theryons Blickfeld lagen, bis Remis schließlich auch bei dem letzten enttäuscht den Kopf schüttelte.
    »Nichts«, sagte er leise. »Ein Kochbuch für Feen, das ist alles.« Er schwirrte noch einmal an dem nun leeren Regalbrett vorbei, und da sah Grim an der Stelle, an der er gerade das letzte Buch herausgezogen hatte, etwas schimmern. Er beugte sich vor und tastete mit der Hand durch die Dunkelheit, bis er über einen glatten runden Knopf strich. Sofort ging ein Klacken durch die Wand. Grim und Remis fuhren erschrocken zurück und sahen zu, wie sich das Regal ein winziges Stück weit aufschob. Fahles graues Licht fiel ihnen entgegen.
    Grim wechselte mit Remis einen Blick. »Darf ich vorstellen«, murmelte er düster. »Polizeipräsident der OGP, Anführer der Spürnasen — und die größten Hornochsen, die jemals eine Bibliothek betreten haben.«
    Remis schaute zu Theryon hinüber und hob entschuldigend die Schultern. Dann schob Grim das Regal auf, das sich wie eine Tür öffnete, und betrat einen lang gezogenen Raum mit niedriger Decke und endlosen Reihen aus Folianten und Ordnern. Er fühlte sich wie in einem der Archive tief unter dem Hauptgebäude der OGP, in dem uralte Berichte und Protokolle gesammelt wurden. Unheimlich war es in den endlosen Gängen, und nicht nur einmal hatte Grim Mühe gehabt, aus diesem Labyrinth wieder hinauszufinden. Schaudernd erinnerte er sich an das Flüstern zwischen den Regalen, die staubgeschwängerte, abgestandene Luft und den Windhauch, der wie ein eigenständiges Wesen dort unten hauste und immer dann in Gesicht oder Nacken fuhr, wenn die Lampen an der Decke anfingen zu flackern. Doch das Archiv, in das er nun geraten war, schien anders zu sein, denn als Grim näher an eine Ordnerreihe trat, sah er flimmernde Bilder zwischen den Deckeln und fühlte den sanften Hauch von Magie.
    »Erinnerungen«, flüsterte Remis ehrfurchtsvoll. »In meinem Volk gibt es Gerüchte über die Feen, die besagen, dass das Gute Volk alles sammeln konnte: Gedanken, Sehnsüchte — und eben Erinnerungen.« Der Kobold schloss für einen Moment die Augen und flüsterte dann:
»Grim.«
    Grim zog die Brauen zusammen, als plötzlich Nebel aus den Reihen der Folianten hervorkam. Er hörte das rasche Schlagen der Seiten eines Ordners und sah noch, wie ein Bild auf ihn zuschwebte — es war eine Zeichnung seines Gesichts. Im nächsten Moment verlor er den Boden unter den Füßen, flog durch die Luft und landete hart auf steinernem Grund. Remis knallte mit voller Wucht auf seinen Brustkorb und ließ ihn husten. Mit finsterer Miene kam Grim auf die Beine — und fand sich in einer leicht flirrenden Illusion wieder. Er war in einem kleinen Raum von Theryons Wohnanlage gelandet. Der Feenkrieger stand neben Mia an einer Staffelei. Grim wusste, dass sie seit einiger Zeit lernte, ihre Zeichenkünste mit ihrer Magiefähigkeit zu verbinden.
    »Schließe deine Augen«, forderte Theryon sie gerade auf. »Sammle deine Magie. Und dann zeichne, indem du die Hand etwa fingerbreit über die Leinwand bewegst, das Geschöpf, an das du gerade denkst.«
    Neugierig trat Grim hinter Mia. Die Illusion sah so echt aus, dass er meinte, er könnte sie berühren. Nur wenn er sich vorbeugte, sah er die feinen

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