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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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durch den Kopf.
    Mourier holte tief Atem. »Mein König, in diesen Stunden müssen wir zusammenstehen. Wenn wir unser Volk retten wollen ...«
    Da schlug Thoron mit der Faust auf seinen Thron, so laut und plötzlich, dass Grim den Atem anhielt. Die Augen des Königs funkelten in einem Gewirr aus Farben. »Retten!«, höhnte er, dass seine Stimme am zerbrochenen Dach seines Saales widerhallte. »Wir sind nicht mehr zu retten! Mein Volk zerstreut sich in alle Winde, es flieht, und was sollte es sonst tun? Er wird uns vernichten, uns alle!« Kopfschüttelnd sank er wieder in sich zusammen.
    Da trat Grim vor. »Mit Verlaub, mein König«, sagte er. »Noch wurden wir nicht endgültig besiegt.«
    Thoron lachte polternd. »Und wie nennst du es sonst? Ein Hybrid sitzt auf meinem Thron, ein Hybrid regiert über diese Stadt, ein Hybrid befiehlt den Gargoyles!«
    Seine Worte trafen Grim wie eisige Güsse. Er wollte etwas erwidern, aber angesichts des zusammengesunkenen, aschfahlen Königs war sein Kopf wie leer gefegt.
    »Wir werden die Sache aussitzen«, murmelte Thoron kaum hörbar. »Vielleicht klärt sich alles auf. Irgendwann wird er Forderungen stellen, dann werden wir verhandeln. Ruhig und mit kühlem Verstand, wie es in unserer Art liegt.«
    Grim stieß die Luft aus. »Er wird nicht kommen, um zu verhandeln.« Er fühlte, dass Mourier ihn warnend ansah, aber es war ihm egal. »Euer Volk flieht, Eure Majestät, es kehrt Ghrogonia den Rücken zu — denn es braucht jemanden, der es in diesen Stunden anführt, der ihm beisteht, keinen König, der auf seinem zerbrochenen Thron sitzt und wartet!«
    Thoron hob den Kopf, etwas Dunkles funkelte in seinem Blick und erlosch gleich wieder. »Glühendes Blut wird uns nicht helfen«, erwiderte er tonlos.
    »Aber wir können doch nicht einfach nichts tun!« Grim hörte, wie seine Stimme an den Wänden widerhallte, als würde es gewittern. Thoron sah ihn an, sein Mund zuckte gefährlich, doch Grim achtete nicht darauf. »Mit Verlaub, Majestät«, sagte er ruhig, »Ihr habt Angst.« Für einen Moment glaubte er, dass Thoron ihn erschlagen würde. Doch der König sog nur die Luft ein, leise und röchelnd, und starrte durch ihn hindurch.
    »Diese Stadt gehört uns«, fuhr Grim fort. »Sie ist schon einmal gefallen und zerbrochen, noch einmal wird das nicht geschehen! Hier geht es nicht um Hybriden oder Gargoyles — hier geht es um ein Unrecht, das passiert ist! Den Gargoyles dieser Stadt wird das Leben ausgesaugt, Seraphin nimmt ihnen den Willen und macht sie zu lebenden Toten. Er nimmt uns unsere Freiheit, wie wir den Hybriden die Freiheit nahmen. Vielleicht ist das seine Rache für das, was wir seinem Volk antaten. Und haben wir es wirklich besser verdient? Über Jahrhunderte hat diese Stadt in Angst gelebt — erst jetzt habe ich das erkannt! Wir, das stolzeste, unnachgiebigste Volk auf der Welt, lebten in Furcht! Aber es steckt mehr in uns als das! Und wenn ich eines genau weiß, dann dies: Ich habe es satt, ein Gefangener zu sein, ich habe es satt, Angst zu haben. Es wird Zeit, mit der Wahrheit zu beginnen. Ghrogonia ist unsere Heimat, ich werde sie nicht tatenlos dem Feind überlassen, ich werde um sie kämpfen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue!«
    Grim war außer Atem. Thoron sah ihn an, als wollte er ihm ins Gesicht schlagen. Gleich darauf kehrte die Maske der Gelassenheit zurück. »Zu spät«, flüsterte er. »Das Böse ist in unsere Mauern gekrochen. Es steckt schon jetzt überall ... überall ...«
    Grim hatte tief Luft geholt, er hatte noch mehr zu sagen und wusste gleichzeitig, dass es keinen Zweck hatte. Thoron interessierte es nicht, dass jemand ihn entmachtet hatte — es interessierte ihn nur, dass es ein Hybrid gewesen war. Jetzt vergrub er sich in Hass und Resignation — selbst wenn sein eigenes Volk dafür sterben musste. Fassungslos verließ Grim den Saal, er rannte mehr, als dass er ging, und als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, brauchte er eine ganze Weile, um sich zu beruhigen. Schwer atmend stand er in den Schatten der Altvorderen, fühlte sich von den Blicken der Schattenflügler getroffen — und hatte nichts mehr für sie übrig als Verachtung. Waren sie etwa besser gewesen? Wie leicht war es, eine neunköpfige Schlange zu erschlagen, wenn man in einem Zeitalter der Helden geboren wurde — und wie schwer hatte es ein Held in einem Zeitalter der Furcht.
    Etwas knirschte hinter ihm. Es war Mourier.
    »Thoron ist durcheinander«, sagte der

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