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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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an eine Flucht nicht zu denken war. Überall standen Schwarzmagier, die sie mit wachsamen Augen beobachteten. Morl führte sie über dunkle Gänge immer tiefer den Turm hinab. Schweigend lief sie neben ihm her, bis sie einen Gang erreichten, der von flackernden Fackeln gesäumt wurde. Die Luft wurde kühler, und Mia roch den angenehmen Duft von Jasmin. Vor einer großen schwarzen Tür blieb Morl stehen. Mia hörte Stimmen auf der anderen Seite und leises Weinen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Wohin hatte Morl sie geführt?
    »Das hier — das sind die Rebellen, die Seraphin gerufen hat.«
    Mit diesen Worten stieß er die Tür auf. Im ersten Moment war Mia geblendet von dem silbrigen Licht, das auf den weißen Laken unzähliger Betten lag. Dann sah sie die Hybriden. Vor allem Kinder waren es, abgemagert und mit viel zu großen Augen. Einige hatten Ekzeme an den Handgelenken und Entzündungen an Mund und Augen, andere lagen apathisch da, die kleinen Hände mit Kanülen versehen, durch die sie künstlich ernährt wurden. Viele Kinder sahen sie staunend an. Offensichtlich hatten sie noch nie einen Menschen zu Gesicht bekommen. Auf ihren Betten saßen Erwachsene in weißen Uniformen. Sie lasen ihnen vor und versorgten ihre Wunden. Auch Frauen und Männer lagen in den Betten, und sie wirkten ebenso verwahrlost und ausgehungert.
    Mia wandte den Kopf und sah einen kleinen Jungen von vielleicht acht oder neun Jahren. Er hockte mit angezogenen Beinen auf seinem Bett, hatte den Kopf auf die Knie gestützt und schaute regungslos zu ihr herüber. Seine Augen waren groß und dunkel, und in ihnen stand eine traurige Hoffnungslosigkeit, die Mia bis ins Mark traf. Es waren die Augen eines Kindes, das von der Welt vergessen worden war.
    »Die Gargoyles nannten uns Rebellen«, sagte Morl neben ihr. »Aber für sie waren all jene Rebellen, die sich ihnen nicht mit Haut und Haaren unterwarfen. Wir mussten im Dreck leben, weil wir Hybriden sind. Wir sind verfolgt und getötet worden aus demselben Grund. In einer Welt wie dieser können Wesen wie wir nicht leben — wir haben keinen Platz darin. Seraphin will, dass sich das ändert. Und er hat bereits begonnen.« Morl folgte Mias Blick und betrachtete den kleinen Jungen. »Noch nie sind Hybriden medizinisch versorgt worden. Warum auch? Wir waren lästige Kreaturen, und wenn einer starb, kam schon bald ein neuer. Dieses Kind hat beide Eltern verloren bei einer der sogenannten Säuberungen in den Gängen, die der König alle naselang mit Spezialtrupps durchführen ließ und bei der alle sich dort versteckenden Hybriden entweder versklavt, vertrieben oder getötet wurden. Seine Schwester wurde hingerichtet, als sie zwölf war — sie hatte zwei Schattenflügler mit faulen Eiern beworfen. Als wir ihn fanden, wog er kaum fünfzehn Kilo. Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn die Kinder in den Gängen sterben. Niemand von denen, die etwas daran ändern könnten, interessiert sich dafür.«
    Mia konnte sich nicht von dem Jungen abwenden. Er hatte strohblondes Haar. Wieder musste sie an Jakob denken. Hatte er von diesen Zuständen gewusst? Sie dachte an seinen Blick, mit dem er den Schattenflüglern in Ghrogonia nachgesehen hatte, und an den bitteren Ton in seiner Stimme, als es um die Hybriden gegangen war. Ja, er hatte es gewusst, und er war hilflos gewesen und verzweifelt, weil er nichts dagegen hatte tun können.
    »Seraphin will den Zauber des Vergessens brechen«, sagte sie leise. Der junge hob den Kopf, als hätte sie mit ihm gesprochen — und hatte sie das vielleicht?
    Morl nickte neben ihr. »Das wird der erste Schritt zu einer neuen Welt. In einer Welt, in der Vielfalt alltäglich ist, in der jeder seinen Platz hat und nicht um sein Recht zu existieren kämpfen muss, nur weil er ist, was er ist — in einer solchen Welt hat die Angst vor dem Fremden keinen Platz. Denkst du nicht, dass es sich lohnt, für diese Welt zu kämpfen?«
    Mia trat zu dem Bett des Jungen. »Ja«, sagte sie leise. »Vielleicht.«
    Und der Junge mit den traurigen Augen lächelte.

Kapitel 53

    acht. Nicht einmal die Ahnung eines Lichtfunkens drang durch die Finsternis, die Grim umgab. Seine Füße tasteten sich vor, unsicher wie im Schlaf. Er hasste es, so hilflos zu sein. Er wusste, dass er auf einem zugefrorenen See sein musste — er hörte das leise Stöhnen des Eises und das gurgelnde Wasser darunter. Überhaupt war es verflucht kalt geworden, seit er die Brücke überwunden und sich auf den Weg zu Hels

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