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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Burg gemacht hatte. Die Riesin Modgudr, die die goldene Brücke bewachte, hatte ihm den Weg gewiesen, und nach einem kurzen Marsch über verschneite, neblige Felder war es dunkel geworden — so dunkel, dass selbst seine Augen keinen Anhaltspunkt in der Finsternis mehr finden konnten.
    Da erklang ein tiefes, durchdringendes Dröhnen. Sofort hielt er inne, die Klauen zur Abwehr erhoben, auch wenn das wenig Sinn machte — er hätte einen Angreifer erst bemerkt, wenn er ihm den Kopf von den Schultern gerissen hätte. Angespannt lauschte er auf den stetigen Ton, und die Erkenntnis flutete ihn wie ein Meer aus Eis: Es war ein Herzschlag, den er da hörte, leise und von solcher Tiefe, dass das Eis unter seinem Klang erzitterte. Grim unterdrückte jeden Anflug von Furcht, der ihn in Anbetracht dieser Erkenntnis anfallen wollte. Entschlossen machte er einen Schritt nach vorn in die Finsternis. Im selben Moment flammte etwas in einiger Entfernung auf und erhellte den See, auf dem Grim stand. Es war eine gewaltige schwarze Burg, die am anderen Ufer stand. Ein Spalt klaffte in ihrer Mitte, als hätte ein Riese sein Schwert durch den Stein gezogen. Rotes Licht quoll daraus hervor wie das Fleisch in einer Wunde. Grim spannte die Muskeln an. Er wusste, dass dies der Sitz von Hel war — instinktiv, als wäre er ein blindes Tierkind, das zurück zur Mutter fand. Jetzt war es nicht mehr weit. Er würde sie dazu bringen, ihn gehen zu lassen — und dann würde er Seraphin einen Besuch abstatten und ihn ein für alle Mal an seinen Machenschaften hindern. Und sollte er Mia tatsächlich etwas getan haben ... Grim zog die Brauen zusammen. In diesem Fall würde er qualvoll sterben — und dann würde er ihm in die Hölle folgen und ihn noch einmal töten, so viel stand fest.
    Er trat auf die Burg zu — und bereute es sofort. Das Eis knackte bedrohlich, Grim hörte es bersten. Dann fühlte er sich von einer Welle erfasst und wurde herumgeschleudert, wehrlos wie ein Blatt im Wind. Trudelnd schlug er gegen Felswände und versuchte vergebens, seinen Kopf vor den Stößen zu schützen. Im nächsten Moment schlang sich etwas um seinen Körper, er spürte Schuppen unter seinen Klauen und Luft auf seiner Haut. Er fuhr sich über die Augen — und schaute in das Gesicht einer riesigen Schlange. Pechschwarz war ihre Haut und glänzte wie feuchtes Leder, ihre Augen blickten starr und kalt, und zwischen ihren reglosen Lippen züngelte eine tiefrote Zunge wie gefrorenes Blut. Grim schlug seine Klauen in ihren Leib, mit dem sie ihn umschlungen hielt, doch er war hart wie Felsgestein.
    »Bythorsul«, grollte er.
    Kaum hatte er den Namen der Midgardschlange ausgesprochen, entfachten sich rote Fackeln auf dem Wasser und beleuchteten den See. Oder war es ein Meer? Pechschwarze Wellen hoben und senkten sich. Tentakel schoben sich wie riesige Würmer aus der Tiefe, und in jedem hing ein wehrloses Geschöpf. Grim sah Menschen, deren Leiber halb zerfressen waren, sie schrien lautlos, die Gesichter zu Fratzen entstellt, er sah Gargoyles, wie Schwerter ragten die Tentakel aus ihren Körpern, immer wieder tauchten Zentauren auf, das Fleisch hing ihnen in Fetzen vom Körper, und überall standen Anderwesen in Flammen, sie verbrannten und konnten nicht einmal schreien.
    Grim presste beide Klauen gegen den Leib der Schlange und sah sich selbst in ihrem rechten Auge, das klar und kalt war wie ein Spiegel. Und noch etwas sah er darin: Medusen tauchten aus dem Meer auf, ihre Körper brannten und ihre Schlangenhaare züngelten um ihre Gesichter. Sie öffneten die Münder und begannen zu singen.
Kalter Schrecken Bythorsul ... haust in tiefen Wassern ... hält dich fest im Sündenpfuhl ... frisst, was du gewesen ...
Grim verschloss sich vor dem Gesang. Bythorsul wollte ihn bei sich behalten — mit aller Kraft würde dieses Höllentier das versuchen.
Frisst, was du gewesen.
Grim presste die Zähne aufeinander. Jetzt begriff er, warum Bythorsul in den düsteren Geschichten, die er über die Hölle kannte, einen besonderen Namen hatte: Seelenfresser. Wer einmal in ihren Armen geschlafen hatte, so hieß es, hatte das Leben für alle Zeiten verloren. Aber so einfach würde Grim es der Schlange nicht machen.
    »Ich muss zu Hel«, keuchte er, denn Bythorsul verstärkte ihren Griff zusehends. »Sie muss mich aus ihrem Reich entlassen. Ich bin noch nicht an der Reihe. Ich ...«
    Da fuhr ihm etwas ins Gesicht, kühl und angenehm wie ein Windhauch in der Wüste.
    Du bist

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