Grim - Das Siegel des Feuers
die Gargoyleinquisition auf unsere Spur gebracht. Sein Plan bestand darin, in mir den Hass auf die Gargoyles zu entfachen, damit ich ihm endlich in den Krieg folgen würde. Er stellte sich vor, dass die Inquisition uns gefangen nehmen, ihr übliches lächerliches Gerichtsverfahren abhalten und uns dann hinrichten würde — natürlich wollte er uns schon kurz nach der Gefangennahme retten lassen. Leider hat er nicht alles bedacht bei seinem schönen Plan. Denn als die Gargoyles uns überfielen, entfesselte ich durch meine Wut zum ersten Mal meine Magie. Ein riesiger Feuerstrahl verkohlte den erstbesten Gargoyle. Sofort schossen die anderen zurück. Ich wurde schwer verletzt. Meine Frau starb.«
Er drehte sein Weinglas zwischen den Fingern. Mia sah, dass seine Augen glänzten, und zum ersten Mal erkannte sie, wie weich sein Gesicht sein konnte.
»Pedro ist in den Riss der Vrataten gegangen, um sich selbst zu bestrafen«, sagte sie leise.
»Verflucht,
sagte er.
Ja ... Das bin ich. Deswegen bin ich hier, an diesem Ort ohne Zeit und Vergebung.«
Seraphin nickte wie in Gedanken. »Durch seine Schuld ist mir alles genommen worden — meine Liebe, mein Leben, mein Ich. Es war, als wäre ich mit einem Schlag aus dem Leben geschleudert worden — aber ich durfte nicht sterben, ich musste zusehen, wie sich alles weiterdrehte. Nur ich, ich drehte mich nicht mehr mit.«
»Es ist wie ein Sonnenaufgang ohne Farben«, sagte sie leise. »Wie Musik, von der man weiß, dass sie da ist — aber hören kann man sie nicht. Wie eine Berührung durch eine Wand hindurch oder ein Flüstern in einer fremden Sprache.« Ihre Worte überraschten sie selbst, sie waren über ihre Lippen gekommen, ohne dass sie sie hatte aussprechen wollen.
Seraphin holte tief Atem. »Ja«, sagte er. »Genau so. Eine Weile wollte ich einfach sterben — mich auflösen und nichts, gar nichts mehr fühlen oder denken. Doch dann wollte ich Rache. Und so begann ich, den Tod meiner Frau zu ahnden, indem ich die Inquisitoren der Gargoyles tötete, die an dem Mord Schuld trugen. Ich zog eine blutige Spur durchs Land, ehe ich merkte, dass dieser Weg mich nirgendwohin führte. Ich wollte die Welt ändern — wollte verhindern, dass ein anderer so etwas erleben muss wie ich. Doch der Hass, der den Hybriden noch heute entgegenschlägt, nahm nie ab. Eines Tages beschloss ich, einen Weg zu finden, um die Hybriden aus der Unterdrückung zu führen. Hierfür reiste ich in den Untergrund Athens, wo einst eine Schwarzmagierschule bestanden haben soll. Ich hoffte, in den Ruinen der Schule Unterlagen zu finden, die mir in irgendeiner Weise weiterhelfen konnten. Ich wusste allerdings nicht, wonach ich genau suchte. Und was ich fand, hätte überraschender nicht sein können.« Er lächelte, als würde eine schöne Erinnerung in ihm auftauchen. »Denn statt Büchern fand ich einen alten Ordensbruder der Schwarzmagier, der gerade dabei war, sich mit einem komplizierten Ritual das Leben zu nehmen. Wie ein Engel sei ich ihm erschienen, sagte er mir später. Ich erzählte ihm meine Geschichte im Gegenzug für seine, und er beschloss, mit dem Sterben zu warten und mir zu helfen. Von ihm erfuhr ich vom Zauber des Rattenfängers und davon, wie ein Schwarzmagierorden gegründet werden kann. Durch die Umstände meiner Erschaffung verfüge ich selbst über eine Schwarze Flamme, musst du wissen. Ich brauche keinen Orden, um höhere Magie zu wirken.«
»Dann ist das also der Grund, aus dem wir dich nicht besiegen konnten«, sagte Mia. »Aber wofür brauchtest du den Orden überhaupt, wenn du über solche Kräfte verfügst?«
Seraphin hob die Schultern. »Allein hätte ich das Zepter der Gargoyles nie an mich bringen und so niemals den Rattenfängerzauber wirken können. Ich scharte über die Jahre Hybriden um mich und bildete sie in Schwarzer Magie aus — bis unsere Stunde gekommen war. Dann erfuhr ich, dass dein Bruder die Karte zum Zepter der Menschen erhalten hat, und beauftragte einen meiner engsten Vertrauten damit, dieses Artefakt an sich zu bringen. Dieser Hybrid hat mich schwer enttäuscht, schwerer, als du dir vorstellen kannst. Ich gab ihm einen Teil meiner Macht, doch er nutzte sie, um willkürlich zu morden. Er trieb deinen Bruder dazu, sich das Leben zu nehmen. Ich strafte ihn dafür mit dem Tod. Den Rest der Geschichte kennst du.« Er hielt inne. »Nun weißt du, warum ich tue, was ich tue. Du hast recht — wenn du mir folgen solltest, musst du mir dein Vertrauen schenken.
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