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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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dunklen Teppichen ausgelegter Gang breitete sich vor ihnen aus und ließ Mia endgültig keinen Zweifel mehr daran, dass das Gebäude im Inneren viel größer war, als es von außen den Anschein hatte. Vor einer Tür mit goldenen Lettern blieb Alvinor stehen und sah Lyskian ernst an.
    »Ihr wisst, was Ihr tun müsst«, sagte er ruhig. »Ihr seid oft genug in diesem Haus gewesen, und seit damals hat sich hier wenig geändert. Wie immer bitte ich Euch, den Raum der Schriften ebenso wie den Raum der Beschwörung so zu hinterlassen, wie Ihr ihn vorgefunden habt, und vergesst nicht: Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister … «
    » … werd ich nun nicht los. « Remis nickte mit leuchtenden Augen, bis er merkte, dass er selbst es war, der die Worte des goetheschen Zauberlehrlings ausgesprochen hatte.
    Grim schaute den Kobold an, als hätte dieser ihm gerade mit einem Lineal auf den Hinterkopf geschlagen, und Alvinor lachte. »Ich sehe schon: So viel Weisheit ist hier versammelt, dass meine mahnende Vorsicht überflüssig ist. Gutes Gelingen wünsche ich!« Er deutete eine Verbeugung an und zog sich zurück.
    Lyskian öffnete die Tür und sie betraten einen ovalen Raum, dessen Wände bis zur Decke mit Büchern bedeckt waren. Alle waren sie in schwarzes Leder gebunden, nur die roten Siglen auf ihren Rücken unterschieden sie voneinander. Zielstrebig ging Lyskian die Reihen entlang und zog schließlich einen Band heraus. Eilig überflog er die Seiten und Mia rechnete damit, dass er jeden Augenblick einen Stift zücken würde, um die Anweisungen und Zeichen zur Beschwörung des Dämons oder zumindest seine unzähligen Namen aufzuschreiben. Oft genug hatte sie selbst das getan, wenn sie unter Vraternius’ Anleitung schwächere Dämonen beschworen hatte, und schnell eingesehen, dass sie nicht zur Alchemistin geboren war. Die Genauigkeit, mit der eine Beschwörung vorbereitet und ausgeführt werden musste, ging ihr jenseits ihres Zeichenpapiers oder der Leinwand einfach ab. Doch Lyskian schloss nur kurz die Augen. Dann stellte er das Buch zurück an seinen Platz und ging in den Raum für die Beschwörung.
    Grim schnaubte. »Verfluchte Blutsauger«, sagte er mürrisch. »Stundenlang hätte ich dagesessen und mir die Formel einprägen müssen, und unser eiskalter Freund kommt her, wirft beiläufig einen Blick darauf und entschwindet grazil durch die nächste Tür.«
    Mia musste lachen. »Diese Fähigkeit hätte ich mir in der Schule gewünscht. Oder bei den Zaubersprüchen, die Theryon mich abfragt.«
    »Oder bei den Paragraphen, die Mourier mich abfragt«, erwiderte Grim mit düsterem Lächeln. »Wenigstens trägt Theryon bei seinem Unterricht keine Fellohren aus grünem Plüsch über seinen eigenen und behauptet, dass das der letzte Schrei aus Italien wäre. Als wenn irgendein Gargoyle in Italien auf die Idee käme, sich Sofakissen an die Ohren zu kleben! Pah!«
    Remis kicherte, während sie Grim in den Beschwörungsraum folgten. Schwere, abgestandene Luft schlug ihnen entgegen.
    »Also, lüften brauchen wir hinterher jedenfalls nicht«, murmelte Remis und schaute sich in dem großen, sechseckigen Raum um. Die gewölbte Decke war mit braunem Achat verziert und ruhte auf zwölf Marmorsäulen. Abgesehen von den in die Wand eingelassenen Kreidekästen und den Fackeln, die sich nun, da Lyskian die Hand hob, entzündeten, war das Zimmer leer. Der Boden war mit Schiefer bedeckt und so blitzblank geputzt, dass Mia für einen Augenblick das Bild von Alvinor mit Mopp und Eimer im Kopf hatte und lächeln musste. Doch gleich darauf wurde sie wieder ernst. Die Beschwörung eines Dämons war gefährlich. Nicht selten kam es vor, dass der Alchemist bei diesem Unterfangen selbst gegen schwächere Dämonen unterlag, weil sie ihn mit einem Trick oder aufgrund eines Fehlers überwältigen konnten. Und hier ging es nicht um einen schwachen Dämon. Ogrul Pherilyon Phaar war ein Phy im neunten Kreis und gehörte damit nach den Khan und den Lhot zu den mächtigsten Dämonen überhaupt.
    Angespannt sah Mia zu, wie Lyskian rote, blaue und schwarze Kreise auf den Boden zeichnete, sie verfolgte die verschlungenen Zeichen der Formel und hörte die gemurmelten Worte, die jede Linie, jeden Strich auf den Dämon einschworen, den sie in Schach halten sollten. Grim stand regungslos da, den Blick konzentriert auf die Formeln gerichtet, und wies Lyskian mitunter wortlos auf mögliche Ungenauigkeiten hin. Mia wusste, dass er nicht sonderlich viel

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