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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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fühlen lassen, das der Dämon seit Jahrtausenden in sich aufsog, und er war auf diesem Klang dahingerast, umtost vom eisigen Brüllen der Flamme, das jedes Brennen in seiner Brust übertönte. Er hatte den Schmerz hinter sich gelassen, die Anspannung und Unruhe, er war geflogen, ohne seine Schwingen zu benutzen, und er erinnerte sich an die samtene Kühle, die ihn angefüllt hatte nach diesem Ritt durch die Dunkelheit – und an das Erstaunen in Mias Blick, als er zu ihr zurückgekehrt war wie aus einer weiten Ferne. War ihr Lächeln ihm nicht unendlich warm erschienen, als er sie erkannt hatte? Sie erkannt … Hatte er denn vergessen, wer sie war?
    Er seufzte. Diese Gedanken machten ihn wahnsinnig. Es waren eindeutig zu viele Menschen um ihn herum, die ihn ganz verrückt machten mit ihren ewigen Zweifeln und Philosophierereien. Er holte tief Atem, doch ehe er die Gedanken an den Khan beiseitedrängte, hörte er noch Seraphins Stimme, flüsternd und leise. Folge ihrer Stimme nicht.
    Das Portal der Akademie war dunkel wie ein Abgrund. Ein rötlicher Schimmer lief über den Stein, als sie davor stehen blieben. Von Weitem hatten die Mauern schwarz gewirkt, doch nun erkannte Grim die silbernen Sprenkel darin, das flirrende Spiel aus hell und dunkel. Wortlos klopfte Lyskian an das Portal, das Geräusch klang hell im Inneren wieder, doch die Stille darauf war so durchdringend, dass sie selbst das Wispern des Windes erstickte. Es war wie der Moment nach einem Atemholen, auf den nichts anderes mehr folgte.
    »Es wäre doch schön gewesen, wenn ein freundlicher Zwerg uns einfach geöffnet hätte«, murmelte Edwin und fuhr zusammen, als er feststellte, dass er seinen Gedanken laut ausgesprochen hatte.
    Remis kicherte, aber Grim warf ihm einen finsteren Blick zu. »Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind Zwerge nicht freundlich«, stellte er fest. »Schon gar nicht zu Menschen. Oder Gargoyles. Oder überhaupt zu irgendjemandem.«
    Lyskian strich mit der Hand über die Tür. »Außerdem bezweifle ich, dass irgendein Zwerg auch nur im Entferntesten auf die Idee gekommen wäre, für die Rhak’ Hontay den Pagen zu spielen – oder diesen Mauern auf Dauer standzuhalten. Sie bergen die Kraft der Dämonen in sich und das Blut meines Volkes. Sie fordern die Jäger zum Kampf, in jedem Augenblick, den sie an diesem Ort verbringen.«
    Grim konnte die Magie in den Steinen spüren, die trotz ihres Alters nichts von ihrer Macht verloren hatte. Die Lichtfunken auf seiner Haut waren Tag und Nacht zugleich, sie verfluchten und lockten ihn, und sie riefen ihn mit den Stimmen, die er hören musste, um ihnen auf das Seil zu folgen. Er schaute auf das Portal, dessen Schwärze nicht mehr war als ein Gedanke in seinem Kopf. Lyskian hatte recht: Die Akademie der Schatten war ein Ort der Dämmerung.
    »In der Tat wäre eine Begrüßung nett gewesen«, sagte der Vampir. »Oder irgendein Anzeichen von … Leben.«
    Das letzte Wort sprach er mit so kaltem Lächeln aus, dass Radvina ihn entgeistert anstarrte. Dann presste er die Hand auf den Stein des Portals und öffnete es. Grünes Licht fiel ihnen entgegen, doch sie hörten keine Stimmen, keine Schritte, keinen Kampfeslärm. Vereinzelt brannten Fackeln an den Wänden, Bücher lagen aufgeschlagen auf den Tischen, aber kein lebendiges oder untotes Wesen begegnete ihnen. Es schien, als wäre die Akademie vollkommen verlassen.
    Vorsichtig bewegten sie sich durch die Räume. Mia und Lyskian gingen voran, und Grim bildete mit Remis die Nachhut, um die Hartide in ihrer Mitte vor einem möglichen Angriff zu schützen. Radvina und Edwin spiegelten in so rascher Folge Furcht, Faszination und Fassungslosigkeit auf ihren Gesichtern, dass Grim schon beim Zusehen schwindlig davon wurde, und Jaro schien seine nervtötende Selbstüberschätzung wenigstens für einige Augenblicke zu vergessen. Mit unverhohlener Neugier lief er durch die Räume, und obwohl Grim sie bereits aus der Vision des Dschinns kannte, schien es ihm, als sähe er sie ebenfalls zum ersten Mal. Er nahm den Duft der ledergebundenen Bücher wahr, den Geruch von Schwarzem Stahl in den Trainingsräumen und die Hitze der Diamantfesseln, die funkelnd in langen Reihen an den Wänden hingen. Die Kampfsäle verfügten über magische Säulen, die auf Fingerzeig lebensechte Hologramme erzeugen konnten, und Grim betrachtete die Schwerter, auf deren Klingen verschlungenen Bannzeichen glommen. Verflucht, diese Waffen sollte Mourier sehen! Dann würde er vielleicht

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