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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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messerscharfen Eissplittern auf sie zu. Im letzten Moment kam Lyskian vor ihnen auf die Beine und riss einen Schutzzauber in die Höhe. Mit gleißenden Funken sprangen die Scherben davon ab, doch schon barst das Eis der Hecken ringsherum. Eine faustdicke Wurzel packte Edwin am Bein und riss ihn in die Luft, die Ranken schlugen so heftig auf Lyskians Wall ein, dass er schwarze Risse bekam, und Mia spürte jede Erschütterung mit solcher Heftigkeit in ihren Gliedern, dass sie meinte, ihre Knochen würden zu Staub zermahlen. Die Magie des Dämons brachte die Luft zum Flirren. Glühend drang sie in Mias Lunge, sie wollte schreien, aber sie brachte keinen Laut heraus. Die Hitze griff nach ihren Sinnen, sie spürte, wie sie das Bewusstsein verlor. Lyskian schwankte unter der Macht des Khan, und sie hörte Remis ganz in der Nähe schreien. Doch gerade, als ihre Arme unter ihr nachgaben, sah sie Grims Gestalt. Mit ausgebreiteten Schwingen sprang er durch die Ranken wie durch zuckende Blitze, seine Fäuste standen in goldenem Feuer, und als er die wirbelnden Triebe ergriff, glitten flammende Ströme von seinem Leib in sie hinein. Er landete auf dem Pfad und verharrte so still, als wäre er vollkommen zu Stein geworden. Seine geschlossenen Lider zitterten leicht, doch er hielt die um sich schlagenden Ranken umfasst, und plötzlich ging ein Grollen durch das Labyrinth, ein Dröhnen von solcher Tiefe, dass Mia es mehr fühlte als hörte. Es war Grims Stimme, die durch die Pflanzen brach, er selbst war es, der in diesen Momenten durch die Äste und Zweige raste und der den Dämon vor sich hertrieb, als wäre er nicht mehr als ein schwaches Tier. Donnernd brach der Khan aus einer Hecke, aber er blieb mitten in der Luft stehen, und kaum, dass Grim den Blick hob und ihn direkt ansah, barsten die Augen des Dämons wie gesprengtes Eis und wurden zu schwarzer Asche. Sein Körper verfärbte sich ebenfalls, und von ihm ausgehend verbrannte das gesamte Labyrinth. Kurz stand es da, eine absurde Parodie seiner eigenen Schrecklichkeit. Dann riss Grim die Fäuste in die Luft. Die Ranken in seinen Klauen zerbrachen, und als er brüllte, kam seine Stimme nicht allein aus seinem Mund, sondern auch aus dem Schlund des Dämons und jedem Dorn des Labyrinths, das mit gewaltigem Rauschen zu Asche zerstob.
    Schwer atmend fiel Grim auf die Knie. Mia eilte zu ihm, seine Klauen waren eiskalt, und als er sie ansah, war etwas Fremdes in seinem Blick und eine namenlose Kälte, so als müsste er aus weiter Ferne zu ihr zurückkehren, und … als wehrte er sich dagegen. Doch noch ehe der Gedanke sich in ihr festigen konnte, griff er nach ihrer Hand und lächelte erschöpft.
    »Seht euch das an«, flüsterte Remis und tippte Grim kaum merklich auf die Schulter. Der Kobold sah sie nicht an, er schaute über sie hinweg. Mia half Grim auf die Beine und stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass sie in einer Wüste standen, einer Wüste aus dunklem Sand – und dort, auf einer Anhöhe am Rand der Höhle, gewaltig wie ein Palast aus Nacht und Sternen, erhob sich die Akademie der Schatten.

Kapitel 19
    Dunkelblauer Sand stob Grim über die Ebene entgegen, als erhinter den anderen auf die Akademie der Schatten zuging. Sie war in den Fels der Höhle geschlagen worden und erinnerte ihn mit ihren schwarzen Mauern, den mächtigen Säulen und dem kunstvoll verzierten Giebel an einen gewaltigen Tempel. Schatten umstrichen das Gebäude in lautloser Schönheit, und etwas Unwirkliches lag darüber, als könnte es jeden Moment verschwinden. Grim spürte die stille Konzentration, die von der Akademie ausging, und er musste an den Seiltanz des Rhak’ Hontay denken und an die erhabene Düsternis in dessen Blick. Vielleicht wäre ein wenig der Ruhe dieses Ortes auf ihn übergegangen, wenn nicht zum wiederholten Mal eine aufdringliche Ranke direkt vor seinen Füßen aus dem Boden gebrochen wäre. Das Labyrinth erwachte zu neuem Leben, bald schon würde es die Akademie wieder wie ein Schutzwall umgeben.
    Der Sand flog Grim ins Gesicht und ließ ihn husten. Er fühlte wieder die kalte Glut der Flamme in seinen Adern und hörte die Schreie des Dämons in sich widerhallen. In jede Ranke, jedes Blatt, jede Wurzel war er eingefahren, tief hinab in den sandigen Boden, wo es kein Wasser gab, und hinauf in den sonnenlosen Himmel der Höhle. Er hatte die Wüste erreicht, in der die Finsternis des Khans am tiefsten war, sie hatte bitter geschmeckt, doch sie hatte ihn auch das Echo der Gesteine

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