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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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gewusst von der Anderwelt und noch weniger von uns Gargoyles.«
    Mia teilte die Karten aus. »Aber ihr habt mich von Anfang an mit offenen Armen empfangen. Sehr viel freundlicher jedenfalls als Grim .«
    Bocus stieß eine kleine Rauchwolke durch seine Nüstern. »Grim ist nicht der Typ für einen guten ersten Eindruck«, erwiderte er. »Und es gibt nicht viele Wesen, denen er die Chance für einen zweiten gibt. Aber es steckt mehr in ihm, als man denkt. Das haben wir alle feststellen dürfen, und es war nicht zu unserem Schaden.«
    Mia dachte daran, wie sie Grim das erste Mal von Angesicht zu Angesicht begegnet war, hier oben auf seinem Turm. Sie erinnerte sich an den Zauber, den sein Anblick in ihr entfacht hatte, und sie spürte noch einmal die Ruhe, die damals plötzlich in ihr gewesen war, eine Stille, die sie zuvor nicht gekannt hatte. Sie hatte ihm keine Frage gestellt, nicht laut jedenfalls, und doch hatte er ihr mit einem einzigen Blick alle Antworten gegeben, die sie brauchte. Er hatte sich ihr gezeigt, auch wenn er es nicht gewollt, sondern sich im Gegenteil anfangs mit aller Kraft dagegen gewehrt hatte. Er hatte sie hier oben auf seinem Turm angesehen . Von diesem Augenblick an hatte es keinen anderen Weg mehr für sie gegeben als den Weg in die Schatten. Und dort, in den geheimen Reichen der Welt, hatten Kreaturen auf sie gewartet, die ihre Freunde, ihre Familie geworden waren und die ihr Leben ausfüllten mit ihrem Zwielicht und ihrer Verwunschenheit. Mia zog die Arme um den Körper, als sie an ihre menschliche Familie dachte, und obwohl sie sich nach Kräften bemühte, den Gedanken wegzuschieben, tauchte erneut das Gesicht ihrer Mutter vor ihr auf, sie hörte sie flüstern und fühlte den Nebel auf ihrer Haut, als sie vergebens versucht hatte, sie zu berühren.
    »Grim wird sie finden«, sagte Klara leise. Die steinerne Ziege hatte schon immer ein Talent dafür gehabt, auch ohne Gedankenlesen genau zu wissen, was in ihrem Gegenüber vorging, und ihm stets mit Wärme und Verständnis zu begegnen. »Er wird sie nach Hause bringen, und er wird den Kerl stellen, der sie entführt hat.«
    Fibi schüttelte sich, als hätte ihn ein kalter Guss getroffen. »Dieser Nebel war mehr als unheimlich. Ich habe ihn gesehen, gar nicht weit von hier entfernt, und dieses Flüstern … «
    Die Stimmen des Nebels hallten in Mia wider, und sie spürte das Zerbrechen der Flammen auf ihrer Stirn. Kurz glomm in ihr der Gedanke auf, ob es irgendwo in Paris einen Menschen gab, der wie sie oder Jakob inmitten dieses Dunstes stehen und ihn betrachten konnte, ohne einzuschlafen. Einen Hartiden, einen Seher des Möglichen, der von seinen Fähigkeiten nur noch nichts ahnte. Wer konnte wissen, ob sie selbst jemals erweckt worden wäre, wenn Jakob ihr nicht den Weg bereitet hätte? Vielleicht wäre sie dann bis zum heutigen Tag unerkannt geblieben, mit nichts als dieser Zerrissenheit und Sehnsucht in der Brust, dass die Welt so, wie sie ihr erschien, nicht richtig, nicht vollständig war. Sie holte tief Atem. Vielleicht gab es gerade in diesem Moment dort draußen in den Straßen von Paris einen Hartiden, der kurz davorstand, gefunden zu werden – einen Menschen von ihrer Art.
    Der Schlag einer Kirchturmglocke ging durch die Nacht und legte sich als kalter Umhang um Mias Schultern. Es sah Grim nicht ähnlich, auf ihre Nachrichten nicht zu reagieren, und er war schon viel länger in der Welt der Träume, als er geplant hatte. Irgendetwas musste passiert sein, etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Sie legte ihr Kartenblatt beiseite und stand auf. »Ich kann nicht länger warten«, sagte sie. »Diese Ungewissheit macht mich krank. Ich werde nach Ghrogonia fahren und Mourier bitten, Grim und die anderen suchen zu lassen.«
    Bocus schüttelte den Kopf. »Der alte Löwe wird den Teufel tun und nach so kurzer Zeit und ohne dass er weiß, ob tatsächlich etwas schiefgelaufen ist, weitere Schattenflügler in die Traumwelt schicken. Außerdem kannst du Gift darauf nehmen, dass Grim genaue Instruktionen hinterlassen hat, ab wann die OGP aktiv werden soll. Du kennst ihn doch.«
    »Das stimmt«, pflichtete Klara ihm bei. »Er hat die besten Krieger der Gargoyles bei sich, er würde die anderen Schattenflügler nicht unnötig in Gefahr bringen. Und außerdem wäre es ihm mehr als unangenehm, von ihnen gerettet werden zu müssen.«
    Mia verdrehte die Augen, doch ehe sie etwas erwidern konnte, dröhnten die ersten Klänge von Sympathy for the Devil

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