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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Lyskians Vorschlag reagiert hatte. »Diejenige, die uns helfen könnte – wer ist sie?«
    »Vielleicht hast du schon von ihr gehört«, erwiderte Lyskian. »Ihre Haut ist dunkel wie geronnenes Blut, ihre Augen jedoch sind grün wie die Farbe von jungem Gras, und ihr langes Haar singt Lieder im Wind, die Lieder der ganzen Welt. Ihre Füße durchwanderten die Dschungel Indiens und die Wüsten der Östlichen Welt, ihre Hände schöpften das Wasser des Schwarzen Meeres und ihre Augen sahen die Sterne über den Gräsern der Ewigen Steppe, lange bevor der erste Vampir seinen Fuß in die Gassen von Bukarest setzte. Sie herrscht über Bhraganna – das Land der Heimatlosen, das kein Mensch, der nicht zu ihrem Volk gehört, jemals betreten hat.«
    Er sah Mia an, und in seinen Augen tauchten Gestalten auf, fahrendes Volk, dunkle, wilde Augenpaare und klirrende Reifen an zum Tanz erhobenen Armen. Ein Jahrmarkt erschien in seinem Blick, Kinder vor einem hölzernen Karussell, lachende Männer und Frauen mit langem schwarzen Haar, die um ein Feuer tanzten. Jugendliche trieben Ziegen über den Platz, Kleinwüchsige jonglierten mit schmutzigen Stoffbällen, und hinter dem Treiben, das wie ein Leuchtfeuer war aus einer anderen Zeit, stand ein bunt bemalter Zirkuswagen. Fratzen waren in sein Holz geschnitten, unheilvoll öffnete sich die Tür über den ausgetretenen Stufen, und ein Name wisperte aus seinem Inneren, ein Name, der plötzlich wie ein Fluch jedes Augenpaar aufflammen ließ. Raskaya Vara’ntyn . Eisig strich er über Mias Wangen, doch gleich darauf spie ein Feuerspucker grüne Flammen in ihre Richtung, dass sie zusammenschrak, und die Bilder sanken in die Schwärze von Lyskians Augen zurück, als hätten sie nie etwas anderes gezeigt als Mias Spiegelbild.
    »Raskaya Vara’ntyn«, sagte er, und seine Stimme klang beinahe sanft. »Sie ist mehr, viel mehr als ihre Puri Daj , ihre Große Mutter, mehr als Hexe, Wahrsagerin oder wie die halbwahren Begriffe der Oberwelt alle heißen mögen, und ebenso ist ihr Volk mehr, als die gewöhnlichen Menschen ahnen. Seit einiger Zeit ist sie in der Stadt, sie zeigt sich niemandem, der sie nicht sucht, und doch spüre ich sie überall. Sie ist wie ein Duft, der durch die Gassen weht, ein fremder, verstörender und dadurch umso anziehenderer Geruch von Sehnsucht und Verfall.« Lyskian hielt kurz inne. »Sie liebt und hasst die Menschen«, fuhr er dann fort. »Und es gibt nichts, gar nichts, was sie umsonst tut. Doch sie kennt die dämonischen Abgründe dieser Welt weit besser als ich, ja, es heißt sogar, dass sie selbst einem solchen entsprungen sein soll, lange vor meiner Zeit. Sie verehrt die Schatten und verachtet das Licht. Doch gleichzeitig begehrt sie nichts stärker als dieses und greift danach, wann immer sich ihr die Gelegenheit bietet. Sie wird niemals damit aufhören, ganz einfach, weil sie nicht anders kann. Es liegt in ihrer Natur. Gerade das macht sie so gefährlich.«
    Noch einmal sah Mia den Wagen vor sich, sie hörte den Namen und fühlte, dass er wie Gift über ihre Lippen strich. »Sie könnte uns sagen, wer sich hinter der Maske verbirgt«, sagte sie und schob die Bilder mit aller Kraft beiseite. »Und wenn wir wissen, wer er ist, können wir auch in Erfahrung bringen, was er vorhat und wie wir die Menschen retten können … und Grim und die anderen, wenn sie in seiner Gewalt sind.«
    Lyskian betrachtete sie schweigend, doch ein Schatten flog durch seinen Blick, ein Zögern, das seinem Gesicht etwas ungewohnt Verletzliches gab. Er wandte sich ab, als würde er plötzlich bereuen, überhaupt gekommen zu sein, und nickte dennoch.
    »Dann gehen wir«, sagte Mia und stellte zu ihrer Befriedigung fest, dass ihre Stimme ihre Furcht nicht erahnen ließ. »Ich habe den Prinzen der Vampire an meiner Seite, wer würde es wagen, mir in seiner Gegenwart ein Leid anzutun?«
    Sie lächelte, aber Lyskian erwiderte die Geste nicht. Er schloss kurz die Augen, als hätte er diese Reaktion vorausgesehen und gleichzeitig gefürchtet. Dann schaute er zum Mond hinüber, der in diesem Moment mit ganzer Kraft durch die Wolken brach. »Sie wird bereits wissen, dass wir kommen«, murmelte er kaum hörbar. »Wir sollten keine Zeit verlieren.«
    Mia verabschiedete sich von den anderen, die mit neugierigen Gesichtern hinter ihren Karten vorschauten, und verließ mit Lyskian den Turm. Er war mit seinem Wagen gekommen, einem schwarzen Jaguar XJ , der gewöhnlich von einem breitschultrigen Vampir

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