Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
Vom Netzwerk:
auf, ein neuer Sturm, der ihn mit sich riss und durch einen einzigen grellen Tag schickte, der kein Ende zu nehmen schien. Die Helligkeit verbrannte ihm die Sinne, aber gerade, als er meinte, in ihrem Schein zu zerbrechen, fand er sich an einem schwarzen Strand wieder. Kleine, glattgewaschene Steine lagen an seiner Wange, sie klackerten sacht, als er sich erhob, und er stellte fest, dass ihn tiefste Dunkelheit umgab. Und vor ihm, gewaltig und pechschwarz, lag der Ozean der Nacht, und er flüsterte mit tausend Stimmen.
    Grim sah an sich herab und stellte fest, dass er auf einem Stein am Ufer saß, mit Händen weiß wie Schnee. Und als er den Blick wandte, da schaute er in das Gesicht eines Kindes, jenes Jungen, der auf dem Grund seines eigenen Inneren lag. Doch er erblickte nicht sich selbst in dessen Augen. Er sah Seraphin an, seinen Bruder, und er verstand, dass er bis zum Kern seines Traumes vorgedrungen war. Hingegeben lauschte er der rauschenden Stimme des Ozeans, die Kühle der Nacht strich über ihn hinweg, und als er sich in die Wellen stürzte, umfingen sie ihn mit sanftem Griff. Ein Lachen drang aus seiner Kehle, es war eine Mischung aus Seraphins Stimme und seiner eigenen, und er ließ sich tiefer in den Ozean gleiten, verwandelte ihn in helles Licht, in säuselnde Wellen und ein Meer aus Flammen, und er erschuf ihn in neuer Finsternis. Eine samtene Kälte füllte ihn aus, bis er jede Frage, jede Unruhe vergessen hatte, und sie stillte das Brennen in seiner Brust, bis er keinen Unterschied mehr wahrnahm zwischen sich und der Dunkelheit um ihn herum. Er war das Feuer, das er schuf – er war die Nacht.
    Für einen Moment wollte er in dieser Leere bleiben, in der Kälte, die ihn so ruhig werden ließ, als würde er schlafen. Doch er spürte die Gefahr, er wusste, dass sie jedes Wort, jeden Namen zu Asche verbrennen würde, wenn er zu lange bei ihr blieb, und mit einem Schrei, der die Luft zerriss, stieg er auf und erhob sich aus dem Ozean. Die Traumbilder Seraphins glitten von ihm ab wie Perlen, und er sprengte die Fesseln, als wären sie aus Rauch. Die Mauern des Schlosses um ihn herum fielen in sich zusammen, die Türme stürzten ein. Grim riss den Kopf in den Nacken, die Umgebung verschwamm zu rauschenden Schleiern, und er fühlte in raschem Wechsel magische Ströme über seine Haut gleiten. Er stürzte durch Nacht und Tag, bis er hart auf einem Straßenpflaster aufschlug.
    Er hörte die Schreie um sich herum, roch den Gestank von Rauch, verbranntem Fleisch und Blut und fühlte, noch ehe er es wusste, dass er in Ghrogonia war. Er spürte den Herzschlag dieser uralten Stadt, hörte ihren Atem, ihre Stimme. Die Hauptstadt der Anderwelt war verwundet worden, und mit jeder Erschütterung, die ihre Straßen traf, wich die Kälte aus Grims Gliedern und das Brennen kehrte in seine Brust zurück.
    Schwankend kam er auf die Beine. Wenige Schritte von ihm entfernt rappelten sich Kronk und die anderen auf und starrten fassungslos auf das Bild, das sich ihnen bot. Die OGP ging mit allem, was sie hatte, gegen die Dämonen vor, die unkontrolliert über die Dächer fegten, Mourier sprang als flammender Krieger durch ihre Reihen, doch die Zerstörung war bereits gewaltig. Zahlreiche Gebäude standen in Flammen, die Dämonen rasten entfesselt durch die Straßen und befielen hilflose Anderwesen, während die Strahlen des Diamantzaubers über sie hinwegglitten und die weniger Glücklichen zu Asche verbrannten. Remis hustete hektisch und schwirrte in wahnsinnigem Tempo auf Grims Schulter.
    »Was zur Hölle … «, kreischte er und kniff so heftig in Grims Ohr, dass dieser zusammenfuhr.
    Gerade noch rechtzeitig wich Grim dem Flammenzauber eines Dämons aus und erhob sich in die Luft. Gefolgt von den Schattenflüglern, die im Gegensatz zu dem hysterischen Kobold auf seiner Schulter binnen weniger Augenblicke die Situation begriffen hatten, eilte er über die Häuserzeilen hinweg und landete bei den Flimmergassen. Mia lag zusammengesunken im Schatten des Torbogens. Sie war so bleich, dass ihr Gesicht fast steinern wirkte. Vorsichtig hob Grim sie hoch und schickte einen Zauber in ihren Körper, doch seine Magie kam gegen die Kälte nicht an. Schatten lagen unter ihren Augen, Blut klebte an ihren Lippen, und er fühlte ihren Atem nur schwach. Remis flog auf ihren Arm, er zitterte, als er ihr übers Haar strich, und als Grim nach ihrer Hand griff, entglitt sie ihm wie ein Blütenblatt im Sturm. Im selben Moment hörte er das

Weitere Kostenlose Bücher