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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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dahinterliegenden Tunnel tat, schlug ihm der kühle, abgestandene Geruch der Untoten entgegen. Süß war er und so schwer, dass er sich augenblicklich mit höhnischer Grausamkeit um Grims Magen wand. Mit schweren Schritten ging er den Gang hinab, ein prunkvoller Korridor aus kostbaren Steinen, dessen magische Fackeln sich in den Tunnelnischen entfachten, sobald er sich näherte. Das unterirdische Netzwerk der Vampire in Paris war ein schillerndes Unding aus Protz und Prahlerei, und auch in Prag hatten die Blutsauger nicht darauf verzichtet, ihre materielle Überlegenheit verschwenderisch zur Schau zu stellen. Der Boden bestand aus feinstem Marmor, die Decke war mit Mosaiken verziert, über die sich fixierter Goldstaub zog, und – Grim glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, als er die in regelmäßigen Abständen aus den Wänden ragenden kupferfarbenen Trinkhähne sah, die unter Garantie kein Wasser spendeten. Mit der Neuzeit hatten die meisten Vampire die Unterwelt, die sie zuvor bewohnt hatten, verlassen, weil die Moderne ihnen nun auch oberirdisch ein angenehmes Leben ermöglichte. Grim musste lächeln, als Lyskians Stimme durch seine Gedanken drang. Man könnte auch sagen: Die Schatten krochen aus der Dunkelheit ins Licht – und dort sind sie geblieben. Je weiter sie in dem Netzwerk abwärtsglitten, desto stärker wurde der Duft von Asche und Schnee, der selbst den Gestank der Untoten übertünchte. Grim kannte weite Teile Asdurs, die Unterwelt der Vampire, und er wusste um Rha’manthur, die Stadt der Flammen, die einst von Dämonen errichtet und nach deren Fall von den Vampiren in Besitz genommen worden war. Er hatte sie nie betreten, zu gefährlich waren ihre Wege, zu boshaft und verschlagen die Schatten, die in ihren Gassen lauerten, doch er hatte von ihr gehört, von den pechschwarzen Gebäuden, den Fenstern, die wie Augen waren, und dem Fluchturm Kharamon in der Ferne, der Feste des Zorns, umgeben von den Klauen des Ewigen Steins und schleierhaften Schatten. Eine Ruine war die Unterstadt geworden, die Straßen geisterhaft leer, und doch … nicht gänzlich verlassen. Grim erinnerte sich an die Gruselgeschichten, die sie sich damals an den Feuern in den Katakomben erzählten, er hörte die rauen Stimmen der Krieger, die plötzlich leiser wurden, als würden sie sich fürchten – sie, die keine Angst kannten. Rha’manthur war gefallen, doch etwas lebte da unten, etwas, dessen Name Grim trotz aller Gegenwehr ein Schaudern über den Rücken jagte. Skarnaara , raunte der säuselnde Wind des Tunnels, Skarnaara, die Frostschöne, die Grausamkeit der Silbernen Steppe und die Schönheit des Östlichen Windes – Skarnaara, die Zarin der Nacht. Diese Vampirin war eine Amazone, die das flammende Zeichen der Iryos trug, der Krie gerin der Dunkelheit. Sie hatte unz ählige Vampirinnen in den geheimen Künsten des Kampfes unterwiesen und war für eine lange Zeit die Gefährtin Bhragan Nha’suls gewesen, des Lords der Vampire seit Jahrhunderten. Eines Nachts hatten sich ihre Wege getrennt, wie es so häufig bei den Uralt en ihres Volkes geschah, und während der Lord hinaufz og ins Licht, kehrte Skarnaara heim in die Schatten Rha’manthurs. Niemand hatte sie jemals wieder in der Oberwelt gesehen, doch unzählige Lieder wurden über ihre Grausamkeit gesungen und mehr noch ü ber ihre Schönheit. Sie ist mehr als Asche und Rauch – dunkel und betörend hoben die rauen Stimmen der Krieger an, doch Grim ballte die Klauen und zerriss ihr Lied. Verflucht, er war nicht gekommen, um sich alten Märchen hinzugeben.
    Remis erschrak, als sie plötzlich Schritte hörten – Schritte, die sich in diesem Bereich Prags noch nie den menschlichen Gepflogenheiten angepasst hatten. Sie bewegten sich zwar in gewöhnlicher Geschwindigkeit, doch in einer Regelmäßigkeit, die Grim instinktiv jeden Muskel seines Körpers anspannen ließ. Er sah den Vampir an, der aus einem anderen Tunnel in den ihren einbog und sie musterte. Die Haut des Blutsaugers war so hell, dass sie fast grau wirkte, seine Augen glommen in dunklem Rot, und er trug ein Tuch um den Hals, das er jederzeit zum Schutz vor Helligkeit über sein Gesicht ziehen konnte, während seine Hände in seidenen Handschuhen steckten. Grim wusste, dass es in Prag Vampire gab, die noch nicht einmal den Schein des Mondes auf ihre Haut ließen oder das Licht der Sterne, viele, weil sie es hassten, andere, weil sie es liebten, und manche, weil sie fürchteten, in seinem Glanz zu

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