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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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konnte. Unmöglich würde der Jäger im Kampf gegen dieses Wesen das Gleichgewicht auf dem Seil halten können.
    Im nächsten Moment spie der Drache eine gleißende Flamme auf den Rhak’ Hontay. Das Feuer war eiskalt auf Grims Haut, doch der Jäger sprang einige Schritte zurück, und nur sein Umhang verkohlte am Saum zu Asche. Er kniete nun mit tief geneigtem Kopf. Der Drache verharrte ebenso. Allein seine weißglimmenden Augen taxierten seinen Gegner, als würden sie dessen wunden Punkt suchen. Da kam Wind von irgendwoher, der Umhang des Jägers schlug zurück, überdeutlich hörte Grim das flatternde Geräusch. Kurz flammte die Klinge des Schwertes auf, das der Rhak’ Hontay daruntertrug, und zerriss das Zwielicht des flirrenden Staubs. Dann ergriff er seine Waffe, schwang sich in die Luft – und zerschnitt das Seil.
    Grim zog die Brauen zusammen. Damit war der Kampf entschieden, der Jäger würde fallen und in der eisigen Glut des Drachen verbrennen, er … Doch der Rhak’ Hontay fiel nicht. Stattdessen bewegte er sich auf den Drachen zu, geschmeidig und so schnell, als würde er auf unsichtbaren Wegen laufen, auf dem Flüstern des Windes vielleicht, dem Zittern der Luft oder den singenden und schreienden Stimmen des Zwielichts, die Grim im Atem des Drachen hörte. Gleißend schnitt das Schwert durch die Luft. Der Drache wich zurück, er traf den Jäger mit der Klaue und schleuderte ihn rücklings durch den Raum, doch noch ehe der Rhak’ Hontay in der Dunkelheit verschwand, riss er die Arme über den Kopf, ließ sich fallen wie in einen Ozean und stieg gleich darauf wieder aus ihm empor, als wären ihm Flügel gewachsen. Der Drache spie Feuer nach ihm, Grim schlug der Sandstaub ins Gesicht, aber der Jäger umraste das gewaltige Wesen, als würde seine Kraft niemals enden. Es war ein Tanz, es sah so einfach aus, aber Grim wusste, dass gerade das Leichte unermesslich schwer war, ein Tanz am Rand des Abgrunds, der mit jedem Schritt, mit jeder Drehung stärker nach dem Tänzer rief und ihn anzog. Der Rhak’ Hontay jedoch flog auf unsichtbaren Schwingen durch das Zwielicht, er atmete sie beide, Licht und Schatten, und hielt sich in Vollendung zwischen ihnen, und erst, als er das Schwert in die Luft riss und es dem Drachen durch die Kehle trieb, konnte Grim Atem holen.
    Der Jäger landete lautlos auf dem plötzlich wieder gespannten Seil. War es die ganze Zeit über da gewesen? Hatte er es doch nicht zerschnitten, es womöglich nur verborgen mit einem heimlichen Zauber? Grim hörte das Lachen, das auf einmal wie eine Antwort auf seine Gedanken durch den sich langsam niedersenkenden Staub strich. Nein , dachte er. Der Traum dieses Kampfes war wirklich. Im selben Augenblick hob der Rhak’ Hontay den Kopf und schob die Kapuze zurück.
    Sein Antlitz war über und über mit Staub bedeckt, und er trug wie ein Wüstenbewohner ein Tuch vor Mund und Nase, doch seine Augen funkelten in klarem Blau. Grim wollte sich abwenden, aber er konnte es nicht. Etwas in diesen Augen rief nach ihm, instinktiv griff er sich an die Brust, als das Brennen ihn durchzog, schmerzhaft wie ein Streich mit dem gleißenden Schwert des Jägers. Er fühlte das Licht auf seiner Haut, das Glühen der Dunkelheit, das über seine Lider strich, und den Wind des Abgrunds unter seinen Schwingen, als der Jäger ein Lächeln über sein Gesicht schickte, ein Lächeln aus Triumph – und Schmerz. Gleich darauf riss er das Schwert durch die Luft, und als wäre der Raum nichts als ein Vorhang gewesen, verschwand er in flirrendem Staub. Nur das Seil blieb zurück.
    »Ich habe noch nie jemanden auf diese Weise kämpfen sehen«, flüsterte Mia ehrfürchtig. »Es war so … «
    »… frei«, beendete Grim ihren Satz und erschrak ein wenig, als er feststellte, dass er seinen Gedanken laut ausgesprochen hatte.
    Mia sah ihn an, forschend glitt ihr Blick über sein Gesicht, doch ehe sie etwas erwidern konnte, drang ein Schrei zu ihnen, so unvermittelt, dass Grim zusammenfuhr. Remis rutschte von seiner Schulter, hektisch zog er sich an seinem Mantel wieder hinauf, als hätte er vergessen, dass er fliegen konnte.
    »Verflucht, was … «, grollte Grim, doch Lyskian hatte sich bereits abgewandt und eilte den Gang hinab. Grim folgte ihm durch die zerbrechende Stille, sie griff mit Scherbenhänden nach ihm, und er hörte die Stimmen, die nun die Luft zerrissen. Er kannte ihre Sprache, überdeutlich grub sie sich in sein Fleisch, und seine Miene verfinsterte sich, als sie

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