Grim
jedoch nur entgeistert daraufstarrte. »Mein Name ist Fharrl, Dschinn der neunten Dynastie vom Hofe des … Ach, was soll’s! Zu euren Diensten!«
Er verbeugte sich galant. Dann warf er sein Auge in die Luft und fing es mit seiner Orbita wieder auf, wobei er genau im richtigen Moment ein ploppendes Geräusch machte. Grim grinste. Er liebte diese Art von Humor, er hatte auch ausgesprochen viel übrig für die Geisterkämpfe in den Hinterzimmern der Varietés von Paris, und seine Stimmung hob sich noch mehr, als er sah, wie Lyskian gequält das Gesicht verzog. Fharrl hingegen faltete mit ehrwürdigem Ausdruck die Hände und schaute betont ernst von einem zum anderen. »Nuuun«, sagte er. »Was ist euer Begehr?«
Lyskian warf Mia und Grim einen Blick zu, die sich beide ein Lachen nicht verkneifen konnten, und zog leicht die Brauen zusammen. »Wir sind auf der Suche nach der Akademie … «
»Ja«, unterbrach ihn Fharrl und grinste. »Darauf wäre ich nie gekommen, werter Herr Vampir, ehrlich. Ich habe das Wort, durch das ich mich gerade in diese stinkende und laute Welt zwängen musste, so schnell vergessen, das passt auf keine Kuhhaut. Haha! Wie ich sehe, erinnere ich mich an ihre Sprichwörter noch immer recht gut!«
Remis kicherte und zwinkerte Grim zu, der seufzend die Augen verdrehte. Offensichtlich hatte der Kobold in Fharrl einen Gleichgesinnten gefunden, was die Liebe zu menschlichen Redensarten anging.
»Du solltest meine Geduld nicht auf die Probe stellen«, sagte Lyskian, und etwas lag auf einmal in seiner Stimme, das dem Dschinn das Lächeln vom Gesicht fegte. Auch Grim spürte die Kälte, die von dem Vampir ausging, und er schluckte sein Lachen hinunter. Sie hatten keine Zeit, mit einem Quatschkopf von Dschinn herumzualbern, Lyskian hatte recht – auch wenn Grim ihn liebend gern einmal zu einem Filmabend in seinen Turm eingeladen hätte. Er ging jede Wette ein, dass Fharrl den guten Remis beim Nachspielen der Szenen haushoch schlagen würde. Doch jetzt sah der Dschinn Lyskian an, und ein Glimmen trat in seinen Blick, das seine Augen in scharlachrotes Feuer setzte.
»Lhor’na Phrakam’thin«, murmelte er. »Einst war sie das Herz der Schatten – und es heißt, dass es heute noch schlägt.«
Lyskian nickte kaum merklich. »Wir sind hier, um herauszufinden, wie viel Wahrheit in der Legende steckt.«
Ein Lächeln glitt über Fharrls Gesicht, leise und unheilvoll. Er hob die Hand, ohne Lyskian aus den Augen zu lassen, und erschuf ein Hologramm über seinen Fingern. Grim beugte sich vor, doch er konnte nicht mehr erkennen als ein schemenhaftes, in einen Felsen geschlagenes Gebäude, und dann ein Portal, das rasend schnell auf sie zuschoss. Er fuhr zurück, doch schon umfloss ihn Dunkelheit, und obwohl er begriff, dass er in die Welt des Buches eingetaucht war, die Fharrl für sie geöffnet hatte, spürte er die kalte Finsternis wie scharfe Klingen auf seiner Haut. Im nächsten Moment landete er auf einem schwarzen Marmorboden. Mühsam kam er auf die Beine und half Mia auf, die neben ihm zu Boden gegangen war. Verflucht, er wurde langsam zu alt für solche Sperenzchen, ganz besonders dann, wenn Lyskian in vollendeter Eleganz auf seinen Füßen landete. Sie befanden sich in einem von fluoreszierenden Bäumen gesäumten Innenhof. Hinter dem Glasdach, das sich über ihm aufspannte, lag schattenhafte Dunkelheit, ein Säulengang führte ringsherum, und auf einem Podest in der Mitte des Hofs erhob sich eine pechschwarze Statue. Sie trug eine lange Kutte, das Gesicht war unter einer Kapuze verborgen, und sie schien, obgleich ihre Füße den Sockel berührten, auf seltsame Weise in der Luft zu schweben. Standbein und Spielbein hielt sie gekreuzt und die Arme wie Vogelschwingen in die Luft erhoben, während der Kopf tief geneigt in die Finsternis zu ihren Füßen starrte. Grim kannte diese Pose. Sie erinnerte ihn an den Jäger, den er in Lyskians Blick gesehen hatte, diesen Tänzer zwischen Licht und Schatten, und Grim musste an die Augen denken, die in der Dunkelheit aufgeglommen waren, und an das triumphale Lächeln, ehe das Bild erloschen war. In feinen Stichen flammte die Losung der Rhak’ Hontay über den Sockel der Statue: K’ayrhon arrs Thumon . Jeder wird, was er jagt. Grim spürte die Glut der Worte auf seinem Gesicht, ebenso wie die Schatten, die unter der Kapuze der Statue lauerten, und er bemerkte erst nach einem Moment die Gestalten, die sich zwischen den Säulen bewegten. Sie trugen ähnliche
Weitere Kostenlose Bücher